Kissed by Darkness
verloren. »Was schaffen?«
Sie löste die Fesseln, ergriff meine Hand und drückte sie fest. »Ich bin Kabita Jones, Vampirjägerin und Dämonentöterin. Willkommen in meiner Welt, Morgan Bailey.«
Kapitel fünf
Am späten Nachmittag machte ich mich auf den Weg zu Eddie Mulligans Laden. Magie und Zaubertränke befand sich im Nordosten der Stadt, gar nicht weit von meinem Haus entfernt. Das Geschäft passte perfekt zum schicken Hippie-Boho-Stil des Viertels und lag eingeklemmt zwischen einem Gebrauchtwagenhändler und einer Burgerkette. Genau über der Eingangstür des baufälligen Gebäudes prangte ein riesiges drittes Auge und magische Symbole in Neonfarben zierten die gesamte Front. Es sah aus, als hätte es nur mit knapper Not einen Spraydosenangriff überlebt.
Als ich eintrat, bimmelte ein fröhliches Glöckchen über der Tür. Reihe um Reihe von Regalbrettern säumten die Wände, vollgepackt mit Kristallen, bunten Glasfläschchen, Schalen voller Kerzen und was weiß ich noch alles. Irgendwie gefiel mir dieses ganze Sammelsurium.
Ein schwerer Weihrauchgeruch hing in der Luft und aus der Stereoanlage erklangen Töne, die ziemlich sicher von einer Panflöte stammten, gepaart mit den Klängen eines Windspiels. Auch der eine oder andere Gong hatte sich in die Komposition verirrt. Eine gründlich misslungene Musikkreation aus chinesischen Elementen und Einflüssen aus den Anden. Falls man es denn überhaupt noch Musik nennen konnte. Ich verzog das Gesicht, als sich auch noch ein Hackbrett zu dem Mix gesellte.
Der Laden war leer. Keine Kunden und kein Eddie. Nicht einmal eine Tresenklingel, um auf sich aufmerksam zu machen. Ich beschloss, mich ein wenig umzusehen. An der Rückwand fand ich einen Durchgang zu einem zweiten Raum, der für ein Okkultismusgeschäft eigentlich ziemlich normal aussah. Hauptsächlich Bücher, ein paar Tarotkartensets, CDs, DVDs und anderer Kram. Die Bücher beschäftigten sich mit diversen spirituellen und magischen Themen. Ich zog eines hervor. Die Magie der körperlichen Liebe: Zaubersprüche und Tränke für ein erfülltes Sexleben.
Hmmm. Na, das war doch mal was. Jedenfalls wenn ich jemanden hätte, mit dem ich ein erfülltes Sexleben genießen könnte. Ich schob das Buch zurück.
Vielleicht gab es hier ja etwas über Sunwalker. Eher unwahrscheinlich, aber man wusste ja nie. Rasch überflog ich die Buchtitel. Es gab eine ganze Abteilung über mythische Wesen. Eine ganze Menge über Vampire, das meiste davon wahrscheinlich völliger Blödsinn. Aber nichts über Sunwalker. Zu schade.
Zu meiner Rechten waren noch zwei weitere Türen. Vorsichtig drehte ich den Knauf der ersten und öffnete sie. Die Toilette. Es ist immer gut zu wissen, wo die nächste Toilette ist.
Die zweite Tür führte in einen Lagerraum. Statt antiker Holzregale gab es hier nur billiges Metall, und Kisten mit noch verpackter Ware warteten darauf, geöffnet zu werden. Auf einem Schreibtisch stapelten sich Bücher und Papiere, zwischen denen ein offenbar hoffnungslos veralteter Computer beinahe unterging.
Auch hier kein Eddie. Langsam kam mir die Sache komisch vor. Man ließ nicht einfach seinen Laden offen und ging. Also war Eddie entweder völlig verblödet oder irgendetwas stimmte hier nicht. Vielleicht wusste er ja, dass ich da war, und versteckte sich vor mir oder so. Na klar. Weil ich ja auch so furchterregend war.
Ich räusperte mich. »Äh, Mister Mulligan? Eddie Mulligan? Cordelia Nightwing schickt mich. Eddie, sind Sie da?«
Da erschien ein Kopf aus der Decke. Um ein Haar hätte ich geschrien. Zum Glück gelang es mir aber noch, den Schrei zu unterdrücken und damit mein Selbstwertgefühl zu retten.
»Oh, hey«, rief mir der Kopf zu. »Ich habe gar nicht gehört, dass jemand hereingekommen ist. Manchmal höre ich die Türglocke auf dem Dachboden nicht. Cordy hat Sie also geschickt, was? Hab sie schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Anscheinend läuft es für sie ganz gut mit der Kristallkugel. Ich komme runter.« Der Kopf verschwand und wurde durch ein Paar Füße ersetzt. Dann kamen die Beine zum Vorschein und nach und nach der ganze Rest von Eddie Mulligan.
Er kletterte die Leiter herunter, wandte sich mir zu und wischte sich die Hände an der Hose ab. Er war klein – gut einen Kopf kleiner als ich, und ich war schon nicht wirklich groß. Ein Kranz grauer Locken umgab sein engelhaftes Gesicht und um seinen Hals lag eine burgunderrote Krawatte, die sich leider mit seiner senffarbenen Weste
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