Kismet Knight
Lehne eines thronähnlichen Sessels. Anschließendkroch er auf das Bett – was schon in sich ein höchst erregender Anblick war –, lehnte sich an das Kopfende und klopfte einladend auf die Überdecke neben ihm. Ich nahm die Einladung an.
Einen Moment lang fragte ich mich, was es bedeutete, dass ich mit einem anderen Mann im Bett war, nachdem ich den Nachmittag in höchst intimer Zweisamkeit mit Alan verbracht hatte. War ich Alan jetzt untreu, obwohl wir einander keinerlei Versprechungen gemacht hatten? Wir hatten nicht so getan, als ob unsere wechselseitige sexuelle Anziehung irgendeine Bedeutung für die Zukunft mit sich brächte. Oder war ich Devereux untreu gewesen? Aus irgendeinem Grund kam mir diese Möglichkeit verstörender vor.
Augenblick mal! Bin ich hier in eine Seifenoper geraten, oder was? Ich kenne keinen von den beiden, und ich habe keinem von ihnen irgendetwas versprochen. Ich bin eine unabhängige Frau und kann tun, was ich will. Zum Teufel mit diesen ganzen alten Kitschfilmen, die meine Mutter immer angesehen hat! Gleich stehe ich auf und gehe nach Hause!
Aber dabei geriet mir die Entdeckung in die Quere, wie weich und einladend das Bett war, und halb war ich in Versuchung, einfach die Augen zu schließen und mich davontreiben zu lassen. Ich zwang mich dazu, sie stattdessen weit zu öffnen und mich auf das Porträt von Devereux’ Mutter zu konzentrieren, das ich vom Bett aus sehen konnte.
Sie war so schön – beinahe so schön wie ihr Sohn. Ich glaube, ihre Augen waren eher von einem grünlichen Blau, während seine von einem bläulichen Grün waren … aber vielleicht auch nicht. Sie ähnelten sich sehr, aber ich konnte nicht recht definieren, was es war, das Devereux so maskulin machte. Vielleicht war sein Kinn kräftiger als ihres, oder seine Wangenknochenwaren höher. Was es auch war, ich konnte seine Männlichkeit nicht ignorieren. Gefährlich maskulin. Aufreizend maskulin.
Ich kicherte – ausgerechnet.
»Kismet?«
»Was ist?« Ich stellte fest, dass mir der Mund offen stand und meine Augen sich halb geschlossen hatten.
»Du bist erschöpfter, als ich dachte. Vielleicht solltest du dich hinlegen und eine Weile ausruhen.«
»Nein, es ist schon in Ordnung, wirklich. Ich brauche nur einen Moment, um mich zu orientieren.« Ich zwinkerte mehrere Male, setzte mich aufrechter hin und wandte mich ihm zu. »Oder vielleicht einen Kaffee. Ja, das wäre gut.«
Er kroch bis zu meinen Füßen hinunter, packte meine Knöchel und zog behutsam an ihnen, bis ich lang ausgestreckt dalag, den Kopf auf dem Kissen.
»Hey, ich will mich aber nicht hinlegen. Ich will doch gar nicht …«
Der Schlaf muss mich überwältigt haben, denn dies war das Letzte, woran ich mich erinnerte.
Bis zu dem Traum.
Kapitel 16
Ich gehe durch ein altes, heruntergekommenes und verlassenes Haus. Die Dunkelheit wird nur durch den Vollmond erhellt, der durch die großen zerbrochenen Fenster hereinscheint. In der Luft hängt ein unangenehmer muffiger Geruch; er verdeckt etwas anderes, etwas Metallisches, Süßliches – etwas, das ich nicht identifizieren kann.
Irgendwo in dem Haus höre ich ein Kind weinen, und ich renne in die Richtung, aus der das Geräusch kommt, und schreie: »Wo bist du?« Der Gang erstreckt sich vor mir; er wird länger und länger, während ich ihn entlangstolpere mit einem Gefühl, als watete ich in Teer
.
Jetzt fleht die Kinderstimme: »Hilf mir, hilf mir!«, und die Beine werden mir mit jedem Schritt schwerer. »Hilf mir, hilf mir!« Ein herzzerreißender Schrei
.
Ich schreie: »Bitte sag mir, wo du bist! Ich will dir doch helfen!«
Mein Mund ist trocken, mein Herz hämmert, und ich zwinge mich dazu, in Bewegung zu bleiben. Ich öffne jede Tür des endlosen Gangs, und endlich stoße ich auf ein möbliertes Schlafzimmer, in dem ein schluchzender Junge auf einem riesigen Himmelbett sitzt; neben dem Bett brennt eine Kerze auf einem kleinen Tisch. Das Kind streckt mir seine Ärmchen entgegen, als wollte es mich umarmen, und ich beuge mich vor; die Arme legen sich mir um den Hals, und der Junge lehnt seine Wange an mein Gesicht. Ich wiege ihnsanft in meinen Armen, während er ruhiger wird, und dann beginnt das Flehen wieder von vorn: »Hilf mir, hilf mir, hilf mir …«
Ich frage: »Wie kann ich dir helfen?«, und plötzlich hebt er seinen Kopf; lange spitze Reißzähne werden sichtbar, und dann schlägt er sie mir in den Hals. Ich kämpfe gegen ihn an, versuche, ihn von mir zu stoßen, den
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