Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
das?«
Kjell blickte mich
zerknirscht an. »Es tut mir leid. Das war nicht meine Absicht.
Ich habe mir nur Sorgen um dich gemacht.«
Ich wollte ihm so
gerne glauben, doch diese Erklärung war einfach zu dürftig.
So stand ich auf.
»So geht das
nicht, Kjell! Ständig spielst du den Geheimnisvollen. Du
erzählst mir nichts. Auf alle meine Fragen antwortest du, wenn
überhaupt, ausweichend. Wie können wir da Freunde sein?«
Ich wollte gehen.
»Geh nicht,
Sofie!« Kjell griff nach meiner Hand und zog mich ruckartig
zurück auf die Decke. Ich wäre fast auf ihn gefallen.
Nun saß ich
wieder nah bei ihm und bevor ich erneut aufstehen konnte, legte er
den Arm um mich und zog mich an sich. Er sah mir tief in die Augen
und sagte: »Zuerst einmal, will ich gar nicht, dass wir Freunde
sind.«
Ich schluckte.
»Nicht?«
»Nein,
du Dummerchen, ich will etwas ganz anderes!«, neckte er mich.
Seine Stimme nahm einen warmen Klang an. Seine Lippen berührten
meine. Es war ein so flüchtiger Kuss, der vorbei war, bevor er
richtig angefangen hatte. »Kannst du dir das nicht denken?«,
fragte er mich.
»Aber, ich …du
…«, stotterte ich verwirrt. Ich fand meine Fassung
wieder und schob ihn von mir fort. »Trotzdem! Du bist ein
Rätsel für mich. Ich weiß überhaupt nichts von
dir oder von deiner Familie.« Ich machte eine Pause. »Hast
du überhaupt eine?«
»Ja, hab ich.«
»Und wohnst du
mit deiner Familie zusammen oder allein?«, hakte ich nach.
»Mal so, mal
so«, sagte Kjell.
»Siehst du! Du
machst es schon wieder!«, warf ich ihm vor.
Jetzt
lachte er. »Du willst wirklich alles ganz genau wissen. Bist du
sicher, dass du nicht bei der Polizei arbeitest?«
»Lass mich
bloß mit der Polizei in Ruhe!« Ich verschränkte die
Arme.
Kjell
war mir einen seltsamen Blick zu und erzählte weiter. »Ich
lebe mit meiner Familie zusammen. Aber wir sind eine recht große
Familie. Manchmal wird es mir zu viel und ich ziehe mich zurück.
Ich bin gerne allein in der Natur.«
»Das habe ich
schon bemerkt.« Ich schwieg einen Moment. »Aber eine
große Familie zu haben ist doch schön. Ich beneide dich
darum.«
»Na ja«,
lächelte Kjell mich schief an. »Du kennst meine Familie
nicht.«
»Sind sie so
schrecklich?«
»Nein,
eigentlich sind sie ganz okay. Aber sie können auch ziemlich
nerven, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ich denke,
ja. Aber ich beneide dich trotzdem. Dass mein Bruder vor Jahren hier
ertrunken ist, habe ich dir ja schon erzählt.« Ich stockte
und fuhr dann fort. »Was ich dir nicht erzählt habe, …
meine Eltern sind vor kurzem bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Ich bin ganz allein. Manchmal fühle ich mich so verloren.«
Kjell sagte nichts
und zog mich nur erneut in seine Arme. Er hielt mich einfach eine
Zeit lang fest. Dann sagte er leise: »Du hast mich.«
Ich spürte wie
mir die Tränen in die Augen traten. Hastig schniefte ich dagegen
an und versuchte zu lächeln. »Jetzt rede ich schon wieder
von mir, wo ich doch mehr von dir erfahren wollte.«
»Nun
vielleicht verlegen wir den zweiten Teil der Fragestunde auf später.
Mir scheint, du brauchst jetzt eine kleine Ablenkung.« Mit
diesen Worten wandte er sich zu dem neben ihn liegenden Koffer und
öffnete ihn. Vorsichtig hob er die Geige raus und fast liebevoll
legte er sie in seinen Schoß.
Ich hatte keine
Ahnung von Geigen. Aber ich erkannte, dass dies ein sehr altes,
wunderschönes Instrument war. Kjell lächelte, als er meinen
fragenden Blick bemerkte. »Sie hat meinem Ur-Ur-Großvater
gehört.«, erklärte er mir. »Er war hier in der
Gegend für sein wundervolles Violinenspiel bekannt. Alle
Menschen, die es hörten, waren verzaubert. Vor allem die jungen
Mädchen.« Kjell zwinkerte mir zu. »Einige Leute
behaupten, es lag nicht nur an seinem Geigenspiel, sondern auch an
seinem guten Aussehen, dass die Damen ihm alle hinterherliefen. Er
liebte wie ich die Natur und spielte oft im Fluss stehend mit nacktem
Oberkörper. Die Mädchen der Gegend sind Scharenweise
dorthin gepilgert, wo er gerade spielte.«
Ich musste kichern.
»Das kann ich mir gut vorstellen.«
Kjell zuckte die
Schultern. »Ich bin allerdings davon überzeugt, es lag an
seinem wundervollen Spiel, dass sich alle Mädchen in ihn
verliebten.«
Mir fiel etwas ein.
»Das klingt wie eine alte schwedische Sage von einem bösen
Geist, die ich mal gehört habe. Dort spielte auch ein Mann Geige
im Fluss. Wie war das noch …«
»Möchtest
du etwas hören?«, unterbrach mich
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