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Klar Schiff zum Gefecht

Klar Schiff zum Gefecht

Titel: Klar Schiff zum Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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mit dem schönsten Paar Pistolen, das Bolitho je gesehen hatte, an Deck erschienen. Sie paßten wunderbar zusammen, waren von Dodson in London hergestellt worden und mußten ein kleines Vermögen gekostet haben. Während einer der Schiffsjungen Holzstückchen über Bord warf, wartete Dalkeith an der Reling, bis sie vorbeigetrieben waren. Dann knallte er sie ab, scheinbar ohne überhaupt zu zielen. Solche Zielsicherheit war unter Schiffsärzten höchst selten. Dies und der Wert der Pistolen ließ Bolitho mehr über Dalkeiths Vergangenheit nachdenken.
    Gegen Ende des siebten Tages bemerkte Bolitho die ersten Anzeichen einer Wetterverschlechterung. Der Himmel, der bisher klar und blaßblau gestrahlt hatte, bezog sich mit verwischten Wolkenzungen, und das Schiff stampfte immer heftiger in einer hohen Dünung. Das Barometer schwankte unruhig, doch war es eher ein unbestimmtes Gefühl, das ihm verriet, daß ihnen ein rechter Sturm bevorstand. Der Wind hatte auf Nordwest zurückgedreht und wies alle Anzeichen weiterer Verschlechterung auf. Bolitho konnte seine Feuchtigkeit und seine zunehmende Kraft deutlich im Gesicht fühlen.
    Buckle nickte. »Vielleicht wieder ein Hurrikan.«
    »Kann sein.« Bolitho ging zum Kompaß. »Fallen Sie einen Strich ab.« Dann gesellte er sich zu Tyrell an der Achterdecksreling. »Die Ausläufer eines Sturmes, vielleicht. Jedenfalls werden wir vor Einbruch der Dunkelheit Segel reffen müssen. Möglicherweise auch schon früher.«
    Tyrell nickte. Seine Augen beobachteten die bauchigen Segel.
    »Das Großbramsegel scheint gut zu ziehen. Die Leute haben in der Takelage gute Arbeit geleistet, während wir vor Anker lagen.« Er sah, wie der Stander im Masttopp sich drehte und dann immer deutlicher zum Backbordbug hin auswehte. »Verdammter Wind, sieht aus, als wolle er noch mehr zurückdrehen.«
    Buckle grinste mürrisch. »Kurs Süd-Südost, Sir.«
    Er fluchte, als das Deck sich stark überlegte und ein heftiger Gischtschauer über das Schanzkleid prasselte.
    Bolitho überlegte, was als nächstes zu tun sei. Bis jetzt hatten sie eine schnelle Reise gehabt. Es gab keinen Grund, sich die Segel von den Rahen reißen zu lassen, nur um dem Wind zu trotzen. Er seufzte. Vielleicht würde der Wind bald wieder nachlassen. »Lassen Sie Bramsegel wegnehmen, Mr. Tyrell. Die Bö wird gleich einfallen.«
    Er machte Tyrell Platz, der nach seinem Schalltrichter rannte. Vom rollenden Schiff aus konnte er jetzt sehen, wie der sprichwörtliche Regenvorhang über die unregelmäßige Dünung heranzog und den Horizont mit einem engmaschigen, grauen Eisengespinst auslöschte.
    Nach einer Stunde hatte der Wind weiter zurückgedreht und war zu Sturmstärke angewachsen. See und Himmel vereinigten sich in zerstiebenden Wogenkämmen und strömendem Regen. Es war sinnlos, dagegen ankämpfen zu wollen. Unter jagenden Wolkenwalzen drehte die Sparrow mit niedergepreßten Toppen ab und lenzte vor dem Sturm. Die Toppsgasten kämpften hart, um ein weiteres Reff in die durchnäßten Segel einzustecken. Von Regen und fliegendem Gischt halb geblendet, tasteten sie mit ihren Füßen nach sicherem Stand. Fluchend und brüllend setzten sie all ihre Kraft ein, um die störrischen Segel in ihre Gewalt zu bekommen.
    Die Nacht brach vorzeitig herein, und unter dicht gerefften Marssegeln jagte die Korvette durch die Finsternis. Die kleine, begrenzte Welt des Schiffes war von riesigen Wogenkämmen umbrandet, das Leben der Männer war bei jedem Schritt von der See bedroht, die über die Reling hereinbrach und brodelnd wie ein hochgehender Fluß über die Decks rauschte. Selbst wenn die Freiwache zeitweise nach unten geschickt wurde, gab es für die Männer kaum eine Möglichkeit, sich zu erholen. Alles war tropfnaß oder feucht, und der Koch hatte schon lange jeden Gedanken, warmes Essen zu machen, aufgegeben.
    Bolitho blieb an Deck. Der heulende, jammernde Wind preßte sein Ölzeug wie ein Leichentuch gegen seinen Körper. Wanten und Tauwerk schrien wie die Saiten der Instrumente in einem irrsinnigen Orchester, und hoch über dem Deck, in Dunkelheit verborgen, knatterten und knallten die Segel. Dann und wann schien der Sturm in kleinen Ruhepausen nachzulassen, doch er hielt nur den Atem an, um aufs neue über das kämpfende Schiff herzufallen. In diesen kurzen Augenblicken konnte Bolitho fühlen, wie die Salzkruste in seinem Gesicht warm wurde. Er hörte das Klanken der Pumpen, die gedämpften Schreie unter Deck und auf der Back, wo unsichtbare

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