Kiss and kill: Thriller (German Edition)
zu und nahm ihn und Emily zusammen in die Arme. Erst als die Kleine strampelte und quäkte, ließ Lindsay los.
Nic rollte sich in einer Embryonalstellung zusammen, die Beine angezogen und die Arme vor der Brust verschränkt. Es gab keinen Platz, sich zu bewegen, und erst recht keine Möglichkeit, dem winzigen Käfig zu entkommen.
Heute hatte er sie doch gefangen.
Es war ihre eigene Schuld gewesen. Sie hatte ein kleines Bachbett entdeckt und dem Wunsch nicht widerstehen können zu baden. Ein bisschen zu lange hatte sie im Wasser getrödelt, statt weiterzulaufen und ihm einen Schritt voraus zu bleiben.
Heute Abend gab es weder Brot noch Wasser. Keine Belohnung, weil sie ihn nicht zufriedengestellt hatte.
»Du enttäuschst mich«, hatte er gesagt. »Ich habe dich viel zu schnell gefangen. Die Jagd war unbefriedigend. Leider muss ich dich dafür bestrafen.«
Ihre Strafe bestand darin, dass er sie in einen Metallkäfig sperrte, der groß genug für einen mittelgroßen Hund war und mitten im Wald stand, wo sie die Nacht verbringen musste.
Sie konnte nicht schlafen. Ihr Magen rumorte vor Hunger. Sämtliche Gliedmaßen schmerzten, weil sie über Stunden in diese Stellung gezwungen waren. Und ihr war kalt. So kalt. Noch dazu regten die nächtlichen Naturgeräusche ihre Phantasie an. Jedes Vogelgurren, jeder Tierschrei und sogar der nächtliche Wind in den Baumwipfeln schien eine Gefahr anzukündigen. Im Wald gab es doch Schlangen, oder? Und Abermillionen von unheimlichen Krabbeltieren. Von den Raubtieren ganz zu schweigen.
Ihr Verstand jedoch sagte ihr, dass die wahre Gefahr nicht hier draußen nachts im Wald lauerte. Die echte Gefahr war das Tier, das sie morgen früh aus dem Käfig lassen und aufs Neue aussetzen würde.
Kapitel 18
Zehn Tage. Zehn peinigend lange, entsetzliche Tage. Vor vielen Jahren hatte Griffin weit mehr als anderthalb Wochen in der Vorhölle verbracht und sie doch überlebt. Aber das hier war eine neue Art von Hölle, bei der nicht sein Leben auf der Kippe stand, sondern das einer Frau, die ihm sehr viel bedeutete. Ohne die Unterstützung seiner Freunde – Sanders, Yvette, Barbara Jean, Lindsay und Judd – hätte er es vielleicht gar nicht so weit geschafft. Aber sie alle waren bei ihm, sorgten dafür, dass er beschäftigt war, und wenn auch nur ein winziger Fetzen Information vom FBI oder seinen Leuten kam, ermutigten sie ihn, an das Unmögliche zu glauben: dass sie Nic irgendwie finden könnten, ehe es zu spät war.
Als er es sich anders überlegte und entgegen ihrem Rat beschloss, eine Belohnung für Informationen auszusetzen, hatten sie ihm nicht widersprochen. Sanders heuerte zusätzliche Leute auf Teilzeitbasis für die Zentrale an, die Anrufe entgegennahmen. Und die kamen auch sofort. Sein Verstand sagte Griff, dass eine Million Dollar völlig verrückt war, aber ihm lief die Zeit davon. Und verzweifelte Situationen erforderten verzweifelte Maßnahmen.
Seine Detektei war jeder Spur gefolgt, ganz gleich wie vage oder abwegig die Hinweise anmuteten. Die Powell-Agenten reisten durch die Südstaaten, griffen nach jedem Strohhalm und waren entschlossen, jeden Stein umzudrehen.
Doug Trotter rief gestern an, zum ersten Mal nach mehreren Tagen. Das FBI war nicht näher dran, Nic zu finden, als Griffs Detektei, und Trotter klang ernstlich besorgt.
Lindsay und Judd waren vor über einer Stunde zum Flughafen nach Knoxville gefahren, um Nics Bruder abzuholen und ihn nach »Griffin’s Rest« zu bringen. Griff hatte auch ihre Mutter eingeladen, aber Nics Stiefvater hatte ihm gesagt, dass ihr Arzt sie unter Beruhigungsmitteln hielt und von einer Reise abriete. Griff hatte der Ton des Colonels nicht gefallen, und instinktiv wusste er, dass er Nics Stiefvater nicht mögen würde, sollte er ihm jemals begegnen. In dem Moment allerdings, als er Charles David am Telefon hatte, spürte er sofort dessen Sorge und Liebe zu Nic, und er vermutete, dass Nics Bruder seiner Stimme dasselbe angehört haben musste.
Griff überließ die kleine Emily der Obhut von Barbara Jean und Yvette und zog sich ein leichtes Jackett über. Bevor er an der Haustür war, kam Sanders und bot ihm an, ihn auf seinem Spaziergang zu begleiten.
»Ich würde gern allein sein«, sagte Griff. »Nur heute.«
»Bist du sicher, dass das klug ist?«
»Den Tag, an dem er Nicole entführte und mich anrief, um mir den ersten Hinweis zu geben, sagte er, er würde mir am zehnten Tag den nächsten geben.« Griff sah Sanders an. »Es ist
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