Kirschroter Sommer (German Edition)
würde. Nur für diese eine Nacht wollte ich meinen Traum in Erfüllung gehen lassen und mich in der Zweisamkeit verlieren.
Ich schloss die Lider, fühlte seine Körperwärme und lauschte seiner Atmung. Ganz langsam, als wäre es eine Schlafbewegung, ließ ich mich nach hinten fallen, lehnte mich an ihn und spürte, wie sein Arm mich noch fester an sich zog.
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich falsch lag. Ich hatte mich nicht in Elyas verknallt. Ich war unwiderruflich in ihn verliebt.
KAPITEL 21
Abschied
Mein Rücken fühlte sich verspannt an und ich räkelte mich ein bisschen. Wieso gab es keine Zelte mit Federkernmatratze? Missmutig brummelte ich über die sich lautstark unterhaltenden Vögel und beschloss, dass es noch viel zu früh war, um aufzustehen. Mit geschlossenen Lidern wälzte ich mich auf meine andere Seite.
»Mhmm«, seufzte ich leise. Hier roch es so verdammt gut …
Hier roch es süßlich, herb und frisch …
So wie …
Vorsichtig öffnete ich die Augen und blickte direkt auf einen schlafenden Elyas. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Er sah so friedlich, so entspannt aus, fast wie … ein Engel .
Seltsam , wunderte ich mich, dass Engel die erste Bezeichnung war, die mir für ihn einfiel, wo ich ihn doch sonst eher mit einem Teufel verglich. Aber in diesem Moment traf es nichts besser als das. Seine geschlossenen Lider und dieser sorglose Gesichtsausdruck verliehen ihm die Unschuld eines kleinen Jungen.
Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich nicht klein in seiner Gegenwart und zum ersten Mal konnte ich ihn ungehindert betrachten. Seine glatte, unheimlich weich wirkende Haut, seine geschmeidigen Wangenknochen, seine Augenlider, seine gerade Nase und … seine Lippen. So sinnlich, so schön in ihrer Farbe, dass ich den Kuss von damals auf meiner Zunge schmeckte.
Ich streckte die Hand nach ihm aus, wollte durch seine zimtfarbenen Haare streichen und seine Haut unter meinen Fingern spüren. Doch kurz bevor ich sein Gesicht erreichte, zog ich sie wieder zurück.
Mein Blick schweifte über das, was meine Hände nicht berühren durften. Es klang absurd, aber ich wusste, dass das der Anblick war, den ich bis an mein Lebensende jeden Morgen sehen wollte. Niemals würde ich müde werden, ihn zu betrachten.
Ich prägte mir jedes Detail seines Gesichts, jede noch so kleine Unebenheit seiner Haut ein und versuchte, es wie ein Abbild in meinem Kopf zu speichern, das ich immer wieder in meinen Gedanken abrufen könnte.
Wie von seiner Aura gefangen genommen und meiner Kontrolle beraubt, rutschte ich ein bisschen näher an ihn heran. Vorsichtig bettete ich meinen Kopf unter seinem Kinn und behielt meine Arme vor der Brust angezogen. Eine Geborgenheit umgab mich, die mich zu tragen schien. Ich schloss die Augen und schlief mit einem Lächeln zum zweiten Mal in seinen Armen ein …
Lautes Geklapper waren nach langem die ersten Geräusche, die zu mir durchdrangen. Dieses Mal brauchte ich keine Sekunde zu überlegen, wo und bei wem ich mich befand. Ich hatte ihn selbst im Schlaf gespürt. Und anders als sonst, erwartete mich mein Traum in der Realität. Doch als ich die Augen öffnete, machte sich ein dumpfes Gefühl in meinem Magen breit.
Elyas war weg.
Ich lag mutterseelenallein im Zelt. Einzig sein Geruch erinnerte noch an die vergangene Nacht. Der letzte Beweis, dass sie tatsächlich stattgefunden hatte.
Warum war er gegangen? Hatte er sich daran gestört, dass ich mich im Schlaf – so wäre zumindest meine Ausrede gewesen – an ihn gekuschelt hatte?
Doch ich schüttelte den Kopf. Nein, schließlich hatte er letzte Nacht dasselbe getan. Ich fand keine Erklärung und begann zu frieren. Ohne ihn schien es mindestens zwanzig Grad kälter im Zelt zu sein.
Ich verlor mich in den Erinnerungen, versuchte die Wärme in meine Glieder zurückzuholen, als plötzlich jemand den Reißverschluss des Eingangs nach unten zog.
»Emely Schatzi«, quietschte Alex und krabbelte durch die Öffnung.
»Ach, sieh an«, murmelte ich. »Wie war das? Ich gehe mal kurz Sebastian gute Nacht sagen?« Dass ich im Nachhinein sogar dankbar für ihr Verschwinden war, musste sie beim besten Willen nicht erfahren.
Sie setzte sich auf ihre Fersen. »Ja, ich weiß, aber Sebastian war so süß. Er ist noch viel besser als Schokolade! Was hätte ich denn tun sollen?« Sie wippte auf und ab.
So viel gute Laune am frühen Morgen war definitiv zu viel für mich.
Es stand ihr förmlich auf
Weitere Kostenlose Bücher