Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bomann
Vom Netzwerk:
spielen musste. Wenn überhaupt stand dieses Amt Mona zu.
    »Gut, wie du meinst«, entgegnete Anett schulterzuckend. »Aber solltest du es dir anders überlegen und doch drüber reden wollen, mein Angebot bleibt bestehen.«
    Damit setzte sie ihre Mahlzeit fort und ich blieb allein mit meinen Gedanken und der faden Mohnschnecke.

Jagd durch den Schlossgarten
    Konnte ein Wort seine Bedeutung verlieren, wenn man es zu häufig benutzte?
    Wenn ja, waren die Worte » ätzend« , » bescheuert« und » blöd« in echter Gefahr, denn ich murmelte sie heute ziemlich häufig vor mich hin. Mein Kleid regte mich nämlich mehr und mehr auf, und ich geriet in echte Panik, als sich die Zeiger der Uhr unbarmherzig weiterdrehten.
    Natürlich hätte es mir egal sein können. Was bei diesem Wettbewerb herauskam, würde meine Berufschancen nicht beeinflussen. Dennoch wollte ich ein Modell abliefern, mit dem ich mich nicht zu verstecken brauchte.
    Ich versuchte, jeden Gedanken an Thomas zu verscheuchen, denn sobald sein Gesicht auch nur kurz vor meinen Augen auftauchte, murmelte ich noch ganz andere Worte vor mich hin. Und vor allem konnte ich mich noch weniger auf mein Modell konzentrieren.
    Reiß dich zusammen, sagte ich mir immer und immer wieder. Doch es half nicht viel. Konnte ich nicht einfach zur alten, zuverlässigen Sina zurückfinden? Irgendwie musste ich mich doch selbst motivieren können. Nur wie?
    Schließlich erreichte ich während der Heftstiche und der Stecknadelattacken einen Punkt, an dem ich wirklich nicht mehr wusste, was ich machen sollte. Alles erschien mir falsch: Der Kragen saß schief, die Spitze war nicht gleichmäßig genug und überhaupt war es eine blöde Idee gewesen, diesen Stoff zu nehmen, der sich bei jeder Berührung zog und dehnte.
    »Das sieht hervorragend aus!«, tönte eine Stimme hinter mir, die mich aus meinem Selbst-Bashing riss.
    Ich brauchte nicht lange zu raten, wem sie gehörte.
    »Also wirklich, das ist ein Modell, das man sogar in einigen Boutiquen sehen könnte«, fuhr Frau Tizian fort, während sie fachmännisch den Kopf schief legte, ein paar Schritte vor- und zurücktrat und dann ihren Finger auf ihr Kinn legte. Einen Moment lang herrschte gespanntes Schweigen, dann setzte sie hinzu: »Dafür, dass du im Rückstand warst und dein ursprüngliches Modell verloren hast, bist du sehr gut. Alle Achtung.«
    Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich während der ganzen Zeit die Luft angehalten hatte. Doch als sie nun weiterging, schnaufte ich wie ein Walross.
    Jetzt waren sie wieder da, die neidischen Blicke, aber mich kümmerte das nicht mehr. Ich konnte nicht mehr einschätzen, was wirklich gut war und was nicht, wie sollte ich da beurteilen können, ob die neidischen Blicke bedrohlich waren oder eher harmlos?
    Im Anschluss an das Seminar wollten wir in einer kleinen Gruppe noch einmal in der Stadt shoppen gehen. Anett hatte mir vollkommen begeistert von den vielen Modeläden berichtet, und obwohl ich nicht viel Geld hatte, fand ich einen »Trocken-Schaufensterbummel« allemal besser, als im Schloss zu hocken und womöglich noch Thomas zu Gesicht zu bekommen. Sollte der sich doch mit Carla treffen!
    Mein Verdacht, dass er das auch wirklich vorhatte, schien sich zu bestätigen, als Carla diesmal darauf verzichtete, mitzukommen und stattdessen lieber – angeblich – irgendwas mit ihrem Bastelkram machen wollte.
    Ha, so eine lahme Ausrede hatte ich ja noch nie gehört!
    Aber ich hatte auch noch immer nicht den Mut, sie zu konfrontieren. Wahrscheinlich hätte sie mich dann nur für naiv gehalten und ausgelacht. Das wollte ich auf keinen Fall, mein Ärger war auch so schon groß genug.
    Zusammen mit ein paar anderen Mädchen aus dem Mal- und dem Bildhauerkurs machten wir uns also auf den Weg zum Einkaufszentrum. Das Gebäude aus Stahl und Glas sah zunächst wie ein Bahnhof aus, doch im Innern gab es auf drei Etagen alles, was man für Geld bekommen konnte.
    Für Mama kaufte ich eine türkisfarbene Stoffrose, mit der sie ihre Blusen und Pullover ein wenig aufpeppen konnte. Den Rest des Geldes hob ich mir für einen Eisbecher auf, den wir uns im italienischen Eiscafé, dem besten der Stadt, gönnten.
    »Scheinst ja immer noch nicht über den Typen hinweggekommen zu sein«, meinte Anett, als sie sah, wie ich in meiner Kummer-Nusseisbombe herumstocherte.
    »Es gibt keinen Typen«, beharrte ich. »Und wenn, dann war es niemand, dem man nachtrauern müsste.« Eigentlich wollte ich überhaupt nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher