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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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solcherart Selbstauskunft nie: »Ich bin Cembalist«, sondern: »Ich spiele Cembalo« Und auch ebenso wenig (beziehungsweise schon gar nicht!): »Ich bin Komponist«, sondern höchstens: »Ich schreibe Stücke, Sonaten und so was.«
    »Zu viel der Bescheidenheit«, lachte Japón, der ein feines Gespür für derlei Zwischentöne besaß. »Die Prinzessin soll eine ausgezeichnete Musikerin sein, und sofern sie dies – wie Ihr sagt – von Euch hat: meinen allergrößten Respekt!«
    Nicht der Rede wert, stellte der Meister pantomimisch dar. »Und Ihr?«
    »Bin im Ruhestand.« Japón lehnte sich zurück, entwickelte offenbar ebenfalls schauspielerischen Ehrgeiz und faltete die Hände in der Kerbe zwischen Brust und Bauch, um seinen Status zu illustrieren. »Habe gehandelt. Mit Tuch und anderen Waren, alles von weither. So wie letztendlich auch ich. Durchaus möglich, dass es da einen Zusammenhang gibt – oder gab.«
    Domingo spürte, dass der Fremde seine Geschichte oft und gern erzählte und auch ihm sogleich erzählen würde. »Ich bin gespannt«, sagte also Escarlati. Warum auch nicht? Es war nichts Dringendes zu tun.
    Zunächst gab Japón vor, er verstehe nicht recht, doch dann konnte er sich nicht mehr zurückhalten und ein Lächeln glitt seinen Mundstrich entlang. »Wenn ich also meine Geschichte erzählen darf«, sagte Japón, »so tue ich dies gerne und hoffe, Euch damit nicht zu langweilen.«
    Escarlati schüttelte langsam den Kopf und sah ihn erwartungsvoll an.
    »Ich werde aber auch nichts über die Maßen ausschmücken. Also, nein, geboren bin ich nicht in Japan. Doch mein Großvater, der …«
    In diesem Moment kam ein junger, ausgezehrter Bursche des Wegs gerannt. Domingo erkannte die Uniform der königlichen Lakaien, und schon eilte der Junge schnurstracks auf ihn zu, musste ihn also schon von Weitem als den Gesuchten ausgemacht haben.
    »Caballero Escarlati«, rief er und verbeugte sich unter den Schinken an der Decke, wobei er gegen den Tresen stolperte, der erzitterte. »Seine Majestät, König Felipe V. von Spanien, erwartet Euch. Ich habe Euch gefunden, das heißt, soll Euch suchen und dann … Entschuldigung.« Mit einer Verbeugung in Richtung Japón, welcher ja wer weiß wer sein konnte. »Gilt?«
    »Gilt«, sagte Escarlati. »Ich komme. Ist er wach?«
    Der Lakai blickte verständnislos, war also nicht tiefgreifend über die Zustände am Hof im Bilde, und Domingo strich die Frage mit einer Handbewegung wieder durch.
    »Ich übernehme das«, sagte Japón und winkte dem Wirt. »Doch das nächste Mal seid Ihr dran.«
    »Darauf freue ich mich schon«, erwiderte Escarlati und streifte seinen Rock über. »Wie hat Er mich denn aufgespürt?«, fragte er den Diener, als er sich zum Gehen erhob, wobei sein Kopf gegen einen der Schinken stieß, der sich als steinhart erwies und einen hölzernen Ton von sich gab.
    »Ihr seid ein Fremder«, sagte der Diener als kürzestmögliche Erklärung.
    »Unsere Stadt ist überschaubar«, lachte Japón und grüßte. »Auf bald, mein Freund! Ich muss Euch ja noch meine Geschichte …«
    Escarlati hob ebenfalls die Hand zum Gruß und folgte dem Lakaien, der ihm voraus zum Palast trabte, dabei ab und zu mit einer Drehbewegung innehaltend wie ein Jagdhund, der nachsieht, ob man ihm auch folgt.
    Wozu auf einmal diese Eile?, überlegte Escarlati. Ist Majestät schon wieder dabei einzuschlafen?

7
    Atemlos war Escarlati dem Diener nachgestolpert, hatte auf dem Rückweg zum Alcázar einige neue Abkürzungen – und, so schien es ihm, auch Umwege – durch Santa Cruz, das jüdische Viertel, kennengelernt, eine Weile selbst einen Verfolger gehabt, nämlich einen Straßenköter, dem wiederum eine Wolke von Flöhen hinterhersprang, und dann zum ersten Mal das äußere Tor passiert, ohne den dazu eigentlich notwendigen Schein vorzuzeigen – das wenigstens wäre endlich geschafft! –, woraufhin sich der Diener in Luft auflöste, und übrigens auch der Hund.
    Kaum also war er eingetroffen, in höchster Eile wie die Hebamme zu einer Notgeburt, da geschah erst einmal eine Weile nichts.
    Escarlati wartete, trieb sich im Geviert des ersten Hofes herum, von dem wie dunkle Löcher Türen und Gänge abgingen. Echos von Stiefeln und Stimmen schollen aus den Höhlungen hervor. Er betrachtete hie einen Blumentopf, da eine von tausend blauen Kacheln, dort einen Stuhl.
    Jeden Moment, dachte er, kann Maria Barbara um eine Ecke biegen, und glaubte sogleich, ihr Lachen in einem der verwinkelten

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