Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2
hier es ist. In sterbendem Orbit totes Schiff über totem Mond.«
»Eindeutige Beweise brauchen wir.« Die Anweisung von dem Sternenschiff klang ruhig, aber unerbittlich. »Nach einem externen Öffnungsmechanismus ihr sucht die Schleuse ab. Versucht es!«
»Nicht einmal sicher es ist, ob atmen die Bauer-Besitzer des Schiffs Sauerstoff.« Murrend bewegte VierzigTochter die Roboterarme ihres Schiffs über die mutmaßliche Schleusentür, die ZwölfSohn entdeckt hatte. Bedauerlicherweise fanden sie genau jene Art von Öffnungsmechanismus, den sie suchten. Und leider reagierte dieser Mechanismus auf die sanften, präzisen Griffe des Roboterarms. Das Schleusenluk oder die druckfeste Tür glitt in die Rumpfwand hinein und gab den Blick auf eine kleine Öffnung frei. Beide Piloten manövrierten ihre Schiffe so nah heran, dass sie mit den Scheinwerfern hineinleuchten konnten. Sie konnten nicht genau erkennen, um was für Instrumente und Geräte es sich in dem kleinen Raum handelte. Die Anweisung vom Mutterschiff, die sie kurz darauf erreichte, flößte beiden Piloten Furcht ein.
»Eindringen und erkunden! Die Quelle der Emission zu finden versucht!«
»Um Wache zu halten bleibe ich hier«, bot ZwölfSohn augenblicklich an.
»Nein«, widersprach VierzigTochter. »Besser als wir du bist bei solchen Erkundungsgängen. Eindringen wirst du, Wache halten wir.«
Das Mutterschiff legte den Streit bei. »Eindringen werden ZwölfSohn und EinunddreißigSohn. Wache hält VierzigTochter. Vorsicht lasst walten.«
»Vorsicht lassen wir walten.« Ebenfalls nicht ohne Murren gurtete ZwölfSohn sich los, trennte seine Verbindung zum Reparaturschiff und folgte seinem Kopiloten in die winzige Luftschleuse des Reparaturschiffs.
Die Schleuse war sehr eng, was es unnötig erschwerte, einen Druckanzug für Außenarbeiten anzulegen. Normalerweise zog man solche Anzüge in einer der größeren Hauptschleusen an Bord des Sternenschiffs an. Als sie vom Mutterschiff gestartet waren, hatte keiner von ihnen geahnt, dass sie Druckanzüge brauchen würden. Nachdem beide Piloten eine Zeit lang unbeholfen umeinander herumgetanzt waren und so manche Verrenkung gemacht hatten, steckten sie schließlich in den Anzügen.
Sie umarmten einander kurz, aber innig, dann öffneten sie die Außentür der Schleuse. Wäre die Schwerkraft des Monds auch nur ein bisschen niedriger gewesen, wäre das fremde Schiff in den Weltraum abgedriftet, anstatt dicht über der Oberfläche zu schweben. Die niedrige Schwerkraft ermöglichte es den beiden Piloten, sich sanft zu dem gekrümmten Metallrumpf des Schiffs absinken zu lassen. Vor ihnen ragte die fremde Luftschleuse auf. Schräg hinter sich sahen sie die besorgten Gesichter von VierzigTochter und ihrem Kopiloten, die aufgeregt jede Bewegung der beiden durch das Sichtfenster ihres schwebenden Reparaturschiffs beobachteten.
Je eher sie ihre Untersuchung beendet hätten, desto eher könnten sie in die wohlige Vertrautheit ihres Sternenschiffs zurückkehren. ZwölfSohn setzte sich als Erster in Bewegung. Ungeheißen kamen ihm Erinnerungen an das zerstörte Treetrunk in den Sinn. Etwas hatte die gesamte Bevölkerung eines scheinbar lebensfreundlichen Planeten vernichtet. Zugegeben, die sechshunderttausend Toten hatten einer anderen Spezies angehört, doch waren sie intelligent und warmblütig gewesen wie die UnopPatha. Was auch immer sie so skrupellos abgeschlachtet hatte, war vielleicht nicht wählerisch bei der Auswahl seiner Opfer. Gewiss, das Schiff, das sie nun betreten würden, war vergleichsweise schlicht, viel zu klein, als dass es Massenvernichtungswaffen oder sonderlich vielen Kriegern hätte Platz bieten können, selbst wenn besagte Krieger von noch kleinerem Wuchs gewesen wären als die UnopPatha. Doch es ging nicht nur um bloße Zahlen. ZwölfSohn wollte nicht einmal einem der tobenden, mörderischen Fremdwesen begegnen.
Als EinunddreißigSohn und er in die Luftschleuse eindrangen, musterten sie die Kontrollen und Instrumente; einhellig gelangten sie zu der Ansicht, dass die Schleuse und somit auch der Rest des herrenlosen Schiffs für Wesen gebaut waren, die größer sein mussten als die UnopPatha. ZwölfSohn war sich nicht sicher, ob er wegen dieses Schlusses erleichtert oder noch eingeschüchterter sein sollte. Er musterte einen leeren Bildschirm fremdartiger Bauart und versuchte, dessen Funktionsweise zu verstehen, während sein Gefährte die innere Schleusentür und deren Verschlussmechanismen
Weitere Kostenlose Bücher