Kismet in Kairo
schien.
Die Haut hatte nicht mehr die normale Farbe. Sie war so grau, aschig und auch grünlich schimmernd. Zudem lag sie nicht glatt über den Knochen, sondern hatte zahlreiche Falten geworfen, die sich an bestimmten Stellen überlappten.
Ich warf einen Blick in seine Augen. Okay, ich kannte die Augen eines Toten, denn ich hatte sie oft genug gesehen. Auch in diesen hier entdeckte ich keinen Glanz mehr, der auf eine Spur von Leben hingedeutet hätte. Trotzdem waren es andere Augen, zumindest glaubte ich, einen anderen Ausdruck darin zu erkennen. So alt, müde und verbraucht. Das war zurückgeblieben, nachdem man ihm die Kraft genommen hatte.
Als ich Sukos Atemzug hörte, wußte ich, daß mein Freund etwas sagen wollte. Er drehte den Kopf, ich tat es ebenfalls, und über den Tisch hinweg schauten wir uns an.
»Sie war schneller, John. Und sie weiß Bescheid. Sie ist gut informiert. Wir haben ihre Kreise gestört, sie wird sich das nicht oft gefallen lassen.«
»Das braucht sie auch nicht«, erwiderte ich. »Wenn sie auf uns gewartet hat, werden wir sie hier in der Nähe finden. Spätestens in der Pyramide, denke ich.«
»Und dann, John, was ist dann?«
Ich wußte, worauf Suko hinauswollte, aber ich hielt mich mit einer Antwort zurück. Wenn ich davon ausging, daß Fatima so etwas Ähnliches wie ein Vampir war, dann war es unsere Aufgabe, diese Bestie zu vernichten. Das gehörte einfach dazu. Aber sie würde es uns verdammt schwer machen. Ich ging sogar noch einen Schritt weiter und fragte mich, ob wir es überhaupt schafften.
»Du weißt auch keine Antwort – oder?«
»Nein, Suko, die weiß ich nicht. Ich fühle mich nur nicht eben gut, denn wir hätten den Professor nicht allein lassen sollen.«
Suko bewegte seinen Arm blitzartig nach vorn. Er stand näher an einem der Fenster, und er brauchte nur den Vorhang zur Seite zu ziehen, um nach draußen schauen zu können.
Ich sah nicht viel. Aber ich hörte ihn scharf atmen. Dann drehte er sich.
Sein Gesicht war bleich geworden.
Bei meiner Frage stand ich schon auf dem Sprung. »Was ist da draußen los?«
»Komm!«
Mehr sagte Suko nicht, denn zwei Sekunden später schaute ich auf seine Hacken, als er auf die Tür zulief…
***
Das ist der Tod! dachte der Professor. Das ist der Tod für mich, und ich weiß, daß ich einen besonderen Tod sterben werde, einen würdigen.
Einen Tod, der mit meinem Beruf und meiner Forschung zusammenhängt, denn ich habe mich mit der Vergangenheit beschäftigt, und sie hat ihren Boten geschickt, um mich zu vernichten.
Sie wollen das Wissen für sich behalten. Es soll nicht an die Oberfläche gelangen. Es soll in den Tiefen verborgen bleiben. Sie ist die Hüterin des alten Wissens. Sie kennt die Kulturen, sie kennt alles, und sie wird mich nicht am Leben lassen. Sie braucht meine Kraft, sie wird mich leersaugen, sie wird meine Seele nehmen, meine…
Die Gedanken brachen ab, denn der Professor fühlte überdeutlich, wie es ist, wenn zwei Personen in einer stecken. Zwei Personen, die für einen Moment gleich stark waren, was aber nicht länger andauerte, denn es konnte nur einen Sieger geben.
Er würde es nicht sein.
Niemals zuvor hatten den Mann derartige Gefühle durchtost.
Das war auch nicht bei ihrem letzten Besuch in seinem Hotelzimmer so gewesen, denn jetzt stand sie nicht als Fleisch und Blut vor ihm, sie war anders. Diese Person aus der Vergangenheit hatte sich aufgelöst und zugleich in ein Wesen verwandelt, das von einem Menschen Besitz ergreifen konnte, ohne daß dieser sich dagegen wehrte. In seinem Körper tobte die andere Kraft wie eine mächtige Flut. Er kam nicht dagegen an. Sie drehte sich wie eine Spirale. Die Hitze verteilte sich überall. Zudem hatte er den Eindruck, seine Haut würde verbrennen.
Das Blut in den Adern verwandelte sich in Staub. Alles innen und außen verlor die Flüssigkeit und trocknete aus. Er war nicht mehr der Mensch, der er noch vor einer Minute gewesen war.
Sie kam dem nach, wozu sie existierte. Fatima ernährte sich von der Seele und der Kraft der Menschen. Von dem also, was den Menschen eigentlich ausmachte.
Sie raubte alles.
Sie machte ihn schlaff.
Der Professor wollte schreien. Er hörte Laute, nur waren es keine Schreie. Krächzend, dünn und flatterhaft, nicht mehr.
Er schwebte weg.
Nein, das stimmte nicht. Er fiel. Er fiel schwer nach vorn. Vor ihm öffnete sich die Welt. Die Zeiten rückten zusammen. Er hörte ein Brausen.
Plötzlich entstanden Bilder. Er nahm
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