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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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marschiert und dann an Land gestiegen, setzen sich dort fort, an den alten Werften vorbei, und verschwinden auf den Steinplatten im Orangenhof. – Doch früh müsst ihr kommen, um das zu sehen, bevor die Händler bei Sonnenaufgang mit großen Besen die Spuren auslöschen – denn sie bringen Unglück.«
    »Stell dir vor«, sagte einer der Jungs, »du schläfst, und die Spinne stapft über dein Dach hinweg.«
    »O ja. Das mag schon oft geschehen sein. Nichts kann sie aufhalten. Über Häuser und Plätze schreitet sie. Der Kapitän steht am Bug und sieht zu, wie sein Schiff die nächtliche Stadt durchpflügt.«
    »Und wohin? Wo geht es hin?«
    Curro hielt inne und schüttelte den Kopf. »Niemand weiß es. Manche sagen, es wandert weiter bis ins ewige Eis der Sierra, und dort fährt es durch den Schnee bis zu den höchsten Gipfeln hinaufdies, wie ich euch sagte, nur in der schwärzesten aller Nächte, wenn sogar der Schnee so schwarz ist wie Ebenholz. Andere behaupten, die Ruder verwandelten sich, nachdem sie zu Spinnenbeinen geworden sind, noch ein zweites Mal, und zwar in Flügel – und das Schiff erhöbe sich dann, nach Wasser und Land, in das dritte Element, in die Luft, eine hölzerne Libelle nun, und flöge davon, doch wer weiß, wohin …«
    »Doch wer weiß, wohin …«, seufzte der Junge. »Ans Nordmeer. Zum Mond …«
    Schweigen hatte sich über die junge Bande gesenkt. Die Kerle atmeten tief.
    »Wenn sie mich eines Tages verhaften«, sagte einer der jungen Gitanos, »dann will ich auf dieses Schiff …«
    Als Escarlati des Weges kam, wandte sich Montoya ihm freudig zu, konnte nicht an sich halten, rief »Na, wie war’s?« und grinste.
    Domingo sagte nichts, setzte sich erst einmal und bestellte etwas zu trinken.
    »Na?«, wiederholte Curro etwas leiser, während er seine jungen Zuhörer mit einer Handbewegung verscheuchte.
    Escarlati war verlegen, versuchte zurückzugrinsen, was ihm nicht recht gelang und auch nicht stand.
    »Ach, komm schon! Erzähl«, insistierte der Freund, und Domingo gab nach und berichtete von seiner Nacht mit Candela – doch nicht von der … nennen wir es »Begebenheit« mit Maria Barbara. O nein, dies würde sein Geheimnis bleiben –, wobei er auch bei Ersterem, schüchtern, wie er war, nicht allzu sehr ins Detail ging und darüber hinaus nicht recht wusste, ob er sich bei Montoya etwa zu bedanken habe. Eigentlich doch schon, denn zweifellos hatte der das Schäferstündchen eingefädelt – doch war Candela nicht wenigstens ein bisschen auch verliebt? Ein zweiter Grund für Escarlatis Verlegenheit war natürlich der Gedanke, Curro habe ihn und sie vielleicht hinter dem Vorhang beobachtet, ja es gar darauf angelegt.
    Curro lachte: »Keine Sorge übrigens – nachdem ich meiner Candela einen Klaps auf den Hintern gegeben und sie zu dir, lieber Freund, geschickt hatte, bin ich durch den Hintereingang entwischt und …« – hier senkte er verschwörerisch die Stimme – »… habe mich auch noch ein wenig amüsiert; den Sonnenaufgang nämlich nicht etwa allein bewundert … Aber«, fuhr er nach einigem Zögern fort, während er seinem Freund forschend in die Augen sah, »du bist schwermütig, nicht zufrieden. Was ist los mit dir?«
    »Schlecht geschlafen«, sagte Domingo unwirsch. »Meine Albträume. Oder besser: mein Albtraum – brennendes, siedendes Öl in allen Variationen und ich mittendrin wie eine Tortilla. Davon habe ich doch sicher schon erzählt.«
    Montoya schüttelte den Kopf und seufzte.
    Japón kam den Weg heraufgetrottet und winkte von fern.
    »Und dazu noch mein Papa«, murrte Escarlati und gähnte, um seinen Schlafmangel zu illustrieren: zwei Nächte nun schon, die erste in Freude, die zweite in Schrecken.
    »Von Papa zwar nicht, aber von der Hölle habe ich auch schon geträumt«, sagte Curro. »Möchte nicht dort enden. Unter all den Priestern, Königen und Päpsten.«
    Doch Escarlati war Späßen nicht zugänglich, lächelte höflich, schwieg dann und starrte vor sich hin.
    Japón setzte sich zu den beiden, erzählte dies und das, nahm sich zu trinken und deutete hinter sich in die Gasse, aus der er gekommen war, und richtig: Da wankte die hagere Gestalt des wirren Predigers heran und vorbei – diesmal offensichtlich anderen Jagdgründen zu.
    »… im Feuer vergehen wird letztendlich alles, im heißen, lodernden Feuer …«, hörte Escarlati ihn murmeln, just, als habe er seine heutige Epistel gemäß des Meisters Gedanken ausgewählt.
    »Mir ist auf einmal so

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