Kiss and kill: Thriller (German Edition)
auf die braune, klumpige Grütze. Kein Zucker, keine Sahne, keine Butter.
»Du kannst versuchen, selbst zu essen, oder ich füttere dich.«
Sie nahm den Löffel, den er neben die Schale gelegt hatte. »Ich mache es selbst.« Sie sah zu ihm auf. »Danke.«
Sein selbstzufriedenes Lächeln wurde breiter. »Ich wusste, dass du wundervoll sein würdest. Die Beste der Besten.«
Als er den Arm ausstreckte und mit seiner fleischigen Hand über ihren Rücken und ihre Schulterblätter streichelte, reagierte jeder Nerv ihres Körpers mit Ekel. Ihre Muskeln spannten sich an, aber sie zeigte keinerlei Reaktion, wich nicht aus.
Wenn er versucht, mich zu vergewaltigen …
Nein, das würde er nicht. Das gehörte nicht zu seinem Tatmuster. Keines seiner Opfer wies Anzeichen von Vergewaltigung auf.
Nic umfasste den Löffel mit der rechten Hand, tauchte ihn in den Haferbrei und löffelte ihn in ihren Mund. Geschmacklose Pampe. Aber sie hatte Hunger und keine Ahnung, wann er ihr wieder etwas zu essen geben würde. Sie war entschlossen, alles zu nehmen, was er ihr anbot, um am Leben und bei Kräften zu bleiben. Sie aß hastig, so dass sie die Schale binnen weniger Minuten geleert hatte.
»Braves Mädchen.« Er tätschelte ihr den Kopf. »Jetzt bringen wir dich zu deinem ersten Ausflug in den Wald. Heute bleiben wir nicht lange, nur so lange, bis du die Regeln begriffen hast. Wenn du artig bist, darfst du heute Abend baden oder noch etwas essen.«
So dringend sie auch ein Bad brauchte, würde sie sich allemal für Essen statt für Reinlichkeit entscheiden.
»Sag mir doch einfach, was ich tun soll.«
»Ich zeige dir, wo du die meiste Zeit tagsüber verbringen wirst. Und ich erkläre dir die Regeln, die du dir merken und denen du folgen musst. Brichst du die Regeln, wirst du bestraft. Machst du Punkte, wirst du belohnt.«
»Und wie verdiene ich mir Punkte?«
»Indem du die Jagd überlebst, selbstverständlich.«
Sie starrte ihn an. Gewiss erkannte er ihre Ratlosigkeit.
»Heute Morgen veranstalten wir nur einen kleinen Durchlauf«, sagte er. »Bloß eine Probe. Morgen früh dann bringe ich dich tiefer in den Wald, und am Ende nehme ich dir die Fußfesseln ab, damit du frei laufen kannst.« Er streichelte ihren Kopf, wobei seine Finger durch ihr Haar glitten. »Es wird dir gefallen, nicht wahr, Nicole? Frei zu laufen. Zumindest bis ich dich fange.«
Sanders öffnete die Arbeitszimmertür und lugte hinein. Yvette, die im Sessel am Kamin saß, hob den Kopf von der Lehne, sah zu ihm und legte den Finger an die Lippen, um ihm zu bedeuten, er sollte Griffin nicht wecken. Der lag vollständig bekleidet auf der Couch, die Füße an einem Ende überhängend, und schlief. Sein Atem ging ruhig und regelmäßig.
Yvette stand auf, schlich auf Zehenspitzen zu Sanders und ging mit ihm auf den Flur hinaus. Sie schloss leise die Tür hinter sich, bevor sie etwas sagte.
»Vor ungefähr einer Stunde ist er endlich eingeschlafen – vor lauter Erschöpfung.«
»Ich habe frischen Tee in der Küche. Ich dachte, wir könnten vielleicht reden, bevor Griffin aufwacht und sich die anderen im Haus rühren«, schlug Sanders vor.
Sie klopfte ihm sacht auf den Arm. »Die nächsten Tage wird er uns brauchen. Und sollte Nicole Baxter ermordet werden … Sie bedeutet ihm sehr viel, viel mehr, als ihm selbst klar ist.«
Beide sagten nichts mehr, bis sie am Küchentisch saßen und jeder eine Tasse heißen Tee vor sich stehen hatte.
Yvette nippte an ihrem Tee und stellte die Tasse wieder ab. »Was Griffin gerade durchmacht, ist weder für dich noch für mich leicht. Wir teilen seine Erinnerungen, haben seinen Schmerz genauso erlebt wie er unseren.«
»Und wir werden auch diese Erfahrung mit ihm teilen. Wir stehen das mit ihm durch, egal was geschieht.«
»Er war deinetwegen besorgt, weil er dir gesagt hatte, dass Nicole schwanger sein könnte.«
»Ich bete, dass sie es nicht ist.«
»Ja, ich auch. Sollte sie umgebracht werden und Griffin entdecken, dass sie sein Kind trug … Das kann, nein, das darf nicht wieder passieren.«
Sanders griff über den Tisch nach Yvettes Hand. »Wir sind heute ebenso machtlos, das große Böse aufzuhalten, wie wir es bei dem Bösen waren, das uns vor Jahren unsere Liebsten nahm.«
Yvette drückte seine breite, starke Hand. »Falls Nicole stirbt, weiß ich nicht, ob ich Griffin aus der Dunkelheit holen kann, in die er dann stürzen wird.«
»Wir werden es versuchen. Wenn nötig, begleiten wir ihn durch die
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