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Klassentreffen

Titel: Klassentreffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Vlugt
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ihrem Geschrei und Gelächter überall. Ich tanzte wie die anderen für mich allein zu den Diskorhythmen, und auf einmal war die Clique rechts neben mir. Sie zeigten auf mich, lachten und verdrehten die Augen. Isabel fing an, mich nachzuäffen, und wollte Bart zum Mitmachen bewegen. Bart und ich kannten einander kaum, und ich sah, wie er irritiert von Isabel zu mir schaute. Sie zog eine blöde Grimasse und machte plumpe Tanzbewegungen; die anderen lachten sich schief. Ich lief rot an und bewegte mich immer hölzerner.
    »Leute, ich bin auf Diät!«, rief Isabel affektiert und strich sich über die Hüften. »Zwei Kilo hab ich schon runter!«
    Bart musterte sie kritisch und meinte: »Echt? Die sind dir wohl an den Hintern gerutscht, was?«
    Die anderen prusteten los, und Isabel verpasste Bart einen neckischen Tritt gegen das Schienbein. Ich sah, dass er mir zuzwinkerte.
    Wenn einem jemand zu Hilfe kommt, wenn man lächerlich gemacht wird, und Partei für einen ergreift, dann ist man so voller Dankbarkeit, dass dieses Gefühl leicht in Verliebtheit umschlagen kann. Und genau das passierte auch.
    Je deutlicher Bart sein Interesse an mir bekundete, desto verliebter wurde ich. Aber er machte es sehr diskret, ohne mich in Verlegenheit zu bringen. Die anderen merkten nicht, dass etwas lief zwischen uns.
    Irgendwann ging die Clique ins Freie, und ich tanzte zwischen den anderen vor mich hin. Auf einmal stand Bart vor
mir. Ich sah mich um: Keiner von der Clique war in der Nähe, sie waren wohl alle noch draußen.
    Bart lachte mich an, und zwar auf eine ganz besondere Weise. Dann streckte er die Hand aus und zog mich an sich. Wir tanzten. Und tranken. Es wurde zwar kein Alkohol ausgeschenkt, aber viele hatten Whiskey in kleinen Fläschchen dabei, den sie heimlich in ihre Cola schütteten. Es hatte etwas sehr Intimes, zusammen mit Bart rasch einen Schuss Whiskey ins Glas zu kippen und es dann miteinander auszutrinken. Das Kribbeln im meinem Bauch wurde stärker.
    Im weiteren Verlauf des Abends verlor sich meine Schüchternheit immer mehr, woran wohl auch der Whiskey nicht ganz schuldlos war. Die Clique kam wieder rein, aber sie merkte nichts, weil Bart und ich – jeder für sich allein – zwischen den anderen tanzten. Das Fest war schon fast zu Ende, als wir zusammen rausgingen. Das heißt, Bart fasste mich am Ellbogen und führte mich von der Tanzfläche. Dann standen wir draußen auf dem Pausenhof. Noch vor wenigen Stunden war er mehr oder weniger ein Fremder gewesen, und jetzt gingen wir, die Arme umeinander gelegt, in eine dunkle Ecke des Fahrradschuppens. Es war irre spannend. Plötzlich küsste mich Bart leidenschaftlich. Er konnte fantastisch küssen, er hatte ganz eindeutig Übung darin. Ich dagegen wusste kaum, wie das ging.
    »Du musst den Mund weiter aufmachen«, sagte er, nachdem er mehrmals mit der Zunge gegen meine Zähne gesto ßen war. Ich tat wie geheißen. Es war ein absolut atemberaubendes Gefühl, als seine Zunge langsam meinen Mund erkundete. Ich küsste den beliebtesten Jungen der ganzen Schule!
    Da kam mir auf einmal der Gedanke, das Ganze könnte ein abgekartetes Spiel sein, ein Trick, um mich lächerlich zu
machen. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie, machte aber trotzdem die Augen auf und spähte über Barts Schulter nach der Clique. Doch der Fahrradschuppen war leer. Barts Hand glitt zum Reißverschluss meiner Hose; ich schob sie sanft weg. Es machte ihm nichts aus.
    »Willst du nicht?«, fragte er leise. »Okay.«
    Wieder küssten wir uns zärtlich, und von der Clique war keiner zu sehen. Schließlich gingen wir Hand in Hand zurück in den Saal. Ich war im siebten Himmel. Das Fest war zu Ende, die meisten waren bereits gegangen. Auch die Clique war weg und zog wahrscheinlich noch durch die Kneipen, wie Bart meinte.
    Es hätte mich nicht gewundert, wenn er sich jetzt von mir verabschiedet hätte und die anderen suchen gegangen wäre. Übel genommen hätte ich es ihm jedenfalls nicht. Aber stattdessen fragte er, wo mein Rad stehe. Als er hörte, dass mich mein Vater hergebracht hatte, holte er sein Fahrrad, ein altes klappriges Ding, und sagte: »Setz dich hinten drauf.«
    Er brachte mich nach Hause. Er hätte mich auch in ein Taxi setzen können, dafür hatte ich schließlich Geld mitbekommen, aber er brachte mich mit dem Rad. Zehn Kilometer hin und zehn einsame Kilometer zurück. Vor der Haustür verabschiedeten wir uns so ausgiebig, dass ich erst eine Stunde später die Wohnung betrat. Verzückt und

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