KISSED
Kleider weg, und im Laden herrschte Chaos.
»Ich verstehe nicht, was da los ist«, sagte Meg.
Mom schüttelte den Kopf. »Ich dachte, sie würden sich über die neuen Kleider freuen.«
»Kleider?«, sagte Meg. »Du hast ihnen Kleider geschenkt?«
Dann erklärte sie, dass es okay ist, den Brownies etwas zu essen hinzustellen, aber niemals irgendeine Art von Bezahlung, und dass die Brownies immer fortgehen, wenn sie Kleider bekommen. »Niemand weiß, ob sie dann beleidigtsind oder ob sie denken, dass sie jetzt zu fein zum Arbeiten sind. Kein Brownie ist je dageblieben, um es zu erklären.«
Meine Mutter bedauerte das sehr, aber Meg winkte ab. »Oh, schon okay. Meine Brüder können auch mal etwas arbeiten. Ich fand es nie richtig, dass wir die Brownies hatten.«
Die Presse hat wie verrückt über die Prinzessin und über den Grund ihres Besuchs berichtet, deshalb ist es wenig überraschend, dass die ganze Zeit das Telefon klingelt. Es sind Promis, die auch ein Paar original Marco-Schuhe haben wollen, und Boutiquen, die sie in ihr Sortiment aufnehmen wollen. Wir erhalten sogar einen Anruf von Wendell, dem Parkaufseher, der uns zu unserem Erfolg gratuliert und von seinem eigenen erzählt: Er hat die Riesen als Hauptattraktion im Zirkus untergebracht. Als ihr Manager bekommt er zehn Prozent der Einnahmen, was weit mehr ist, als er bekommen hätte, wenn er den Frosch auf eBay verkauft hätte.
Mom nimmt all die Anrufe gern an, deshalb bin ich überrascht, als sie mir das Telefon gibt. »Ich glaube, das solltest du selbst übernehmen.«
»Hallo?«
»Hallo, ist dort Mr. Marco?«
»Ja, hier ist Johnny. Ich meine, Gianni.«
»Ich bin Carol Ellert. Ich bin Einkäuferin bei Saks Fifth Avenue.«
Mein Mund wird trocken. Trotzdem kann ich noch hervorwürgen: »Tut mir leid. Ich kann Sie nicht besondersgut hören.« Ich gebe Meg und den anderen ein Zeichen, dass mir bitte jemand ein Glas Wasser bringen soll. »Was sagten Sie, von wo aus rufen Sie noch mal an?«
»Saks Fifth Avenue. Wir würden gern ein Meeting mit Ihnen vereinbaren. Es geht darum, dass Sie unseren Laden mit Ihren Schuhen beliefern sollen.«
Meg kommt mit dem Wasser zurück. »Wer ist das?«, formt sie mit den Lippen.
»Saks«, sage ich lautlos, und wir vollführen auf der Stelle einen kleinen Freudentanz.
»Hallo?«, sagt die Stimme am anderen Ende. »Hallo? Sind Sie noch dran?«
»Ja sicher. Tut mir leid. Ich habe nur … da war eine Kundin.«
»Verstehe. Bald werden Sie eine ganze Menge Kunden haben. Nun, wie schon gesagt, würden wir uns gern mit Ihnentreffen. Würde es Ihnen nächsten Donnerstag passen?«
Ich stamme aus einer Familie, die seit vielen Generationen im Schuhgeschäft ist. Mein Großvater sprach von unserer Arbeit als Flickschusterei, aber das klingt mehr nach Pfuscherei als nach einem Beruf. Schon bevor ich geboren wurde, führte meine Familie den Schuhreparaturladen im Coral Reef Grand, einem schicken Hotel in South Beach, Miami. Zuerst führten ihn meine Großeltern, dann meine Eltern und jetzt führen ihn meine Mutter und ich. Und mein Vater. Auf diese Weise bin ich den Berühmten und den Berüchtigten begegnet, den Reichen und den Armen, Leuten, die Gucci, Bruno Magli, Manolo Blahnikund Converse an den Füßen tragen. Ich kenne die Schönen. Zumindest kenne ich ihre Füße.
Aber bis zu diesem Sommer hätte ich mir nicht träumen lassen, dass sie meine Schuhe tragen würden oder dass ich in ein Abenteuer verstrickt werden würde, in dem eine Hexe, sechs Schwäne, die früher Menschen waren und es jetzt wieder sind, und eine schöne Prinzessin, die angeboten hat, mich zu heiraten, vorkommen. Oder dass ich meinen Vater finden würde. Und ganz sicher hätte ich niemals gedacht, dass ich diese Prinzessin abweisen würde, um mit dem Mädchen, das auf der anderen Seite des Ganges arbeitet, zusammen zu sein.
Ich zwinkere Meg zu. In den Hörer spreche ich: »Ich muss mal eben in meinen Terminkalender schauen. Ich glaube, ich kann Sie definitiv noch irgendwo dazwischenschieben.«
Anmerkungen der Autorin
Mein Roman Beastly, der 2007 erschienen ist (auf Deutsch 2010, Anm. des Verlags), enthielt Anspielungen auf mehrere traditionelle Märchen. Seit seiner Veröffentlichung habe ich eine Menge E-Mails von Lesern erhalten, die darauf hinweisen, dass sie diejenigen dieser Geschichten, die nicht zu einem Film verarbeitet wurden, nicht kennen (z.B. Schneeweißchen und Rosenrot ). Da ich die Märchen der Gebrüder Grimm schon immer mochte,
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