Kismet Knight
Griff zu lösen, der sich wie ein Schraubstock um meinen Hals geschlossen hat, aber seine Kraft ist unvorstellbar.
Irgendwann falle ich auf das Bett zurück, fast ohne zu atmen, und eine andere Stimme – eine fürchterliche, widerwärtige Stimme, die ich schon einmal gehört habe – führt das Flehen des Kindes fort. »Hilf mir, hilf mir, hilf mir …« Ich schließe die Augen und erwarte zu sterben, und die vertraute Stimme sagt: »Ah, so sehen wir uns wieder!« Im Traum öffnen sich meine Augen, und jetzt liege ich nicht mehr auf dem Bett in dem alten Haus. Ich bin lebendig in einem verrottenden Sarg begraben …
»
Nein! Lass mich raus!«, schrie ich, während ich mich aufzusetzen versuchte. Mein Herz raste, und meine Haut fühlte sich heiß an, als hätte ich in der Nähe eines Feuers gesessen.
An zwei Stellen pochte ein Schmerz an meinem Hals, und meine Lungen brannten, als ich nach Atem rang.
Die widerwärtige Stimme hallte mir noch in den Ohren und schien über meine Haut zu kriechen. Es war dieselbe abstoßende Stimme, die ich auf der Straße vor dem
Crypt
gehört hatte, bevor mein Bewusstsein mich im Stich gelassen hatte.
Ich stieß und kämpfte gegen die Hände an, die mich festhielten, als hinge mein Leben davon ab.
»Schhhh! Kismet, es war nur ein Traum. Du bist hier bei mir, du bist in Sicherheit!«
Ich keuchte und zwang mich dazu, die Augen zu öffnen.
Devereux saß neben mir auf dem Bett und hielt mich fest; sein Gesichtsausdruck war besorgt. Mir ging auf, dass ich mitArmen und Beinen um mich geschlagen haben musste. Meine Wangen waren nass, und ich zitterte am ganzen Körper.
»Es war nur ein Traum. Niemand wird dir weh tun.« Devereux zog mich in seine Arme und wiegte mich hin und her, wie ich das Kind in meinem Alptraum gewiegt hatte.
»Nur ein Traum. Ich weiß nicht mehr, was das eigentlich bedeutet.« Ich hatte kein Gefühl von Normalität mehr, weder mit offenen noch mit geschlossenen Augen; zu irgendeinem Zeitpunkt musste ich den Strohhalm der geistigen Gesundheit losgelassen haben, an den ich mich zuvor geklammert hatte.
Ich schloss die Augen wieder und ließ mich in das beruhigende Wiegen, in Devereux’ Gegenwart hineinsinken. Ich vergrub das Gesicht in seinem seidigen Haar und schwelgte in seinem würzigen Duft. Ich wusste selbst nicht, was an ihm es war, das mir so
richtig
vorkam – so vertraut. Aber inmitten des Irrenhauses, zu dem mein Leben geworden war, war ich beinahe willens, nicht mehr zu denken und nur noch zu vertrauen.
Er griff nach einer Flasche Wasser, schraubte sie auf und reichte sie mir. Ich schüttete die Hälfte des Inhalts in einem einzigen langen Zug hinunter; erst nachträglich und nachdem er es nicht mehr war, ging mir auf, wie trocken mein Mund zuvor gewesen war. Ich stellte die Flasche auf dem Nachttisch ab und fühlte mich auf einmal verlegen. Da saß ich nun in einem prachtvollen Bett in den Armen eines blonden Gottes und konnte an nichts anderes denken als daran, dass mein Trainingsanzug zerknittert war und ich einen schlechten Geschmack im Mund hatte. Was im Hinblick auf den Geruch meines Atems nichts Gutes ahnen ließ.
Devereux lächelte und strich mir über das Haar.
»Mit deinem Atem ist alles in Ordnung, aber wenn du dich noch eine Weile ausgeruht hast und dich dann herrichten willst,kann ich dich mit allem ausstatten, was du brauchst. Aber jetzt, glaube ich, solltest du dich wieder hinlegen. Du siehst immer noch blass aus.«
»Das klingt ziemlich alarmierend, wenn es ausgerechnet von dir kommt«, zog ich ihn etwas verlegen auf, schon um das Thema zu wechseln.
Er grinste. »Ja, man könnte wohl sagen, dass ich auf Sonnenmilch verzichten kann.«
Er legte mir die Hand auf den Hinterkopf, umschloss ihn sanft mit den Fingern und zog ihn wieder auf das Kissen hinunter. Es war wirklich ein wunderbares Gefühl, wieder auf die weiche Matratze zurückzusinken. Er streckte sich neben mir aus, so dass unsere Körper sich berührten, stützte den Kopf in die Hand und sah mich an.
»Kismet, hast du in letzter Zeit mehr geträumt – mehr als üblich?«
Ich dachte an die Reißzähne des kleinen Jungen, die sich in meinen Hals bohrten, und meine Haut wurde klamm.
»Es ist nicht, dass ich mehr träumte als üblich. Ich träume immer. Es ist eher, dass die Träume Alpträume sind – fürchterliches Zeug. Ausführlich und blutig und gewalttätig. Vollkommen anders als das, was ich normalerweise träume. Warum fragst du das?«
»Weil mir das Gleiche
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