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Kirschroter Sommer (German Edition)

Kirschroter Sommer (German Edition)

Titel: Kirschroter Sommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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Griff und blieben letztendlich skeptisch auf Domenics Rücken hängen.
    Da hätten wir also den Griff, na super.
    Weil Nick nur noch auf mich wartete, überwand ich mich und schlang meine Hände um seinen Bauch. Er startete den Motor und für ein paar Sekunden wurde ich blass. Es war so laut, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte – was mit dem Helm natürlich äußerst albern gewesen wäre.
    Vielleicht sollte ich doch lieber mit dem Auto fahren?
    Doch ich bekam keine Chance, meine Entscheidung zu überdenken, denn im nächsten Augenblick setzte sich das Monster auf zwei Rädern ohne Vorwarnung in Bewegung. Hilfe!, rief ich innerlich und verstärkte meinen Griff um Domenics Bauch.
    Die Lautstärke, die fehlende Karosserie um mich herum, das ständige Vibrieren unter meinem Hintern, der Fahrtwind – all das war Neuland für mich. Es bedurfte einiger Kilometer, bis ich langsam in dieses Terrain hinein fand. Aber als ich die Startschwierigkeiten überwunden hatte, fing ich langsam an, den Spaß daran zu erkennen. Es war ein völlig anderes Gefühl, als mit dem Auto zu fahren, überhaupt nicht damit zu vergleichen. Einerseits vermisste ich die Sicherheit von einem metallischen Schutzpanzer um mich herum, andererseits machte das Fehlen den Reiz aus. Es war fast wie fliegen.
    Tunnelblickartig brausten wir über die Landstraßen, während die Umgebung nur so an uns vorbeizog. Für einen Moment schloss ich die Augen und dachte an Karsten, meinen geliebten Dad. Er würde mit dem Kopf an die Decke gehen, wenn er mich so sehen könnte. Er hasste Motorradfahren. Durch seine ehrenamtliche Arbeit bei der Feuerwehr hatte er schon zu viele Unfälle gesehen.
    Ich verstand zum ersten Mal in meinem Leben, warum man sich beim Motorradfahren von der Geschwindigkeit hinreißen lassen konnte: Es war wie ein Rausch.
    Das einzige, was mich auf dem Boden hielt, war Domenics seltsamer Geruch. Er war genauso durchdringend wie der von Elyas, nur bei weitem nicht so angenehm. In abgeschwächter Form erinnerte er mich an die säuerliche Note von Rindenmulch. Ich konnte nicht behaupten, dass mein Herz davon höher schlug.
    Für eine ganze Weile führten Nick und ich unsere kleine Kolonne an. Bei halber Strecke jedoch überholte uns eins der anderen Motorräder und war schon bald nicht mal mehr zu sehen. Als wir kurz auf gleicher Höhe gewesen waren, hatte ich Elyas darauf erkannt. Hinter ihm saß ein Mädchen. Vermutlich Jessica oder Yvonne.
    Von da ab war meine Begeisterung deutlich getrübt. Das Gefühl zu fliegen verschwand und wurde durch eine dumpfe Empfindung ersetzt. Ich war auf dem besten Weg in den Abgrund … Und damit meinte ich nicht die Fahrt mit dem Motorrad.
    Etwa zwanzig Minuten später bogen wir in einen geteerten Feldweg ein, dem wir für einige Kilometer folgten. Wir fuhren im wahrsten Sinne des Wortes mitten durch die Pampa. Irgendwann tauchte ein See vor uns auf, der zur Hälfte von herbstlichem Blättermeer umgeben war. Wo der Wald endete, begann eine große und grüne Wiese. Direkt an der Naht zu dieser sah ich Elyas in der Ferne sein Enduro-Motorrad abstellen.
    Nach und nach trudelten auch wir anderen ein und parkten an derselben Stelle. Ich stieg von dem Ungetüm und musste meine Beine erst wieder an den festen Untergrund gewöhnen. Ich lief ein paar Schritte, blieb stehen und betrachtete die Landschaft. Eine kleine Idylle versteckt im Nirgendwo.
    Alex, für die dieser Ort ebenfalls neu war, tat es mir nach und schien genauso Gefallen an der Kulisse zu finden wie ich. Sebastian stellte sich zu ihr, legte den Arm um ihre Taille und drückte sie an sich.
    Notiz an mich selbst: Alex bewusstlos schlagen, Sebastian über die Schulter werfen und davon rennen.
    Nachdem auch der Rest eingetroffen war, fand die malerische Ruhe ein Ende und wurde durch lautes Gemurmel im Hintergrund ersetzt.
    »Na, Bikerbraut? Wie hat’s dir gefallen?«, fragte eine männliche Stimme. Eine Stimme, die ich unter tausenden erkannt hätte.
    »Ich denke, ich werde nächste Woche den Hells Angels beitreten«, antwortete ich und drehte mich zu ihm um. Elyas zog einen Mundwinkel nach oben und sah mich an.
    »Elyas!«, rief Andy von weitem.
    »Was ist?«
    »Du kannst sie später weiter angraben, jetzt hilf mir erst mal beim Ausladen!«
    Elyas seufzte. »Freunde sind schon was Tolles …«, murmelte er. Entschuldigend zuckte er mit den Schultern und begab sich zu seinem Kumpel.
    Da alle mit anpackten, leerte sich das Auto zusehends. Das

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