Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
ich. »Aber ich komme schon klar. Eigentlich wollte ich eher deine Meinung zu Kjell hören.«
»Du fragst mich ernsthaft, was ich von ihm halte?«, Liljas Stimme wurde zornig. »Dieser bescheuerte Typ soll mir mal unter die Augen kommen. Wie kann er dich so behandeln? Das ist der Grund, warum ich nicht auf schwedische Männer abfahre. Alles emotional blockierte Idioten!« Lilja redete sich immer mehr in Fahrt. »Da lobe ich mir die Franzosen. Kjell hat doch null Feingefühl. Nach allem was du durchgemacht hast! Dieses dumme A….«
»Na ja«, fiel ich ihr ins Wort. »Er weiß ja nicht, was mir passiert ist.«
»Unsinn!«, rief Lilja ins Telefon. »Auch wenn nichts passiert wäre, seine Reaktion war völlig unangemessen. Dieser Typ hat dich gar nicht verdient. Du bist zu gut für ihn. Wer weiß, vielleicht hast du recht und er steckt sogar mit der Sommerhaus-Bande unter einer Decke. Vielleicht solltest du zur Polizei gehen!«
»Nein!«, entfuhr es mir heftiger als gewollt. »Das war bloß ein blöder Gedanke von mir. Ich glaube nicht, dass er etwas damit zu tun hat und außerdem gehe ich doch nicht aufgrund wilder Vermutungen zur Polizei.«
»Nun gut, aber so oder so kannst du nur froh sein, dass du ihn los bist. Am besten hakst du ihn ab. Vergiss den Typ!«
»Hm«, machte ich.
Das war gar nicht so einfach wie gesagt. Lilja deutete mein Zögern richtig und schlug einen sanfteren Tonfall an. »Hör zu, Sofie. Er tut dir nicht gut. Du solltest dich nie mit Männern abgeben, die nicht gut mit deinem Herzen umgehen.«
»Du hast ja recht«, pflichte ich ihr bei.
»Ich muss jetzt auflegen, aber ruf mich an, wenn etwas passiert und sobald ich zurück bin, treffen wir uns im Café, okay?«, sagte Lilja.
»Ja und viel Spaß noch in Stockholm«, antwortete ich.
Nach dem Gespräch dachte ich wieder nach. Klarheit was Kjells Verhalten anging, hatte ich immer noch nicht gewonnen. Aber Lilja hatte recht. Die Ereignisse der letzten Tage waren wirklich etwas zu viel für mich gewesen und dann noch die traumatischen Erinnerungen an das Unglück vor zehn Jahren. Ich setzte mich mit einer Wolldecke auf das Sofa.
Am Himmel waren nun Wolken aufgezogen und es fing an zu regnen. Das passte wunderbar zu meiner Stimmung. So wie es aussah, würde der Regen den ganzen Nachmittag anhalten. Ich griff nach meinem Krimi und versuchte zu lesen. Aber meine Gedanken wanderten immer wieder zu Kjell. Warum nur? One Ear hatte es sich neben mir auf dem Sofa bequem gemacht und ich kraulte seinen Bauch. Der Kater schnurrte genüsslich.
Langsam wich die Traurigkeit einem Gefühl von Wut. Ich war wütend darüber, wie Kjell mich behandelt hatte. Aber am meisten ärgerte mich, dass sich meine Gedanken ständig um ihn drehten. Ich boxte in ein Sofakissen. Der Kater hob verwirrt den Kopf und blickte mich an.
»One, ich glaube, ich habe mich in diesen dummen Kerl verliebt! Was soll ich nur tun?«
One Ear legte den Kopf schief und sah mich an, als wollte er sagen, was fragst du mich? Ich bin nur ein Kater. Dann sprang er auf den Boden und schlich in die Küche, um zu gucken, ob noch etwas Fisch für ihn bereitstand.
Sein Maunzen ließ jedoch vermuten, dass der Napf mal wieder leer war.
Ich erhob mich vom Sofa und ging in Küche. Der Kater strich erwartungsvoll um meine Beine. Doch der Küchenschrank war leer. »Oh, ich befürchte, das Katzenfutter ist schon wieder alle. Captain One Ear, du frisst mir wirklich die Haare vom Kopf!«
»Miau?«
***
Eine Stunde später schob ich einen Einkaufswagen durch die Gänge des ICA-Marktes und packte großzügig Lebensmittel ein. Diesmal hatte ich extra viele Katzenfutterdosen im Wagen gestapelt und steuerte nun auf die Gemüseabteilung zu. Auf dem Weg fiel mir ein Aufsteller mit Schmuck ins Auge. Ich blieb kurz stehen und stöberte bei den Ketten. Es gab hier rosa Hello-Kitty-Ketten für Mädchen und Lederbänder mit Hornanhängern für die Jungen. Es waren aus dunklem oder hellem Horn geformte Anhänger, die in einem Bogen spitz zuliefen und fast wie der Zahn eines Tigers aussahen. Das obere Ende war breit und hatte eine silberne Einfassung, mit der der Anhänger an einem Lederband befestig war. So einen Hornanhänger hatte Ben getragen. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie unsere Mutter die Kette in Jönköping für Ben gekauft hatte, nachdem er ihr stundenlang damit in den Ohren gelegen hatte. Er hatte das Lederband mit dem Anhänger immer getragen, auch an dem Tag als er ertrank. Ich überlegte kurz,
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