Kissed by Darkness
Hölle glauben würde. Tue ich aber nicht. Wenn man von dem Paralleluniversum, aus dem die Dämonen stammen, einmal absieht. Da geht es bestimmt ziemlich höllisch zu. Und immerhin heißen die Portale zwischen unseren Welten ja auch Höllenlöcher.
»Mhm.« Es klang nicht, als würde er mir glauben.
»Hör mal, Jack, ich freue mich wirklich, dass du angerufen hast, aber … ähm … ich muss los. Wir reden später, ja?«
»Ja, okay.« Er räusperte sich. »Pass auf dich auf.«
»Klar. Mach’s gut, Jack.« Ungeschickt. Warum musste auch alles so verdammt kompliziert sein?
Als ich das Auto fast erreicht hatte, fühlte ich das bekannte Prickeln am Schädelansatz. Rasch suchte ich mit Blicken die Straße ab, dann sah ich ihn. Der Vampir schlenderte den Bürgersteig entlang und schien überhaupt nicht auf seine Umgebung zu achten. Er bemerkte mich nicht einmal. Und in diesem Viertel musste es einer von Kaldans Klan sein. Was ihre Reviere angeht, verstehen Vampire keinen Spaß.
Das war einfach fantastisch. Besser hätte ich es selbst nicht planen können.
Natürlich könnte es auch eine Falle sein. Tatsächlich war das sogar sehr wahrscheinlich, aber die Vampirjagd war nun einmal nichts für Hasenherzen. Wenn ich diesem Vamp bis zu Kaldans Unterschlupf folgte, konnte ich auf einen Schlag ein ganzes Nest ausrotten. Eine solche Gelegenheit ließ man nicht ungenutzt. Also zog ich mein Handy aus der Tasche und rief Kabita an.
»Ich hoffe, du hast einen guten Grund für diesen Anruf. Ich habe noch nicht mal was gegessen.« Kabitas Ton war so schneidend, dass er waffenpflichtig sein sollte.
»Ja, ja, schon gut, du Miesepetra. Hör zu, ich habe einen von Kaldans Lakaien bei den Park Blocks gesehen. Ich verfolge ihn.« Der Laut, den sie daraufhin von sich gab, war etwas zwischen einem Kieksen und einem Kreischen. Er war zwar schwer zu deuten, aber irgendwie klang es nicht nach »Super, hinterher«, sondern eher nach »Du hast sie doch nicht alle«, aber das war ich von Kabita gewohnt.
»Nicht allein. Hörst du mich, Morgan Bailey? Nicht allein, du verdammte Idiotin!« Jetzt klang ihre Stimme so schrill, dass sie damit Hunde taub machen könnte.
»Ich folge ihm nur bis zu Kaldans Versteck, dann rufe ich dich wieder an.« Ich legte auf, bevor sie mich noch weiter anschreien konnte. Sobald sie damit fertig war, mich zu verfluchen, würde sie Inigo einsammeln und sich auf den Weg zu mir machen. Auf jeden Fall würde ich Rückendeckung haben, wenn ich mich Kaldan stellte. Ich war schließlich nicht blöd. Na ja, jedenfalls nicht immer.
Ich folgte dem Vamp die Park Blocks entlang zur Burnside Street und dann eine Gasse hinauf, die parallel zu meiner früheren Wohnstraße liegt. Ich hatte in einer herrlichen kleinen Wohnung in Südwest Burnside gelebt, komplett mit riesiger Klauenfußbadewanne und einem ausklappbaren Wandbett unter einer Reihe Bücherregale, bevor mich das Schicksal und die verhängnisvolle Beziehung mit Alex nach London geführt hatten.
Für Vampire gibt es in dieser Gegend eine Menge Versteckmöglichkeiten. Außerdem sind die reichen Jagdgründe von Pittock Mansion nicht weit entfernt, und dann wären da noch die Shanghai Tunnels unter diesem Viertel, ein Geflecht aus Tunneln, erbaut im neunzehnten Jahrhundert, um die Keller und Lagerräume vieler Geschäfte mit dem Willamette River zu verbinden. So konnten die Kaufleute ihre Güter transportieren, ohne sich dem Straßenverkehr auszusetzen. Die Tunnel waren perfekt für Vampire, die sich auch tagsüber fortbewegen wollten, ohne zu einem Häuflein Asche zu verbrennen.
Zehn Minuten später hielt der Vamp an einer Ecke am Rand des Pearl-Distrikts und ich kauerte mich hinter einem geparkten Auto zusammen, während er sich rasch vergewisserte, dass ihm auch niemand gefolgt war. Entweder war er strohdumm oder das hier war wirklich eine Falle.
Dann hastete er eine schmale Seitengasse entlang und verschwand hinter einer Stahltür. Krachend fiel sie hinter ihm ins Schloss. Das Gebäude sah aus wie eine jener Backsteinlagerhallen, wie man sie im Pearl-Distrikt häufig findet, aber dieser Eindruck konnte täuschen. Die meisten der Lagerhallen in diesem Viertel waren umgebaut worden und beherbergten jetzt alles von trendigen Kunstateliers bis zu schicken Hochsicherheitslofts. Heute trifft man hier eher auf geschniegelte Yuppies als auf Arbeiterfamilien. Doch wie auch immer diese Lagerhalle von innen aussah, die Sicherheitsvorkehrungen würden Fort Knox wie einen
Weitere Kostenlose Bücher