Kiss and kill: Thriller (German Edition)
fast drei am zehnten Tag, und er hat noch nicht angerufen.«
»Und allein spazieren zu gehen erzwingt seinen Anruf?«
»Nein, aber ich will allein sein, um nicht die nächste Wand einzuschlagen.«
Sanders lächelte. »Falls du nicht zurück bist, wenn Mr. Bellamy eintrifft, soll ich dich dann anrufen?«
»Ja, bitte tu das.«
Griff ging hinaus in die frische Herbstluft. Das Sonnenlicht wärmte den Boden, doch eine kühle Brise hielt die Temperaturen unter fünfundzwanzig Grad. Thanksgiving stand bevor, jenes Fest, an dem Familien und Freunde zusammen die Segnungen des Lebens feierten. Griff hatte sich für so vieles zu bedanken, mehr noch als viele andere. Doch er würde alles hergeben, was er besaß, wenn er dadurch Nic retten könnte.
Nicki.
Lächelnd dachte er daran, wie sie reagierte, als er sie erstmals so nannte. Sie hatte gewusst, dass er es nur tat, um sie zu ärgern.
Aber in der Nacht, in der sie sich liebten, hatte er sie ebenfalls Nicki genannt.
»Meine wunderschöne Nicki. Meine wunderschöne, verführerische Nicki.«
Sie hatte gelacht, den Kopf in den Nacken geworfen, sich rittlings auf ihn gehockt und zu ihm heruntergebeugt. »Du findest mich verführerisch?«, hatte sie geflüstert, ihre Lippen direkt an seinen.
O Gott, bitte … Wenn du irgendwo da oben bist, wenn es dich gibt und wenn dir tatsächlich auch nur ein bisschen an uns Sterblichen liegt, dann bitte ich dich um dies eine: Schütze sie.
Griff nahm den Kiesweg, der zwischen den Bäumen hindurch zum alten Bootshaus und von dort im Bogen zurück zum Herrenhaus führte. Er liebte sein Privatgrundstück am See, genoss die Einsamkeit wie die Schönheit. Die meisten Herbstfarben waren verblasst, die Bäume teils kahl und alles wie in Grau- und Brauntönen gemalt, die nur hier und da von immergrünen Pflanzen durchbrochen wurden.
Verdammt, Nic, warum bist du an dem Morgen nicht einfach bei mir im Bett geblieben? Wärst du doch nur nicht zum Walken gegangen! Wäre ich doch bloß wach gewesen und mit dir gekommen. Wäre …
Wo auch immer du bist, was auch immer er dich durchmachen lässt, bleib stark, Süße. Bleib stark. Lass dich nicht von ihm besiegen. Du musst wissen, dass ich alles tue, was ich kann, um dich zu finden.
Griff näherte sich dem Bootshaus, als sein Handy klingelte. Für einen Sekundenbruchteil war er wie versteinert, dann holte er das Telefon hervor. Unbekannter Anrufer. Und eine Nummer, die er nicht erkannte.
»Griffin Powell hier.«
»Haben Sie gedacht, ich würde nicht mehr anrufen?«
Er wollte fragen: »Wie geht es Nic? Geht es ihr gut? Bitte, tun Sie ihr nichts. Ich gebe Ihnen alles, alles, wenn Sie sie nur gehen lassen.« Stattdessen sagte er nichts.
Der Schweinehund lachte.
»Wenn Sie mich nett bitten, lasse ich Sie mit Nicole sprechen.«
»Was?«
»Sie haben mich gehört.«
Machte er Witze? Hatte er tatsächlich vor, ihn mit Nic reden zu lassen? Falls der Bastard ihn betteln hören wollte, würde er betteln. Verdammt, er würde zu Kreuze kriechen! »Würden Sie mich bitte mit Nic … Nicole reden lassen?«
»Gewiss doch. Sehen Sie, wie leicht das ging? Sie brauchten bloß zu tun, was ich Ihnen sagte.«
»Kann ich jetzt mit ihr sprechen?«
»Ich halte ihr das Telefon«, sagte der Anrufer. »Sie wird Ihnen den nächsten Hinweis geben, und der ist richtig gut, also passen Sie auf.«
»Griff?« Ihre Stimme klang schwach. Er hörte ihre Angst, aber auch ihre Entschlossenheit.
»Nic, Nicki, Liebling. Wo …?«
»Louisianamoos«, sagte sie. »Vorkriegshaus und …«
»Du Schlampe!«, schrie der Jäger.
Griff hörte einen lauten Knall, dann noch einen. Nic hatte seine Befehle nicht befolgt, hatte Griff nicht den Hinweis gegeben, den sie geben sollte. Das Letzte, was er hörte, war Nics Stöhnen.
»Nic!«, rief er. Aber die Leitung war tot.
Griff ballte die Hände und stapfte hinüber zum alten Bootshaus, wo er vor Wut die Faust durch die verwitterte Holztür rammte. Der Schmerz fuhr ihm von der Hand den Arm hinauf, schwand jedoch ungleich schneller als der in seinem Innern, der ihn zu zerreißen drohte.
Nic leckte das Blut von ihrer Lippe und spuckte es auf den Boden. Auch wenn sie ihrem Entführer am liebsten ins Auge gespuckt hätte, achtete sie sorgsam darauf, ihn nicht zu treffen. Sie wusste, dass er sie bestrafen würde – kein Essen, kein Wasser und eine weitere Nacht im Käfig. Die zwei Schläge ins Gesicht hatten weh getan, aber was auch immer sie ertragen musste, es war das Wagnis wert,
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