Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kite

Kite

Titel: Kite
Autoren: Blake Crouch
Vom Netzwerk:
Kein Verkehrs- oder Fluglärm, keine Geräusche, die auf die Gegenwart von Menschen hindeuteten.
    Na ja, bis auf McGlades schwappende Schritte.
    Phin schnüffelte und rümpfte die Nase. Es roch nach Kloake.
    »Ich war das nicht«, sagte Harry. »Ich hab nur Pipi gemacht.«
    Phin vermutete, dass sie sich an einem unterirdischen Ort befanden, entweder in der Kanalisation oder in der Nähe davon. Aber als sie zu einer weiteren Tür gelangten, stellte er fest, dass er sich geirrt hatte. Der Raum dahinter war etwa zwanzig Meter lang und voll mit braunem, übel riechendem Wasser. Weiter nahm er ein schwaches orangefarbenes Leuchten wahr.
    »Luther müsste mal seinen Pool sauber machen«, sagte Harry.
    »Da hinten ist ein Licht.«
    »Du hast doch nicht etwa vor, in diese Scheiße zu treten? Ich rieche schon schlimm genug.«
    Aber Phin watete bereits in die Brühe. Es war weder ein Abwasserkanal noch eine Jauchegrube, sondern etwas, das Luther aus irgendeinem perversen Grund hier aufgebaut hatte.
    Das Wasser war kalt. Phin hob die Hand und spürte einen Luftzug. Er lauschte eine Weile und vernahm das Brummen einer großen Klimaanlage.
    Was zum Teufel wollte Luther mit diesem Ort bezwecken?
    »Tut mir wirklich leid, Bruno«, jammerte Harry, als er hinter Phin ins Wasser stieg.
    Die beiden hielten sich am Rand, wo es nicht so tief war. Es war zwar ein Umweg, aber dafür reichte ihnen das Wasser nur bis zu den Oberschenkeln.
    McGlade hielt Phin mit seiner ständigen Nörgelei auf Trab.
    »Igitt, riechst du das?«, sagte McGlade. »Was meinst du, wie viele Krankheitserreger in dieser Brühe rumschwimmen? Das ist ja eine echte Gefahrenzone …
    … eine verdammte Gefahrenzone …
    … ich weiß nicht mehr, ob meine Impfungen überhaupt noch gültig sind …
    … igitt, ich bin gerade gegen etwas Festes gestoßen …
    … ich glaub, das war ’ne Schlange …
    … eine lange, braune, stinkende Schlange …
    … entweder das oder ein Stück Scheiße …
    … ich hoffe, es war ’ne Schlange …
    … igitt, es war doch Scheiße …
    … oder die Schlange war mit Maiskörnern bedeckt …
    … ich hasse Scheiße …
    … ich hasse Scheiße wirklich …
    … kannst du die Scheiße riechen, Phin?«
    »Harry, kannst du nicht einfach mal ein paar Minuten still sein? Bitte?«
    »Es klebt an mir fest, als ob ich ein riesiger Magnet bin, der Scheiße anzieht.«
    »McGlade …«
    »Klebt es auch an dir?«
    »McGlade!«
    »Okay, ich sag ja schon nichts mehr.«
    Es waren gerade mal zwanzig Sekunden vergangen, als Harry sagte: »Ich glaube, mir ist etwas davon in den Mund gespritzt.«
    Aber Phin richtete seine ganze Aufmerksam auf die Plattform vor ihm.
    Eine Plattform, auf der eine Leiche lag.
    Er beschleunigte seine Schritte und ging zu der Betonplatte mit dem toten Mann.
    Harry sagte: »Der Typ hatte es offenbar eilig.«
    »Eilig?«, sagte Phin und starrte auf den zerstückelten Leichnam.
    »Ja. Er hat sich schnellstens zum Henker geschert.«
    »Manchmal frage mich, wie dein Hirn arbeitet, Harry.«
    »Diesmal musste ich mir wirklich den Kopf zerbrechen.«
    Das orangefarbene Licht kam von einer Gaslampe an der Wand. Daneben stand eine Tür offen. Im Türrahmen hingen die Überreste eines Mannes.
    Plötzlich sah Phin etwas auf dem Boden. Es sah wie eine graue Zunge aus.
    Ein Klettverschluss von Jacks Schuh.
    »Jack war hier«, sagte er und eilte durch die Tür.
    Panisch und voller Hoffnung rannte er durch mehrere dunkle Gänge. Jack lebte noch. Sie war hier vorbeigekommen. Jetzt mussten sie sie nur noch finden.
    »Phin! Ich kann dich nicht mehr sehen, Kumpel!«
    »Ich bin hier drüben!«, rief er Harry zu und rannte weiter.
    »Phin!« Diesmal war es nicht Harry, sondern eine andere vertraute Stimme.
    Herb.
    »Herb! Hör nicht auf zu schreien!«
    Herb schrie weiter, und schließlich gelangte Phin in einen anderen kalten Raum.
    Herb saß auf dem Boden im Schlamm.
    Inmitten einer Blutlache.

Jack
    Meine Tochter schlief gerade, als die Tür aufging und Luther hereinkam. Er trug einen Metallzylinder mit einem Druckventil, an dem ein digitaler Zeitschalter befestigt war. Der Countdown startete bei fünfundachtzig Sekunden.
    Luther stellte das Gerät auf dem Ausguss neben dem Stuhl ab.
    »In weniger als eineinhalb Minuten wird dieser Kanister den Raum mit BZ-Gas füllen. Sie werden davon nur betäubt, aber ich fürchte, dass Ihr Kind sterben wird. Als Sie im Lastwagen waren, hat sie nur eine winzige Dosis abbekommen, weil sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher