Kishons beste Familiengeschichten.
eine Mauer lehnen. Kaum hatte ich den Schwindelanfall überwunden, packte mich ein Schüttelfrost. An den geplanten Kinobesuch war nicht zu denken. Mit Mühe schleppte ich mich am Arm meiner Frau zu unserem Wagen und kroch hinein, um mich ein wenig auszustrecken. Ich bin von eher hohem Wuchs, und unser Wagen ist eher klein.
»O Herr!« stöhnte ich. »Warum, oh Herr, muß ich mich hier zusammenkrümmen, statt zu Hause im Bett zu liegen?« Aber der Herr gab keine Antwort.
Mein Zustand verschlimmerte sich von Viertelstunde zu Viertelstunde. Ich glaubte, in dem engen, vom langen Parken in der Sonne noch glühendheißen Wagen ersticken zu müssen. Auch die einbrechende Dunkelheit brachte mir keine Linderung.
»Laß mich heimgehen, Weib«, flüsterte ich.
»Jetzt?« Unheilverkündend klang die Stimme der besten Ehefrau von allen durch das Dunkel. »Nach knappen eineinhalb Stunden? Glaubst du, Regine Popper kommt wegen eineinhalb Stunden eigens aus Tel Giborim?«
»Ich glaube gar nichts. Ich will nicht sterben für Regine Popper. Ich bin noch jung, und das Leben ist schön. Ich will leben. Ich gehe nach Hause.«
»Warte noch zwanzig Minuten. Oder wenigstens dreißig.«
»Nein. Nicht einmal eine halbe Stunde. Ich bin am Ende. Ich gehe.«
»Weißt du was?« Knapp vor dem Haustor fing sie mich ab. »Wir schlüpfen heimlich ins Haus, so daß sie uns nicht hört, setzen uns still ins Schlafzimmer und warten…«
Das klang halbwegs vernünftig. Ich stimmte zu. Behutsam öffneten wir die Haustüre und schlichen uns ein. Aus meinem Arbeitszimmer drang ein Lichtstrahl. Dort also hatte Frau Popper sich eingenistet. Interessant. Wir setzten unseren Weg auf Zehenspitzen fort, wobei uns die Kenntnis des Terrains sehr zustatten kam. Aber kurz vor dem Ziel verriet uns ein Knarren der Holzdiele.
»Wer ist da?« röhrte es aus dem Arbeitszimmer.
»Wir sind’s!« Rasch knipste meine Frau das Licht an und schob mich durch die Türe. »Ephraim hat das Geschenk vergessen.«
Welches Geschenk? Wie kam sie darauf? Was meinte sie damit? Aber da war, mit einem giftigen Seitenblick nach mir, die beste Ehefrau von allen schon an das nächste Bücherregal herangetreten und entnahm ihm die »Geschichte des englischen Theaters seit Shakespeare«, einen schweren Band im Lexikonformat, den sie mir sofort in die zittrigen Arme legte. Dann, nachdem wir uns bei Frau Popper für die Störung entschuldigt hatten, gingen wir wieder.
Draußen brach ich endgültig zusammen. Von meiner Stirne rann in unregelmäßigen Bächen der Schweiß, und vor meinen Augen sah ich zum erstenmal im Leben kleine rote Punkte flimmern. Bisher hatte ich das immer für ein billiges Klischee gehalten, aber es gibt sie wirklich, die kleinen roten Punkte. Und sie flimmern wirklich vor den Augen. Besonders wenn man unter einem Haustor sitzt und weint.
Die beste Ehefrau von allen legte mir ihre kühlenden Hände auf die Schläfen:
»Es gab keine andere Möglichkeit. Wie fühlst du dich?«
»Wenn Gott mich diese Nacht überleben läßt«, sagte ich, »dann übersiedeln wir nach Tel Giborim. Am besten gleich in das Haus, wo Regine Popper wohnt.«
Eine halbe Stunde später war ich so weit zu Kräften gekommen, daß wir einen zweiten Versuch wagen konnten. Diesmal ging alles gut. Wir hatten ja schon Übung. Lautlos fiel die Haustüre ins Schloß, ohne Knarren passierten wir den Lichtschein, der aus dem Arbeitszimmer drang, und unentdeckt gelangten wir ins Schlafzimmer, wo wir uns angekleidet hinstreckten; es standen uns noch drei Stunden bevor.
Über die anschließende Lücke in meiner Erinnerung kann ich naturgemäß nichts aussagen.
»Ephraim!« Wie aus weiter Ferne klang mir die Stimme meiner Frau ans Ohr. »Es ist halb sechs! Ephraim! Halb sechs!« Jetzt erst merkte ich, daß sie unablässig an meinen Schultern rüttelte.
Ich blinzelte ins Licht des jungen Tages. Schon lange, schon sehr lange hatte kein Schlaf mich so erquickt. Rein strategisch betrachtet, waren wir allerdings übel dran. Wie sollten wir Frau Popper aus ihrer befestigten Stellung herauslocken?
»Warte«, sagte die beste Ehefrau von allen und verschwand.
Aus Rafis Zimmer wurde plötzlich die gellende Stimme eines mit Hochfrequenz heulenden Kleinkindes hörbar. Kurz darauf kehrte meine Frau zurück.
»Hast du ihn gezwickt?« fragte ich.
Sie bejahte von der halboffenen Türe her, durch die wir jetzt Frau Poppers füllige Gestalt in Richtung Rafi vorübersprinten sahen.
Das gab uns Zeit, das Haus zu
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