Kiss and kill: Thriller (German Edition)
Finsternis.«
Yvette zog ihre kleine zarte Hand aus Sanders’ zurück und ballte sie zur Faust. »Griffin muss unbedingt aktiv in die Suche nach Nicole eingebunden werden. Falls nötig, erfinde Sachen, die er tun kann. Aber achte darauf, dass er es nicht merkt. Je weniger Zeit ihm zum Nachdenken bleibt, umso besser. Und je weniger er allein ist, umso besser. Einer von uns beiden sollte immer so lange bei ihm sein, wie er uns lässt.«
»Ja, dem stimme ich zu.«
Sie saßen friedlich schweigend beisammen und tranken ihren Tee aus. Dann stand Yvette auf, ging um den Tisch herum zu Sanders und küsste ihn auf die Wange.
Beide schraken auf, als jemand hörbar die Luft anhielt. Sanders sah in die Richtung, aus der das Geräusch kam, und bemerkte Barbara Jean in der offenen Tür. Ihre Blicke begegneten sich nur kurz, ehe sie das Gesicht abwandte.
»Entschuldigung. Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass ich störe.« Barbara Jean fuhr ihren Rollstuhl zurück.
»Warte«, sagte Yvette rasch. »Bitte, komm zurück. Ich wollte sowieso nach oben gehen, duschen und mich umziehen. Ich bin sicher, dass Sanders sich freut, wenn du ihm heute Morgen etwas Gesellschaft leistest.«
Yvette blieb neben Barbara Jean stehen, lächelte ihr zu und verschwand. Sanders stand Barbara Jean gegenüber, die sich weigerte, ihn anzusehen, während sie in die Küche kam.
Als er sich ihr näherte, wich sie vor ihm zurück und rollte zum Kühlschrank. Er packte die Griffe ihres kleinen, klappbaren Rollstuhls und hielt sie an. Dann ging er um sie herum, bis er vor ihr war, und hockte sich vor sie hin. »Du hast überhaupt nicht gestört«, erklärte er ihr. »Yvette und ich sind alte Freunde. Ich habe dir bereits erzählt, dass sie für Griffin und mich wie eine Schwester ist. Sie und ich unterhielten uns darüber, wie sehr wir uns um Griffin sorgen.«
Barbara Jean hob den Kopf und sah scheu zu Sanders, dann wieder auf die gefalteten Hände in ihrem Schoß. »Die Entführung von Special Agent Baxter setzt ihm schrecklich zu, stimmt’s?«
Sanders nahm Barbara Jeans Hände. »Sie sind sich nahegekommen, als sie zusammen an dem Jäger-Fall arbeiteten. Sehr nahe.«
»Oh. O nein!«
»Du verstehst also, warum die Sache für ihn sehr persönlich ist, genauso wie es bei mir wäre, würde dir so etwas zustoßen.«
Nun endlich sah sie ihn an, und ihre dunklen Augen glänzten vor Tränen. »Damar … Du hast noch nie etwas über … über uns gesagt.«
»Und jetzt ist nicht die Zeit dazu«, entgegnete er. »Nicht solange Griffin mich während der nächsten Wochen so dringend braucht. Verstehst du das?«
»Ja, das verstehe ich.« Sie drückte seine Hand und lächelte tapfer. »Ich hoffe, du weißt, dass ich auch Gefühle für dich habe.«
Er hob ihre rechte Hand an seine Lippen, küsste erst ihre Hand und dann ihre Wange. Eines Tages würde er Barbara Jean von Elora erzählen. Und von dem Kind, das er mit ihr verlor.
An jedem der drei vergangenen Tage hatte er sie in den Wald gebracht und freigelassen. Am ersten Tag war er mit ihr die Regeln durchgegangen.
»Ich sage sie dir nur einmal. Du musst sie dir merken.« Sie merkte sie sich. Jede einzelne seiner Regeln zu befolgen, erhöhte ihre Überlebenschance. Er wollte eine gute Jagd, erwartete von seiner Beute, dass sie schlau, agil und fähig war, um ihr Leben zu rennen. Jetzt begriff Nic, wieso er sich nur Frauen in Topform ausgesucht hatte. Eine langsame oder schwache Beute wäre wohl keine Herausforderung gewesen. Die Frauen, die er wählte, mussten imstande sein, drei Wochen lang am Leben zu bleiben, und das bei minimaler Ernährung, sehr wenig Wasser und unter entsetzlichsten Bedingungen. Nur die Stärksten hielten die Hölle durch, die er ihnen zumutete.
Am ersten Tag war sie für eine Stunde draußen geblieben. Dann hatte er sie zum Haus zurückgebracht, runter in den Keller, und sie wieder an die Wand gekettet. An dem Abend brachte er sie nach oben und ließ sie ihre Belohnung wählen, weil sie ihm während der Scheinjagd am Morgen gefallen hatte. Sie entschied sich für zwei Scheiben Brot und eine Tasse Wasser anstelle einer Dusche. Gestern hatte er ihr die Fußschellen abgenommen, als er sie freiließ.
»Ich gebe dir fünfzehn Minuten Vorsprung«, hatte er gesagt.
Schwein!
Sie war so weit und so schnell gerannt, wie sie konnte, ohne auf die Richtung zu achten oder darauf, wie viel Zeit verging. Schließlich war sie stehen geblieben, hatte gelauscht und gewartet. Aber nur wenige
Weitere Kostenlose Bücher