Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
Unterschriftszeile.
»Gut, haben Sie einen Stift?«
Der Polizist reichte mir einen Kugelschreiber. Während ich meinen Namen unter die Aussagen setzte, fing er erneut an, etwas in seinen Computer einzugeben.
»Hier!«, rief er triumphierend aus. »Ich wusste doch, dass ich Ihren Namen schon mal bedeutend früher gehört habe.« Er wirkte zufrieden.
Meine Hand krampfte sich um den Kugelschreiber und ich musste mich anstrengen, meinen Namen leserlich auf das Papier zu bringen.
»Sie waren schon einmal aktenkundig, vor zehn Jahren. Habe ich recht? Damals waren Sie in einen Unglücksfall verwickelt.«
Ich schluckte, während ich ihm den Kugelschreiber zurück gab. »Ja, mein Bruder Ben ist im See ertrunken.« – Im schwarzen See, fügte ich in Gedanken hinzu.
»Genau. Der kleine Ben. Ich war damals bei der Suchmannschaft dabei, wissen Sie.« Er spielte gedankenverloren mit dem Kugelschreiber. »Seltsam, seine Leiche wurde nie gefunden.«
Rückartig stand ich auf. Beinahe wäre der Stuhl umgekippt. »Kann ich jetzt gehen?«, fragte ich mit erstickter Stimme.
Der Beamte sah mich überrascht an. »Ja, natürlich können Sie gehen. Entschuldigen Sie, wenn ich Sie mit dieser alten Sache aufgewühlt haben sollte. Das lag nicht in meiner Absicht.«
Ich nickte, drehte mich um und stürzte aus dem Polizeirevier.
Bei meinem Auto angekommen, atmete ich erst einmal tief durch. Ich setzte mich ans Steuer, doch ich fuhr nicht los. Meine Hände zitterten und dann bemerkte ich, wie mir die Tränen die Wangen hinabliefen.
»Ben!«, schluchzte ich. »Warum hast du mich verlassen?«
Als ich meinen Wagen später beim Sommerhaus parkte, bemerkte ich gleich, dass im gegenüberliegenden Haus Licht brannte. In der Auffahrt stand ein blauer Volvo. Vermutlich war der Nachbar, Herr Kvarnström, nun angekommen. Ich überlegte kurz, ob ich ihn begrüßen sollte. Doch ich hatte bestimmt noch ganz gerötete Augen. Was würde er dann wohl von mir denken? So entschied ich mich dagegen, parkte den Wagen und ging direkt ins Haus.
Als es dunkel wurde, fachte ich ein Feuer im Kamin an. Die letzten Abende war es merklich kühler geworden. Ich hatte mir gerade eine Kanne Tee gekocht, als es an der Tür klopfte. Ich öffnete. Draußen stand ein kleiner, rundlicher Herr. Etwas verlegen lächelnd streckte er mir seine rechte Hand hin. »Hej, du musst Sofie sein. Ich bin Uffe Kvarnström. Ich nehme an, mein Freund Rune hat meinen Besuch schon angekündigt.«
Ich nickte. »Ja, das hat er. Sie sind der Nachbar, bei dem eingebrochen wurde. Es tut mir leid.«
Herr Kvarnström winkte ab. »Eigentlich haben die Diebe nicht wirklich viel erbeutet. Meine Mikrowelle, meinen alten Fernseher und einen Toaster, den ich sowieso auf den Müll werfen wollte. Immer wenn man ihn einschaltet, fliegt die Sicherung raus.«
»Oh, dann kann man nur hoffen, dass der Toaster den Dieben ordentlich um die Ohren fliegt«, sagte ich.
Herr Kavrnström lächelte verschmitzt in seinen grauen Bart. Dann wurde er wieder ernst. »Der Schaden, den sie durch den Einbruch angerichtet haben, ist deutlich größer. Ich muss das Fenster und die Fensterläden reparieren lassen. Außerdem haben sie die Kristallfiguren-Sammlung meiner Frau zerstört.«
Ich nickte verständnisvoll und besann mich dann darauf, dass wir noch immer in der Tür standen. »Wollen Sie nicht hereinkommen. Ich habe gerade Tee gekocht.«
Herr Kvarnström nahm die Einladung dankend an und forderte mich auf, ihn Uffe zu nennen. Die Schweden bevorzugen eigentlich immer, sich zu duzen. Mir fiel es trotzdem schwer, mich daran zu gewöhnen, vor allem bei älteren Personen. Wenigstens hatte ich die Polizisten nicht duzen müssen. Ich führte Uffe in die Küche. Kurz darauf saßen wir beide am Küchentisch, jeder mit einer dampfenden Tasse schwarzen Tees vor sich.
»Die Schäden am Haus sind ärgerlich, aber zu beheben. Die Kristallsammlung ist leider nicht ersetzbar.« Er blickte betrübt in seine Tasse.
»Da wird Ihre Frau sicher sehr traurig sein. War die Sammlung kostbar?«
Uffe schüttelte den Kopf: »Nein, sie hatte lediglich einen Liebhaberwert. Für mich ist sie allerdings unersetzlich, denn diese kleinen Kristalltierchen erinnerten mich so an meine geliebte Greta. Meine Frau ist letztes Jahr gestorben.«
»Oh«, entfuhr es mir. »Mein herzliches Beileid.«
»Danke, es ist für mich immer noch schwer, aber Greta war schon lange krank. Wir waren am Ende froh über jede Minute, die wir noch zusammen
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