Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
schmalen Halbinsel lagen einige flache Felsen im Wasser, von denen man sehr gut die Angel auswerfen konnte. Es war eine vielversprechende Stelle, wenn man vom Ufer aus fischen wollte. Dort gab es viel Schilf und Wasserpflanzen in denen sich auch Barsche tummelten.
Ich brachte die leere Kaffeetasse in die Küche. Dann steckte ich meine Angelrute zusammen und packte das nötigste Zubehör in eine kleine Umhängetasche. Bei der Wahl der Köder entschied ich mich dieses Mal für Gummifische. Ich suchte einige unterschiedlich gefärbte Exemplare aus dem Angelkoffer heraus. Die Gummifische hatten nur einen Haken. So gab es deutlich weniger Hänger im Kraut und wenn man doch mal mit dem Köder hängenblieb, ließen sich die Gummifische meistens durch einem Ruck an der Angelrute wieder lösen. Das war beim Fischen von Land aus vorteilhaft, weil ich nicht an Stellen heran rudern konnte, wenn sich der Köder an einer Wasserpflanze verhakte. Ich griff nach meiner Windjacke und zog mir meine rosa Gummistiefel an.
»In zwei Stunden bin ich wieder da, One. Dann gibt es Frühstück.«
Der Kater lag mit geschlossenen Augen auf dem Sofa. Er ließ sich nicht von meiner Aufbruchsstimmung stören. Nur ein Wackeln seines kaputten Ohres zeigte mir an, dass er das Wort Frühstück gehört hatte.
Ich lief den vertrauten Pfad entlang. Zwischen den Bäumen blitzte immer wieder das Wasser des Sees auf. Im Wald war die Luft feucht und kalt. Ich zog die Jacke enger um mich und blickte zum Himmel. Wenn der Nebel sich im Laufe des Vormittags auflösen würde, könnte es wieder ein schöner Tag werden. Im Unterholz raschelte es. Vermutlich ein Tier. Auf der Halbinsel gab es keine Sommerhäuser, so bestand auch nicht die Gefahr der Sommerhaus-Bande zu begegnen. Vor allem nicht bei Tag. Aber plötzlich fiel mir ein, dass irgendwo in der Kommune Jönköping der entflohene Häftling unterwegs sein sollte. Energisch schüttelte ich den Kopf. Warum sollte er ausgerechnet hier sein? Vermutlich war der Mann schon längst weiter Richtung Süden geflohen. Ich hatte die Tage so viele Schrecken erlebt – ich wollte mich nicht noch selber verrückt machen.
Als ich endlich bei der Halbinsel ankam, folgte ich dem nach rechts abknickenden schmalen Trampelpfad zwischen hohen Farnen hindurch zur rückwärtigen Seite der Karibik. Ich suchte mir einen schönen flachen Felsen und legte meine Tasche ab. Die Nebelschleier auf dem See waren nun mehr kleine Fetzen. Auch der Himmel klarte zunehmend auf. Ich freute mich über meine gute Einschätzung des Wetters. Links von mir verbargen Kiefern und dichtes Gestrüpp den Blick auf den Sandstrand der Karibik. Ich zog einen Gummifisch aus der Tasche und wollte ihn gerade an der Angelschnur befestigen, als ich aufgeregte Stimmen vernahm. Eine Stimme erkannte ich sofort. Es war Kjell. Kjell! Mein Herz machte einen freudigen Hüpfer. Noch bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, war ich den Pfad ein Stück zurückgelaufen und zwängte mich durch das Gestrüpp und die Bäume hindurch, um auf die andere Seite an den Sandstrand zu gelangen, von wo die Stimmen herkommen mussten. Ich sehnte mich so sehr danach, Kjell zu sehen und zu sprechen, dass ich mir nicht die Zeit nahm, mich zu fragen, wem denn die andere Stimme gehörte und warum Kjell so verärgert klang.
Mich trennten nur noch wenige Sträucher vom Sandstrand, als ich hörte wie Kjell, seinem Gegenüber im eiskalten Ton erwiderte: »Nur ich entscheide, wann der Zeitpunkt günstig ist und sonst niemand!«
Ein anderer Junge sagte in diesem spöttischen Ton, den ich sonst nur von Kjell kannte: »Vielleicht sollte sich besser jemand anderes um die Angelegenheit kümmern …«
Kjells Stimme wurde noch eine Spur eisiger, soweit es überhaupt möglich war, als er den anderen anfuhr: »Verschwinde endlich!«
»Die Zeit läuft ab. Vergiss das nicht!« rief der andere noch im Weggehen.
Als ich auf den Strand trat, sah ich gerade noch einen blonden Haarschopf zwischen den Bäumen verschwinden.
Ohne mir weitere Gedanken über das eben Gehörte zu machen, rief ich Kjell freudig ein Hej zu. Er drehte sich ruckartig zu mir um und funkelte mich zornig an. Sein Gesichtsausdruck erschreckte mich so, dass ich sofort innehielt und mir jedes weitere Wort im Hals stecken blieb.
»Was machst du hier? Spionierst du mir etwa nach?«
Ich wollte zu einer Erklärung ansetzen, aber Kjell fiel mir ins Wort. »Damit du es weißt: Ich kann anhängliche Mädchen nicht ausstehen!« Er ließ
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