Kirschroter Sommer (German Edition)
Teilen gehört?«
»Dito«, lachte er.
»Es waren zwei Becher im Gefrierschrank, du kannst doch den anderen nehmen!« Ich sah es überhaupt nicht ein, auch nur einen Löffel abzugeben.
»Das andere ist Vanilleeis und ich mag kein Vanilleeis.«
»Hm …«, machte ich. »Dann sieht es ganz danach aus, als hättest du ein Problem.« Ich grinste und ließ mir das Eis weiterhin allein schmecken. Das änderte sich allerdings, als sich auf Elyas‘ Lippen ein mir nur allzu bekanntes Lächeln stahl. Augenblicklich verharrte ich in meiner Bewegung. Er machte einen Schritt auf mich zu und streckte dann schnell seine Hand aus. Doch weil ich seinen Plan durchschaut hatte, griff er ins Leere.
Frech grinste ich ihn an und schob mir den nächsten Löffel in den Mund. Leider war Elyas aber nicht bereit aufzugeben und startete prompt den nächsten Versuch, der jedoch genauso scheiterte wie der erste.
»Wenn du dieses Eis haben willst«, sagte ich, »dann musst du es dir schon aus meinen kalten, toten Fingern holen.« Ich war für jeden Kampf, der dafür nötig sein sollte, bereit.
Er lächelte, was sich als reines Ablenkungsmanöver herausstellte, weil er kurz darauf erneut nach dem Becher schnappte. Vergeblich.
Ich schaffte es gerade noch, mir die nächste Ladung Eis in den Mund zu schieben, als Elyas einen weiteren Schritt auf mich zu machte. Schnell streckte ich den Arm hinter dem Rücken aus, damit er die Packung nicht erreichen konnte.
»Hm«, machte er verschwörerisch, als ich ihm mit Löffel im Mund beäugte. Irgendetwas hatte er vor, und was das war, sollte ich sogleich erfahren.
Elyas stützte sich mit seinen Händen rechts und links neben meinen Beinen ab und beugte sich mit einem Funkeln in seinen Augen zu mir hinunter. »Wie wäre es«, flüsterte er mir ins Ohr, »wenn wir das Eis nehmen … Und zurück ins Bett gehen?«
Ich schluckte, während eine Gänsehaut meine Wirbelsäule hinab wanderte. Miese Nummer, wirklich miese Nummer!
Resignierend drückte ich ihm die Packung gegen die Brust.
»Irgendwie mag ich es jetzt nicht mehr«, murmelte ich.
Elyas‘ Lippen hingegen zierte ein fieses Grinsen. Er nahm den Becher, lief ein paar Schritte rückwärts und lehnte sich gegen den geschlossenen Kühlschrank. Ohne mich eine Sekunde aus den Augen zu lassen, ließ er sich das Eis auf der Zunge zergehen.
»Bis du sicher, dass du es nicht mehr möchtest?«, fragte er.
Ich sah es überhaupt nicht ein, ihm darauf eine Antwort zu geben und verschränkte die Arme vor der Brust.
In regelmäßigen Abständen gab er leise »Mhhmm« Laute von sich und frustrierte mich damit von Mal zu Mal mehr. Wobei es nicht unbedingt leicht war, jemanden böse anzuschauen, während einem gleichzeitig das Wasser im Mund zusammenlief.
Yummy …
Mann, ich wollte dieses verdammte Eis!
Wie automatisch wanderte mein Blick zum Messerblock, der eine durchaus verlockende Wirkung auf mich ausübte. Elyas erheiterte mein kleiner Ausflug mit den Augen ungemein. Alles, was er wollte, war mich zu provozieren. Und leider war es offensichtlich, dass er sein Ziel schon wieder erreicht hatte.
»Wie kann man nur so stur sein?«, fragte er.
Leise brummelte ich vor mich hin. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er mich soweit haben würde.
»Na los«, sagte er und steuerte schließlich aufs Sofa zu. »Nimm deinen Löffel und komm.«
Wir einigten uns darauf, den Film Fight Club zu Ende zu schauen und löffelten gemeinsam das Eis. Elyas hielt den Becher brav zwischen uns, sodass wir sogar einigermaßen friedlich in der Mitte des Sofas nebeneinander sitzen konnten.
Nach einer Weile begann ich müde zu werden, doch solange das Eis nicht leer war, würde ich dem Drang gewiss nicht nachgeben. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die Handlung des Films. Wir waren an der Stelle angelangt, an der sich aufklärte, dass Edward Norton und Brad Patt in Wahrheit dieselbe Person waren. Nach all den rätselhaften Ereignissen in letzter Zeit, stellte sich mir unweigerlich die Frage, ob Elyas womöglich ebenfalls eine Art »zweites Ich« besaß. In erster Linie war er natürlich der Arsch-Elyas, dem ich alles zutraute, um mich ins Bett zu bekommen. Wenn man das ein bisschen mit Ironie betrachtete, hatte er das diese Nacht tatsächlich geschafft. Aber wie viel Elyas von damals steckte noch in dem von heute?
Noch vor ein paar Wochen hätte ich mit voller Überzeugung geantwortet, dass er ein komplett anderer Mensch geworden war. Mittlerweile jedoch erinnerte er mich
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