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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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gern aß, weil er nach Meer roch und nicht nach Fett –, sein Kopf hingegen berauscht von Aguardiente, dem Höllenschnaps, aber auch von Musik, neuen Ideen und der Spur einer ungekannten Zufriedenheit, da wurde er erwartet.
    Ein privater Lakai des Königs kam in der Eingangshalle auf ihn zu, ein großer Mann in prächtiger Livree, der Escarlati um mehr als einen Kopf überragte. Den Meister überkam Furcht – der übliche Reflex eines Bediensteten. Habe ich etwas falsch gemacht? Hätte ich mich vielleicht nicht entfernen dürfen? Ist man mir gar gefolgt? Denn ihm dämmerte längst, dass er sich des Nachts unter Menschen begab, die so gut wie vogelfrei und bei normalen Bürgern – ganz zu schweigen von Mitgliedern des Hofes und der Kirche – geächtet waren.
    Doch nichts dergleichen. Der Lakai begrüßte ihn mit ausgesuchter Höflichkeit.
    Dann handelt es sich wirklich um etwas Wichtiges, dachte Escarlati misstrauisch, konnte jedoch nicht umhin, dem Diener unverzüglich in der Majestät Gemächer zu folgen, denn … dies war der Befehl.
    »Der König verfällt«, sagte der Diener über die Schulter, während er voranschritt. »Wieder einmal geht es bergab mit ihm. Und da hatte Ihre Majestät, Königin Isabella, den Gedanken, ob nicht etwa Musik dem König wohltäte, ja ihn vielleicht sogar zum Schlafen brächte. Genauer gesagt: Eure Cembalomusik.«
    Während man einen der Innenhöfe durchschritt, blickte Escarlati nach oben: Das Himmelsrechteck hatte bereits blaue Farbe angenommen, und ein neuer Tag kündigte sich an.
    »Höchste Zeit für den König, schlafen zu gehen«, nahm der Lakai ihm das Wort aus dem Mund. »Das heißt, im Bett liegt er bereits seit einem halben Tag. Gevögelt ist auch schon, also …«
    »… bleibt nur noch meine Musik als Zweitschönstes«, führte Escarlati den Satz zu Ende, grinste sarkastisch, und die zwei betraten das Schlafgemach Seiner Majestät, in dem man bereits das beste der Cembali aufgestellt hatte, jenes, das sonst nur für Konzerte verwendet werden durfte.
    Der König schlief. Sogleich erstarrten die beiden Eindringlinge, sahen sich an, drehten sich gleichzeitig, doch gegenläufig, und wollten schon auf Zehenspitzen davonschleichen wie zwei Faune nach einem Schabernack, doch da hörten sie ihren König stöhnen: »Ach! Endlich, mein lieber Escarlati! Wie lange schon liege ich schlaflos da! Es ist nicht Eure Arbeitszeit, dessen bin ich mir wohl bewusst, doch umso mehr weiß ich zu schätzen, dass Ihr … Wo sind denn meine Tropfen? Nun spielt mir etwas Schönes, und dann plaudern wir, trinken Schokolade und einen Likör …«
    Den Likör bitte nicht, dachte Escarlati, noch berauscht vom Schnaps, verbeugte sich aber höflich. Der König lag mitten auf dem Bett, pausbäckig wie ein krankes Kind. Kerzen umstanden das Nachtlager, viele schon zu Stummeln herabgebrannt. Des Monarchen Kopf und Rücken waren durch Kissen hochgepolstert, sodass er mehr saß als lag. Im Bett befanden sich weiterhin einige leer gegessene Teller auf einem Tablett, Breviere – das dickste von ihnen sicherlich die Bibel –, aufgebrochene Briefe und eine Perücke, flach gedrückt wie eine Qualle; wohl hatte König Felipe auf ihr geschlafen.
    Es roch nach Puder und Orangen, stickig und süßlich zugleich.
    Der Diener verbeugte sich und ging, um die Pillenschatulle zu holen, während Escarlati versuchte, durch Willenskraft den Alkohol aus seinem benebelten Kopf zu vertreiben, und sich ans Cembalo setzte.
    »Etwas Leises, nehme ich an«, sagte er und klinkte alle Registerzüge aus bis auf den schwächsten Achtfuß.
    Das Spielen in Trunkenheit machte ihm keine großen Sorgen; bis zu einer bestimmten Dosis, die längst noch nicht erreicht war, taten die Finger ihre Sache auch allein.
    Viel schwieriger war es, sich zu überlegen, was man spielen sollte. Escarlati konnte sich, beschwipst wie er war, nicht recht an die Sonaten erinnern, die er in letzter Zeit komponiert hatte, und sie klangen alle durcheinander, gingen andauernd ineinander über oder endeten unerwartet auf seltsamen Akkorden – bis auf jene fünf vom freien Feld. Diese standen klar vor seinem inneren Ohr, nun, das war ja auch nur ein paar Stunden her.
    Also gut, dann dasselbe noch einmal. Die erste, schnelle Sonate allerdings ließ er weg und begann mit der zweiten, der langsamen, traurigen Melodie. Aus der Erinnerung versuchte Escarlati, die Linie nachzuziehen, so, wie sie sich am Vorabend unter seiner Hand entwickelt hatte, weit von der

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