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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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doch?)«
    »Vielleicht noch etwas Musik?«, fragte Escarlati, um dem Schweigen des Königs einen Impuls zu geben, und machte Anstalten, sich zu erheben und ans Cembalo zurückzukehren. »Mein Spiel hat ja offensichtlich noch nicht gewirkt.«
    Doch der König war noch am Grübeln und winkte ab. »Gewirkt«, wiederholte er dann mit unangenehmem Unterton. »Wie meint Ihr das? Auf welche Wirkung spielt Ihr an?«
    »Nun«, faselte Escarlati, »Majestät wollen doch schlafen, und auch Kinder lassen sich oftmals beruhigen, indem man ihnen ein Schlaflied …« Er stockte, fürchtete, den Monarchen beleidigt zu haben, doch dann wurde ihm klar, dass der ihm gar nicht zuhörte.
    »Die Melodie, die Ihr da gespielt habt«, sagte der König, »sie war mir unheimlich. Keine Gestalt, zumindest keine, die mir bekannt ist. Wisst Ihr, was ich mich frage: Wo endet Kunst und wo beginnt Zauberei?«
    »Zauberei gibt es nicht«, sagte Escarlati verwegen.
    »Diese Antwort missfällt mir durch und durch«, sprach Felipe und wies mit seiner Rechten in die Zukunft. »Spielt!«
    Escarlati stolperte zurück ans Cembalo, allmählich wirklich müde, hörte draußen den ersten Vogel pfeifen – der für den verstörten König noch immer ein Geschöpf der Nacht war – und beschloss, kein Risiko einzugehen und eine seiner schwächeren, also harmloseren Sonaten zu spielen – o ja, er wusste genau, was gut und was weniger gut war: Ein ehrlicher Mann kann sich auch seine Schwächen eingestehen.
    So haspelte er sich durch eine belanglos-heitere Generalbassfiguration, ließ seine Finger Terzen und Leittöne auflösen, ohne sich dabei viel zu denken. Ja, in einem Wüstenland, über dem die Sonne immer scheint, bedeutet ein strahlender Morgen gar nichts.
    Der Monarch gähnte nicht einmal. »Das hat mir besser gefallen«, sagte er. »Da war Ordnung darin, Beständigkeit. Das ist schön.«
    »… etwas langweilig vielleicht«, murmelte Escarlati, unzufrieden mit sich und auch wieder betrunken – seine Kräfte nahmen ab. Der König strich die Decke glatt, sein Bett machte sich sozusagen selbst, war er doch untrennbar Teil davon geworden, und zog sich dann den Überwurf bis zum Kinn. Der Schlafrock, den er auch im Bett trug, zeichnete sich darunter ab gleich dem Gewand eines Ritters auf einer Grabplatte, wo es auch im Liegen flattert wie im Wind. In seinem Rausch stellte sich Escarlati vor, er spaziere auf dem König umher wie auf den Steinreliefs in der Kathedrale.
    »Wenn sich nichts verändert, dann gibt es auch keinen Tod«, seufzte Felipe. »Und wer schlaflos ist, lebt wenigstens noch. Denn …« Seine Stimme krächzte auf einmal vor Furcht. »… sogar im Schlaf kann man sterben.« Escarlati nickte pflichtschuldigst, mimte Betroffenheit, war inzwischen selbst nicht mehr sicher, ob er wachte oder schlief, und griff wieder in die Tasten, verschaffte sich sozusagen etwas harmonische Bewegung, machte einen Morgenspaziergang durch verschiedene Dur- und Molltonarten, fühlte sich danach aber nicht recht erfrischt. Der König pfiff nachdenklich ein paar Töne dazu, während er die Hände unter der Bettdecke hielt, die Arme angelegt wie eine Leiche. »Auch mein Sohn benimmt sich eigenartig, findet Ihr nicht?«, sagte er unvermittelt. Escarlati wusste nicht, wie er reagieren sollte, und wiegte höflich den Kopf hin und her.

19
    »Ich hatte Nachtdienst«, sagte Escarlati, als er am nächsten Vormittag die Kneipe betrat. Japón und Montoya waren schon da. »Unser König konnte nicht schlafen. Da musste ich ihm ein paar Schlaflieder in die Tasten streicheln. Bin beinahe selbst dabei eingenickt. Ich spiele doch viel lieber Schnelles und Lustiges.«
    »Und Schweres«, sagte Japón voll Bewunderung.
    »Ich möchte auch einmal nicht schlafen können. Was für Sorgen!«, lachte Curro.
    »Eigentlich ist der König ein armes Schw…«, sagte Domingo und brach sogleich ab, als die Gespräche um ihn herum verstummten und ein Dutzend Augen auf ihn gerichtet war. Man kannte ihn hier, das heißt, man kannte die drei.
    Der begonnene Satz ragte wie ein morscher Balken in den Raum. »Ach, was bin ich müde«, sagte Escarlati in aller Harmlosigkeit. »Schw… schwummrig ist mir schon. Jetzt brauche ich erst einmal ein Glas.«
    Curro grinste. Japón blickte, wie so oft, besorgt und unauffällig rundum.
    »Euren Freunden auf dem Feld«, sagte Escarlati zu Curro, »hat meine Musik – glaube ich – besser gefallen als dem König. Was ich für ihn gespielt habe, war nämlich

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