Kirschroter Sommer (German Edition)
ziemlich angetrunkene Jessica mit nach oben zog. Er nahm ihre Hand und führte sie hinter sich her. Auf freier Fläche blieb er stehen, umfasste ihre Hüften und begann mit ihr zu tanzen.
Hätten Elyas‘ Blicke töten können, wäre Domenic schon seit fünf Minuten nicht mehr am Leben gewesen.
Alex und Sebastian stießen wieder zu uns und setzten sich Händchen haltend in die Runde. Doch als Sebastian das tanzende Pärchen erspähte, verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht. Er stieg in den Blickkontakt zwischen Yvonne und Elyas mit ein.
Alle schienen angespannt zu sein, nur Andy und Sophie bekamen von alle dem nichts mit. Viel zu sehr waren sie auf den Körper des jeweils anderen konzentriert.
Als Nicks Hand von Jessicas Hüfte zu ihrem Po glitt, schien das Fass endgültig überzulaufen. Innerhalb einer Sekunde war Elyas auf den Beinen und steuerte auf die beiden zu. Sebastian löste sich von Alex, sprang auf und folgte seinem besten Freund.
»Das reicht jetzt!«, rief Elyas. Er griff nach Jessicas Arm und zog sie von Nick weg.
»Was soll die Scheiße, Schwarz?«, baute sich Domenic auf.
Elyas reagierte nicht und brachte Jessica zurück in Richtung Lagerfeuer.
»Ich habe gefragt, was die Scheiße soll, Schwarz!«, wiederholte Nick lautstark. Er ging auf Elyas zu und schubste ihn von hinten.
Ich schlug die Hände vor den Mund.
Wie vom Blitz getroffen wandte sich Elyas zu ihm um und schubste ihn grob zurück. »Ich hab dir gesagt, du sollst deine dreckigen Finger von ihr lassen, du verdammter Bastard!« Mit angespanntem Oberkörper schritt er auf Nick zu.
»Misch dich nicht in Sachen ein, die dich nichts angehen, du Penner!«
Ich war wie erstarrt. Was sollte ich tun? Aufspringen, schreien, dazwischen gehen – alles raste durch meinen Kopf, während gleichzeitig mein Körper zu einer Betonsäule erstarrte. Sebastian bewahrte als einziger Ruhe und schritt ein. »Ey, ihr beiden macht jetzt mal langsam, okay?«
Jan tauchte auf, legte den Arm um Domenic und versuchte ihn wegzuziehen, was dieser sich anfangs überhaupt nicht gefallen lassen wollte. Sebastian bettete die Hände auf Elyas‘ Brust und schob ihn rückwärts. »Komm runter, Mann!«, redete er auf ihn ein. Doch Elyas schnaubte nur, sein ganzer Körper schien zu beben.
Elyas mochte zwar ein Arsch sein, aber Aggressivität gehörte eigentlich nicht zu seinen Charaktereigenschaften. Er musste Jessica sehr mögen, wenn er ihretwegen so sehr in Rage versetzt wurde.
Ich zog die Beine an und verfolgte das Geschehen. Jan schaffte es nach langem hin und her, Domenic wegzuzerren und lief mit ihm Richtung Seeufer. Kaum war er außer Sichtweite, beruhigte sich auch Elyas wieder. Gemeinsam mit Yvonne widmete er sich Jessica. Ihr Gesicht stand inzwischen unter Tränen und ihre Hände zitterten. Elyas nahm sie in den Arm, drückte sie an sich und streichelte ihr übers Haar.
Das Gefühl in meinem Magen wurde immer flauer.
Alex dagegen war vollkommen aus dem Häuschen. Sebastian griff nach ihrer Hand und redete in ein paar Metern Entfernung besänftigend auf sie ein. Was genau er sagte, konnte ich leider nicht verstehen.
Ich blickte um mich. Ich war die Einzige, die noch am Lagerfeuer saß. Doch egal, wo ich hinsah, überall schien ich nur zu stören.
»Nicht weinen, Jessica«, hörte ich Elyas‘ Stimme sagen. »Der Idiot ist keine einzige Träne wert.« Er drückte ihren Körper noch fester an seinen.
Mein Brustkorb schien sich zu verengen.
»Willst du ins Zelt?«, fragte Elyas. Ein kaum wahrnehmbares Nicken ging von Jessicas Kopf aus. »Gut, dann lass uns gehen«, sagte er und legte stützend seinen Arm um ihre Taille. Yvonne zögerte nicht lange und folgte den beiden.
Da saß ich nun, mutterseelenallein und sah dem Blödmann nach, wie er mit einem anderen Mädchen im Zelt verschwand. Ich wollte mir überhaupt nicht vorstellen, wie er sie dort im Arm halten, sie trösten würde … Ich schloss die Augen und schüttelte langsam den Kopf. Zum ersten Mal wurde mir klar, wie tief ich bereits drin steckte. Genau das, was ich verhindern wollte, war ohne mein Zutun längst eingetreten. Viel zu viel Raum hatte ich Elyas gegeben, um mich zu verletzen. Ich senkte den Kopf und beobachtete meine Hand, wie sie langsam über die Grasspitzen fuhr.
»Es ist nicht so, wie du denkst«, sagte eine leise Stimme und ließ mich zusammenfahren. Sebastian.
Er setzte sich zu mir und sah in Richtung der Zelte. Genau in die Richtung, in die ich die ganze Zeit gestarrt
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