Kissing a Fool
fahren? Erinnerungen an eine Nacht vor langer Zeit kommen wie ein Albtraum in mir hoch. Ich würge und übergebe mich auf dem Rasen. Nein, nicht schon wieder. Nicht wieder ein Opfer, das mit seinem Leben bezahlen muss, weil ein Styles sich nicht unter Kontrolle hatte und betrunken gefahren ist.
Ich will das nicht mehr! Ich will hier weg, und zwar sofort.
Wie von Sinnen renne ich zurück ins Haus und schnappe mir eine Sporttasche, werfe wahllos Klamotten hinein und gehe dann hinüber in Jadens Zimmer.
Er schläft, was auch sonst. So ein en Rausch muss man erst einmal gepflegt ausschlafen.
»Weißt du was, Jaden Jon Styles, du bist auch nicht besser als dein Vater!«, brülle ich, doch es ist fraglich, ob er mich überhaupt hört. Ich denke, eher nicht.
Wut pulsiert in meinen Adern, was verhindert, dass ich in Tränen ausbreche. Ziellos fahre ich mitten in der Nacht durch New Haven und weiß nicht, wo ich hin soll. Ich könnte in unser Haus fahren, doch da würde er mich zuerst suchen. Dass er mich suchen wird, steht außer Frage. Doch ich will nicht gefunden werden, weder von Jaden noch von sonst irgendjemandem. Bei Hope kann ich mitten in der Nacht auf keinen Fall aufschlagen, ihre Eltern würden vermutlich einen Herzinfarkt bekommen. Ich schalte das Radio an, um die Nachrichten zu hören. Vielleicht bringen sie etwas über einen Unfall. Der Tank meines Käfers ist voll, was ich vermutlich Jaden zu verdanken habe.
Immer weiter entferne ich mich vom Stadtkern, ziehe einen weiten Bogen, bis ich irgendwann ein Hinweisschild in Richtung New York sehe. Ich prüfe, ob ich meine Geldbörse dabei habe , und gebe Gas ...
Es dämmert, als ich in die Tiefgarage des Time Warner Center fahre und meinen Käfer parke. Es wundert mich, dass der alte Knabe es bis hierher geschafft hat, doch auf ihn war ja schon immer Verlass. Mit der Chipkarte gelange ich in den Fahrstuhl, der mich direkt in das richtige Stockwerk bringt. Ich brauche nur von dem Aufzug in Jadens Wohnung und bin untergetaucht.
Die Wohnung ist genauso, wie Jaden und ich sie vor einigen Wochen verlassen haben. Damals habe ich sein Geschenk nicht zu würdigen gewusst, weil ich mir nicht vorstellen konnte, was ich mit der Schlüsselkarte anfangen sollte. Wie schnell sich die Dinge doch ändern.
Ich schalte die Nachrichten auf dem riesigen Flachbildschirm ein, vielleicht habe ich Glück und sie berichten über den Unfall bei uns daheim. Das ist allerdings eher unwahrscheinlich, das weiß ich selbst. Das Land ist groß, wen interessiert hier in New York schon, was in einer Kleinstadt wie unserer los ist? Trotzdem zappe ich hektisch durch die vielen Programme. Die Ungewissheit bringt mich um. Verdammt, zu wissen, wen und was Jaden umgefahren hat, wäre einfacher zu ertragen, als diese Ungewissheit. Doch die lokalen Nachrichten berichten nur über eine Spendengala, verkünden die Börsendaten und freuen sich über einen schönen sonnigen Tag, mit stellenweise Nebel. Nichts über einen Unfall mit Fahrerflucht.
Im Sitzen fallen mir die Augen zu und ich beschließe, ins Bett zu gehen. Schlaf ist das, was ich jetzt am nötigsten brauche.
14. Kapitel
Mit dröhnenden Kopfschmerzen wache ich auf und muss sofort meine Augen wieder schließen, da die Sonne sich in meine Iris brennt und ich Gefahr laufe, mein Augenlicht zu verlieren. Oh mein Gott, ist mir schlecht!
Ich liege auf dem Bauch und versuche mich zu drehen, doch jede Bewegung verschlimmert meinen Zustand. Welcher Tag ist heute? Wie viel Uhr haben wir? Ich habe keine Ahnung, bin völlig orientierungslos. Mühsam schleppe ich mich ins Bad und trinke direkt aus dem Wasserhahn. Man n, habe ich einen Durst. Ich fühle mich, als hätte ich die Wüste auf der Zunge durchquert. Langsam quäle ich mich unter die Dusche. Das warme Wasser tut mir gut, bringt mich wieder zu den Lebenden zurück. Nur zögerlich gewöhnen sich meine Augen an das Licht und ich sehe allmählich wieder klar. Zurück in meinem Zimmer stelle ich den Fernseher an. Die Zwölf Uhr Nachrichten fangen gerade an. Heute ist Montag. Scheiße, ich muss zum Unterricht, doch daran ist gar nicht zu denken, ich werde mich krankmelden. Unbeholfen ziehe ich Jeans und T-Shirt an und lasse mich in der Küche blicken. Bestimmt ist Ava schon wieder zu Hause. Doch unten treffe ich nur auf Linda, die das Mittagessen kocht.
»Wie siehst du denn aus?«, fragt sie mit besorgtem Blick. »Du hast einen ganzen Tag
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