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Klack: Roman (German Edition)

Klack: Roman (German Edition)

Titel: Klack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Modick
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für den modernen E-Herd? Der Texasgurt mit zwei Westerncolts? Die hochmoderne Teflonpfanne? Und noch viel mehr!
    »Jedes dritte Los gewinnt! Beim Hauptgewinn haben Sie die Wahl und wir die Qual!«
    Meine Qual bestand allerdings darin, dass ich wieder einmal für die Hälfte zu jung und für die andere Hälfte schon zu alt war. Vor drei Jahren hätte ich noch den Texasgurt, vor zwei Jahren vielleicht die Fleischmannbahn gewählt. Aber jetzt? Mit Bestecken, Teeservice oder Teflonpfanne war gar nichts anzufangen; die konnte ich höchstens meiner Mutter zum Geburtstag schenken, aber es war ja mein Hauptgewinn. Ich sah mich unschlüssig um und stellte enttäuscht fest, dass das Publikum gar nicht mehr zu mir aufblickte. Schließlich erspähte ich zwischen einer Mama-Puppe und einem Kinderdreirad das Päckchen mit der Aufschrift Box 620 Agfa Clack. Obwohl ich mir noch nie einen gewünscht hatte, wusste ich plötzlich, dass mir ein Fotoapparat fehlte, zu meinem Glück fehlte, und zeigte darauf.
    »Eine exquisite Wahl, junger Mann!« Der Losonkel drückte mir den Karton in die Hand. »Und schon wieder ein Hauptgewinn, Damen und Herren! Ein Fotoapparat von Agfa. Erstklassige Qualität. Ein Rollfilm ist bereits eingelegt. Sie brauchen nur noch abzudrücken. Schießen Sie los, junger Mann!« Und damit war ich entlassen.
    »Schießen Sie los« fand ich irgendwie lustig, lustiger jedenfalls als das schnöde »Zieh Leine«, das Hanna mir nachgerufen hatte. Ob die immer noch an der Raupe stand? Sich in diesem Moment womöglich unter der geschlossenen Plane von einem Halbstarken abknutschen ließ? Wenn das unsere Eltern – Moment mal! Das ließ sich jetzt ja beweisen. Wenn ich sie mit so einem Entenschwanzboyfriend fotografieren würde, hätte ich sie auf ewig in der Hand. Ich packte die Kamera aus, warf den Karton in den Mülleimer einer Würstchenbude und pirschte in Richtung Raupe. Aus den Lautsprechern wummerte Runaway von Del Shannon. Das mochte ich.
    Und siehe da, eingerahmt von zwei Knatterprotzen lehnten Hanna und Sabine am Geländer. Probehalber hielt ich mir den Sucher vors Auge und berührte den Auslöser, drückte aber noch nicht ab. Ich nahm sie vorerst nur ins Visier, und zwar genau so, wie Ricky Nelson als Revolverheld Colorado in Rio Bravo die Mörderbande beim Showdown ins Visier nahm. Zwar war John Wayne als Sheriff der Chef, aber Ricky Nelson war einer wie ich, blutjung, sträflich unterschätzt, brandgefährlich und lässiger als sämtliche Halbstarken an der Raupe. Ich machte noch ein paar Schritte vorwärts, die Kamera schussbereit vorm Auge. »Hallo Hanna, bitte recht freundlich!«
    Sie drehte sich um, entdeckte mich aber gar nicht, sondern sah wie immer einfach über mich hinweg. Egal.
    Klack!
    Erst als ich ihr triumphierend mit der Kamera zuwinkte, sah sie mich, wusste aber wohl im ersten Moment gar nicht, was sie von diesem Auftritt halten sollte. Sie flüsterte Sabine etwas ins Ohr, Sabine gackerte albern vor sich hin, und ich machte mich mit meinem kostbaren Beweis auf den Heimweg. Hanna würde vor mir knien, mich anflehen, mir Lösegeld bieten. Dass das Foto missglückt und ohne Beweiskraft war, sondern lediglich bewies, dass mir jedes Talent zum Paparazzo abging, sollte sich erst später herausstellen.

2
Schulenbergs
    Ein Mann und eine Frau. Er trägt einen zusammengerollten Teppichläufer unter dem linken Arm, sie hält in der rechten Hand einen Putzeimer. Ihren linken Arm hat sie in der angewinkelten Beuge seines rechten eingehängt. Ein Ehepaar. Sie haben sich in Positur gestellt und lächeln in die Kamera.
    Klack.
    Das Ehepaar Schulenberg. Kinderlos. Die Aufnahme entsteht, als du, stolz über den Hauptgewinn, vom Ostermarkt nach Hause kommst. Ohne das Foto wären Schulenbergs nicht mehr präsent, nicht ihr Name und schon gar nicht ihr Aussehen. Der stämmige Herr Schulenberg im Blaumann, die schmale Frau in einem Haushaltskittel aus Dralon. Mitten in der Arbeit ein erzwungenes Lächeln.
    Wie, fragst du dich, sind die Beziehungen zwischen Bildern und Leben, zwischen dem zum Foto gefrorenen Augenblick und dem, was wirklich geschehen ist?

    Vor unserem Nachbarhaus, laut Oma der »Schandfleck des Viertels«, parkte ein Möbelwagen der Spedition Kraus. Zieh’n Sie ein – Zieh’n Sie aus – Stets zu Diensten Fa. Kraus. Familie Schulenberg zog endlich aus beziehungsweise um. Endlich nicht etwa, weil sie unangenehme Zeitgenossen oder streitsüchtige Nachbarn gewesen wären, sondern endlich, weil der

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