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Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bomann
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offenbar ging er jetzt auch dazu über, wie eines zu kämpfen. Während ich versuchte, ihn zu boxen, kratzte er.
    »Aufhören!«, donnerte Frau Tizians Stimme über unsere Köpfe hinweg.
    Zum Glück, sonst hätte mir Norman wohl noch ganz die Haut von der Wange gerissen. Er hielt kurz inne und so schaffte ich es, ihn von mir herunterzustoßen. Keuchend blickten wir zu unserer Kursleiterin auf.
    »Was ist hier los?«, fragte sie und stemmte die Arme in die Seiten. Das Klimpern ihrer goldenen Armringe klang vernehmbar durch den Raum, weil alle mucksmäuschenstill waren.
    »Norman hat mein Modell zerschnitten!«, rief ich und rappelte mich dann auf. Ich war mir sicher, dass ich eine lange Schramme am Kinn hatte, denn dort pochte es unangenehm.
    Auf meine Worte hin öffnete sich der Kreis der Umstehenden so, dass Frau Tizian das Unglück betrachten konnte.
    Befriedigt stellte ich fest, dass auch sie erschrocken dreinblickte.
    »Du meine Güte!«, rief sie. Wieder kicherte es von irgendwoher, doch Frau Tizians Blick, der den schadenfrohen Gesellen ausgemacht hatte, brachte ihn zum Schweigen.
    »Hast du Beweise, dass es Norman war?«, fragte sie mich dann.
    »Hat sie nicht!«, blaffte mein Feind dazwischen.
    Das war richtig, ich hatte keine Beweise. Trotzdem, wer sollte sonst auf die Idee kommen, mein Modell zu zerstören? Doch nur jemand, der mich von vornherein nicht leiden konnte!
    »Ist ja nicht deine erste Gemeinheit mir gegenüber!«, fuhr ich ihn an. »Beim Frühsport letztens hast du mir auch schon ein Bein gestellt.« Damit wandte ich mich wieder an unsere Kursleiterin, die offenbar Normans Boshaftigkeit nicht erkannte. »Das geht schon seit Jahren so, ich kenne den aus meiner Schule!«
    Frau Tizian schien das dennoch nicht zu reichen.
    »Ihr kommt jetzt beide mit zu Herrn Heidenreich!«, sagte sie entschieden. »Das Corpus Delicti nehme ich mit.«
    »Und was ist mit denen, die gern an ihrer Arbeit weitermachen wollen?«, fragte Carla genervt, denn wahrscheinlich sah sie schon ihren Goldpokal wegschwimmen.
    »Die anderen können selbstverständlich weitermachen, aber ich bitte um gesittetes Verhalten!« Damit rauschte Frau Tizian, zusammen mit meinem zerschlitzten Modell, das sie von der Figurine gezogen hatte, aus dem Raum. Norman und ich starrten uns noch einmal hasserfüllt an, dann blieb uns aber nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Hinter uns wurde es nun laut, aber die Geräusche wurden immer leiser, während wir den Gang, der zum Büro des Reiseleiters führte, hinuntergingen.
    Vor einer hohen Doppeltür mussten wir erst einmal Platz nehmen, Norman auf der einen Seite vom Türrahmen, ich auf der anderen. Dass es hier überhaupt Stühle gab, deutete darauf hin, dass wir nicht die Ersten waren, die wegen irgendeines Vergehens vor dieser Tür warten mussten.
    Nachdem Frau Tizian unserem Reiseleiter den Vorfall geschildert hatte, wurden wir hereingebeten.
    Herr Heidenreich musterte uns enttäuscht.
    »Ich muss euch doch wohl nicht sagen, dass solch ein Verhalten in diesem Camp inakzeptabel ist!«, sagte er, während er sich schließlich von seinem Stuhl erhob und mit verschränkten Armen vor uns auf und ab ging. Ein Feldherr, der nicht wusste, wie er seine Armee gegen den Feind schicken sollte, hätte es nicht besser gekonnt. »Natürlich stand das nicht in unserem Prospekt, vielleicht sollten wir es besser hinzufügen.«
    »Aber soll man sich denn alles gefallen lassen?«, wagte ich zu entgegnen.
    »Das habe ich nicht gesagt. Doch wenn eine Unstimmigkeit besteht, kann man darüber reden und sich nicht prügeln.« Damit wandte er sich an mich. »Hast du Beweise, dass Norman deinen Entwurf zerstört hat?«
    Beweise, Beweise! Weil ich nichts sagte, grinste mich Norman so frech an, dass ich ihm am liebsten noch eine reingehauen hätte.
    Na warte, dachte ich mir, wenn du erst mal die kahle Stelle an deinem Kopf siehst, wird dir das Lachen schon noch vergehen!
    »Nein, die habe ich nicht. Aber ich weiß, dass er es war.«
    Herr Heidenreich schnaufte. »Eigentlich müsste ich euch nach Hause schicken und euren Eltern den Rest des Geldes zurückerstatten«, sagte er schließlich. »Ich werde mich mit Frau Tizian beraten, was zu tun ist. Heute Nachmittag werden wir euch unsere Entscheidung mitteilen. So lange seid ihr vom Kurs suspendiert.«
    Das war’s also!
    Wie zwei begossene Pudel verließen wir den Raum.
    »Blöde Kuh!«, raunte Norman mir zu, und jetzt klang er mal nicht spöttisch oder schadenfroh, sondern

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