Kirschroter Sommer (German Edition)
Lächeln. Als ich gerade wieder an Grinse-Elyas vorüber lugte, wurde ich Zeuge einer der süßesten Dinge, die ich je gesehen hatte. Sebastian hob seine auf dem Oberschenkel liegende Hand immer wieder ein Stückchen an, nur um sie dann doch wieder sinken zu lassen. Das ging eine ganze Weile so und ich feuerte ihn innerlich nahezu an. Trau dich! Bitte, tu‘s für mich!
Und irgendwann traute er sich tatsächlich. Ganz unsicher näherte er sich Alex‘ kleinem Händchen, das sie auf ihrem Schoß abgelegt hatte. Bei mir kribbelte allein schon beim Zusehen alles; so ein süßes Verhalten erwartete man einfach nicht von einem vierundzwanzig jährigen Mann.
Wieso konnte Elyas nicht auch so sein?
Also … Mal abgesehen davon, dass er selbst wenn er so wäre, niemals eine Chance bei mir hätte.
Völlig ausgeschlossen.
Genau.
Punkt.
Nein. Ausrufezeichen!
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja … bei Alex.
Im Stillen appellierte ich an Sebastian, jetzt bloß keinen Rückzieher zu machen und drückte die Daumen. Zentimeter für Zentimeter fieberte ich mit. Und dann passierte es: Er erreichte Alex‘ Hand und umfasste sie mit seiner. Ich hatte Mühe und Not, dass ich nicht lauthals quiekte. Das war so niedlich! Als Alex ihre Finger spreizte, um seine Hand schüchtern entgegenzunehmen, lehnte ich mich lächelnd zurück. Die letzten Zweifel an Sebastians Gefühlen waren nun endgültig ausgeräumt.
Elyas, der sich ganz dem Anschein nach über mein Verhalten wunderte, folgte schließlich meinem Blick. Als er den Grund für meine Gefühlsregung entdeckte, sah ich ihn für einen Moment ebenfalls lächeln.
Völlig zufrieden mit der Welt nahm ich mir mein Glas Wein, nippte genüsslich daran und machte es mir gemütlich. Für einen Augenblick fühlte ich mich rundherum wohl. Zumindest so lange, bis ich plötzlich wieder Elyas‘ Arm auf der Lehne hinter mir spürte und ein verführerisches Lächeln seine Mundwinkel umspielte.
Oh Mann. Es wäre auch zu schön gewesen.
Aber wenigstens ließ er dieses Mal noch einen kleinen Abstand zwischen uns. Man musste es positiv sehen: Er machte Fortschritte.
Und damit war er nicht der Einzige. Auch Alex hatte Sebastians Annäherung neuen Mut gemacht. Denn als sie sich eine Weile später nach vorne beugte, um nach ihrem Getränk zu greifen, setzte sie sich beim Zurücklehnen ein bisschen näher an Sebastian heran.
Eigentlich wäre das der optimale Zeitpunkt gewesen, die beiden allein zu lassen, doch die Uhr zeigte mir leider erst kurz nach Zehn an. Blöderweise hatte ich aber Eva versprochen, nicht vor Mitternacht bei uns zu Hause aufzukreuzen und da ich keine Lust auf ein neues Trauma hatte, sollte ich mich auch tunlichst an diese Abmachung halten.
Also was nun?
Als wäre ich mit meinen Überlegungen nicht schon beschäftigt genug, musste mir zusätzlich Elyas auf die Schulter tippen. Seufzend wandte ich mich ihm zu und fragte mich, was er jetzt wohl wieder wollte. Sowie er meine Aufmerksamkeit bekam, deutete er mit dem Kopf immer wieder Richtung Flur, wo sich unter anderem sein Zimmer befand. Ich schnaubte lachend und tippte mir mit dem Finger gegen die Stirn. Träum weiter, Junge!
Elyas verdrehte die Augen, was mir ›Nicht das, was du denkst‹ vermitteln sollte. Und um es mir noch mehr zu verdeutlichen, schielte er zu Alex und Sebastian, die wir anscheinend auch seiner Meinung nach allein lassen sollten.
In dem Punkt waren wir uns also schon mal einig, aber deswegen mit Elyas allein in sein Zimmer zu gehen, sah ich trotzdem nicht ein. Abwartend blickte er mich an, doch ich konnte einfach keinerlei Begeisterung für seinen Vorschlag entwickeln.
»Ach, Emely«, sagte er plötzlich laut. »Da fällt mir ein, ich wollte dir noch etwas zeigen.«
Mir klappte die Kinnlade runter. Was für eine miese Nummer!
»Glaub mir, Elyas, ich will ›Es‹ nicht sehen …«, entgegnete ich, was Sebastian zum Lachen brachte. Elyas hingegen packte mich unverhofft am Handgelenk, zog mich hinter sich in die Küche und öffnete den Kühlschrank, um einen Sichtschutz für Alex und Sebastian herzustellen. Meinen bösen Blick, den ich ihm wegen dieser Aktion zuwarf, ignorierte er einfach und fing stattdessen an sich zu erklären. »Deinetwegen«, flüsterte er, »musste ich mir drei Wochen lang die Ohren voll heulen lassen und mir nervige Liebesfilme ansehen, während sie sich ihre Fußnägel lackierte! Sie hat mich einfach so behandelt, als wäre ich eine Frau! – Verdammt, sie wollte mir sogar eine
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