Kirschroter Sommer (German Edition)
bösen Absichten dahinter, es hat ihn nur interessiert.«
Ich hob eine Augenbraue an.
»Dann war ich eben ehrlich und habe ihm geantwortet, dass es momentan keinen Mann in deinem Leben gäbe – außer einem Typen, mit dem du E-Mails schreibst.« Sie zuckte mit den Schultern.
»Soll ich die E-Mails dann demnächst direkt an ihn weiterleiten oder will er lieber warten, bis du ihm davon erzählst?«, knurrte ich.
»Nein! Ich bin nicht ins Detail gegangen, wirklich! Ich habe es ihm nur grob geschildert.«
Ich seufzte.
»Bist du sauer?«, fragte sie vorsichtig.
»Ja! Aber das hat dich noch nie interessiert.«
»Gut, dann kannst du mir ja auch endlich erzählen, was mit meinem Bruder gelaufen ist.« Neugierig wartete sie auf meine Antwort, die ich ihr sogleich vor den Latz knallte.
»Das hab ich schon – Nichts!«
»Wie nichts? Aber ihr müsst doch irgendwas gemacht haben?«
»Wir haben kurz geredet und danach haben wir geschlafen.«
»Einzeln!«, fügte ich hinzu.
»Ihr redet verdammt viel in letzter Zeit …«, stellte sie fest.
»Alex, ich finde es ehrlich gesagt ein bisschen lächerlich, dass du zwanghaft versuchst, da irgendetwas hinein zu interpretieren. Ohne Skandal kannst du nicht leben, oder?« Ich drehte ihr den Rücken zu und ging wieder zurück ins Zelt, um mich umzuziehen.
Sie löcherte mich noch eine Weile, schaffte es aber nicht, auch nur einen Ton aus mir herauszuquetschen. Als es ihr zu blöd wurde, wechselte sie das Thema und erzählte mir unaufgefordert davon, wie Sebastian sie gelöchert hatte. Wenn ich mir die Ohren zuhielt, sprach sie dummerweise einfach lauter.
Nachdem ich mich einigermaßen frisch gemacht hatte, machten wir uns auf den Weg zu den anderen. Sie saßen auf Decken um das erloschene Lagerfeuer und frühstückten.
Schon von weitem konnte ich Elyas erkennen und bekam augenblicklich ein flaues Gefühl im Magen. Es war seltsam und nur schwer zu beschreiben, aber es erinnerte mich an das kurze Schamgefühl, wenn man sich nach dem ersten Sex zum ersten Mal wieder in die Augen sah.
Mein Kopf war sich im Klaren darüber, wie albern diese Empfindung war, nur mein Bauch verstand das leider nicht.
»Da seid ihr ja«, begrüßte uns Sebastian. »Es gibt Bier und Snickers . Was darf ich den Damen bringen?«
Bier und Snickers ? Das hörte sich so an, als hätte Alex gekocht.
»Schwere Frage«, antwortete Letztere. »Ich nehme einen Kuss!« Sie kicherte und setzte sich auf seinen Schoß, um sich diesen sogleich abzuholen. Offenbar kannte nicht jeder das Schamgefühl, sich nach dem ersten Sex wieder in die Augen zu sehen …
Ich schob meine Hände in die hinteren Hosentaschen und blickte mich um. Der einzig freie Platz, falls ich nicht auf dem nassen Boden oder neben Nick sitzen wollte, war neben Elyas. Wieso überraschte mich das nicht? Ich ließ die Schultern hängen und steuerte zögernd auf ihn zu. Als er mein Herannahen bemerkte, schob er einen Mundwinkel nach oben. »Guten Morgen, Traumfrau.«
»Morgen, Blödmann«, sagte ich, schnappte mir ein Snickers und setzte mich mit ein bisschen Abstand neben ihn.
»Hast du gut geschlafen?«, fragte er.
Oh nein, das war der Beweis. Er hatte beim Aufwachen gemerkt, dass ich mich an ihn gekuschelt hatte. Fucking peinlich! Ich wandte meinen Blick von ihm ab und fummelte an der Verpackung des Schokoriegels. »Unbequemer Zeltboden eben … Und selbst?« Nur vorsichtig schielte ich in seine Richtung.
»Ja … unbequem«, murmelte er und sah zu seinen Füßen. Dann nahm er den Blickkontakt wieder auf. »Aber wie hätte ich mit dir an meiner Seite schlecht schlafen sollen?«
Ich verdrehte die Augen.
»Der Spruch kam nicht so gut, hm?«
»Nein, zu abgedroschen«, sagte ich, was er mit einem schwerfälligen Atemzug zur Kenntnis nahm.
»Emely, wir haben gerade über dich geredet«, sagte Andy.
Ich sah zu ihm auf und ließ meinen Blick anschließend durch die Runde schweifen. »Über mich?«
»Ja, nachdem wir Elyas dabei erwischt haben, wie er aus deinem Zelt kam, machen wir uns Sorgen um deine Jungfräulichkeit.« Sein Versuch, sich das Lachen zu verkneifen, scheiterte kläglich.
Na toll. Es ging doch nichts darüber, zu erfahren, dass man sich noch vor fünf Minuten hinter meinem Rücken über mich lustig gemacht hatte. Ich warf Alex, die mir diese Misere eingebrockt hatte, einen bitterbösen Blick zu und entschied mich für die einzige Lösung, die mir noch blieb.
»Weißt du …«, begann ich und ließ eine Haarsträhne durch
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