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Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bomann
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los. Als ich hinter mir lautes Flügelschlagen vernahm, wusste ich, dass der Schwan mir auf den Fersen war. Ich versuchte, Haken zu schlagen, aber das alles half nichts. Er folgte mir hartnäckig, zischend, trompetend und flügelschlagend.
    So ging es den ganzen Weg lang, und während dieser wenigen Minuten hatte ich das Gefühl, dass der Schnabel gleich meine Waden erreichen würde.
    Ich schrie erneut auf und hoffte nur, dass Thomas jetzt nicht um die Ecke kam. Wenn er mich so sah, lachte er sich bestimmt kaputt. Und ich konnte dann auch gleich stehen bleiben und mich vom Schwan beißen lassen, denn es würde eh nicht mehr darauf ankommen.
    Als ich mich schätzungsweise fünfzig Meter vom See entfernt hatte und nun wieder auf den Besucherweg kam, wurde es plötzlich still hinter mir. Mein Verstand sagte mir, dass es besser war, weiterzulaufen, aber weil ich nach diesem Sprint wie eine Dampflok keuchte, hielt ich kurz inne und drehte mich um.
    Der Schwan war ein Stück von mir entfernt stehen geblieben. Seine Flügel hatte er noch immer ausgebreitet, aber sein Kopf war jetzt wieder aufgerichtet. Er musterte mich einen Moment lang, doch offenbar war ich endlich weit genug von seinem Nest entfernt. Er stieß noch einmal ein Trompeten aus, das sich für mich irgendwie triumphierend anhörte, dann wandte er sich wieder um und watschelte zurück.
    Erleichtert ließ ich mich auf eine Parkbank fallen. Frühsport brauchte ich nun definitiv nicht mehr!
    Dass Thomas nicht aufgetaucht und ich auch noch von dem Schwan verfolgt worden war, konnte doch eigentlich nur ein böses Omen sein.
    Und tatsächlich: Im Seminarsaal erwartete mich eine Katastrophe.
    Entsetzt schlug ich die Hand vor den Mund. Mein schönes Modell, für das ich mindestens hundert Stiche in die Hand kassiert hatte, war vollkommen in Fetzen gerissen. Der Kragen hing schlaff herab und der Rock war so zerschnitten, dass man den restlichen Stoff nicht einmal mehr für ein Taschentuch gebrauchen konnte.
    Auch alle anderen standen zunächst reglos da, dann keimte hier und da Gelächter auf. Ich sah mich nicht um, meinte aber, dass mich lauter hämische Fratzen anstarrten.
    »Ein Kleid für die Lumpenkönigin!«, hörte ich es hinter mir flüstern, und ich war sicher, dass die Stimme Carla gehörte. Doch ich schaute mich nicht um. Tränen schossen mir in die Augen und ein dicker Kloß in meinem Hals würgte mich.
    Das war also die Strafe dafür, dass ich von Frau Tizian gelobt worden war. Oder hatte sich Carla aus Rache fürs Anschnauzen an meinem Kleid vergriffen?
    Im nächsten Augenblick sah ich Normans hämisches Grinsen und da wusste ich, wer der Schuldige war. Natürlich!
    Auf einmal sah ich rot. Dem würde ich es heimzahlen!
    Wutentbrannt ging ich auf Norman zu und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Das ließ die anderen, die von unserem Hintergrund keine Ahnung hatten, schlagartig verstummen. Normans Gesicht wurde puterrot, nicht weil ich so hart zugeschlagen hatte, sondern vor Zorn. Er starrte mich einen Moment lang an, dann sprang er mir entgegen.
    Ich hatte keine großen Erfahrungen mit Prügeleien. Die letzte hatte ich in der zweiten Klasse ausgefochten, als Mia Fichtner meinte, mich an den Zöpfen ziehen zu müssen. Am Ende hatte sie mir einen Haargummi zerrissen und ich hatte ein Haarbüschel von ihr in der Hand. Im Jahr darauf blieb sie sitzen und ich war sie los.
    Mit Norman war es jedoch etwas ganz anderes. Er drückte mich zu Boden und erwiderte meine Ohrfeige mit so unvermuteter Kraft, dass mir die Tränen in die Augen schossen. Doch anstatt richtig loszuheulen, versetzte ich ihm mit dem Knie einen Stoß in die Magengrube, die ihn dazu brachte, mich loszulassen. So etwas hatte ich mal in einem Actionfilm gesehen und wunderte mich nun doch ein wenig, dass es tatsächlich klappte. Norman ließ dadurch aber nicht von mir ab, die Aktion verschaffte mir lediglich Zeit, um mich wieder aufrappeln zu können. Bevor er mich noch einmal erwischen konnte, ergriff ich seine Arme und nun gab es ein wildes Gerangel. Ich schaffte es irgendwie, an seine Haare zu kommen − ein alter Trick aus Kindertagen −, und als ich ihm ein Haarbüschel ausriss, jaulte er auf.
    Dieser kurze Moment des Triumphes ließ mich unvorsichtig werden und so bohrten sich im nächsten Augenblick seine Fingernägel in meine Wange. Ich hatte mich nie näher mit Normans Händen beschäftigt, doch jetzt bekam ich zu spüren, dass er so lange Fingernägel wie ein Mädchen hatte. Und

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