Klassentreffen
im Bett!
An Schlafen ist jetzt nicht mehr zu denken. Wegen Olafs Schnarchen, aber auch, weil ich mich wundere, dass wir so schnell miteinander im Bett gelandet sind. Wie wird das jetzt weitergehen? Olaf ist ein netter Kerl. Ob mehr drin ist, weiß ich nicht. Man wird sehen. Ich genieße es einfach, solange es dauert.
Ich drehe mich auf die andere Seite und gucke auf den Wecker. Es ist schon hell, ganz früh kann es also nicht mehr sein. Es ist Viertel nach sechs, aber meinetwegen kann der Tag anfangen. Ich lasse die vergangene Nacht Revue passieren, und das Kribbeln im Bauch vertreibt das letzte bisschen Schlaf.
Anfangs schien Olaf nicht viel mehr zu wollen, als ein bisschen rumzuknutschen. Wir lagen auf dem Sofa, redeten leise, machten Witze und küssten uns zwischendurch. Olafs Hand lag auf meinem Bein, wanderte langsam höher und streichelte meine Hüfte. Es hat einen gewissen Reiz, mit Kleidern gestreichelt zu werden, vor allem wegen der Verheißung, dass es ohne noch viel schöner sein wird.
Es dauerte nicht lange, und unsere Kleider waren überall im Zimmer verstreut. Aus dem Schlafen wurde nicht viel. Bereue ich es? Auf gar keinen Fall! Stattdessen frage ich mich, wie ich es all die Jahre ohne Sex ausgehalten habe. Genüsslich schließe ich die Augen und spüre noch einmal das Prickeln am ganzen Körper.
Neuerliches Schnarchen treibt mich schließlich aus dem Bett. Es verfolgt mich bis in die Dusche und die Küche, wo ich Kaffee aufsetze und zwei Scheiben Vollkorntoast röste.
Plötzlich höre ich ein Geräusch hinter mir. Olaf steht in Boxershorts in der Tür. Er gähnt und macht einen zerknautschten Eindruck.
»Guten Morgen«, sagt er verschlafen. »Bist du aber früh auf.«
»Ich konnte nicht mehr schlafen. Weißt du eigentlich, dass du furchtbar schnarchst?«, sage ich und streiche Marmelade auf meinen Toast.
»Hättest mich eben anrempeln müssen. Dann hört es von selber auf.« Olaf geht zur Spüle und gießt sich einen Becher Kaffee ein. »Du hast ja schon Kaffee gemacht!«
»Und Toast. Magst du auch welchen?«
»Nein, ich frühstücke nie. Mir reichen eine Tasse schwarzer Kaffee und eine Zigarette.«
»Davon könnt ich nicht leben.« Ich hole die Zeitung und breite sie auf dem Küchentisch aus; ich habe nicht vor, mein festes Morgenritual zu ändern. Ich muss anständig frühstücken und ein Weilchen Zeitung lesen.
»Ich geh duschen, okay?«, sagt Olaf.
»Ist gut, fühl dich ganz wie zu Hause.«
Ich vertiefe mich in die Zeitung, bekomme aber trotzdem die Geräusche aus dem Klo mit. Er hat die Tür offen gelassen, benimmt sich aber völlig ungeniert. Dann beginnt die Dusche zu plätschern, und ich höre Olaf singen.
Kurz darauf verlassen wir zusammen das Haus und fahren mit Olafs Auto zur Arbeit. Olaf hat gute Laune. Frisch geduscht, das nasse Haar nach hinten gekämmt und in seinem weißen T-Shirt sieht er blendend aus, und ich spüre schon wieder das angenehme Bauchkribbeln. Es hat schon was, wenn ihn der Apfelduft meines Duschgels umweht. Ich setze meine Sonnenbrille auf und kurble das Fenster herunter.
»Was die sich wohl denken, wenn wir zusammen ankommen?«, sage ich.
»Wie bitte?«
»Bei der Arbeit. Was die sich wohl denken?«
»Ach so«, sagt Olaf uninteressiert.
»Macht dir das nichts aus?«
»Nein, nicht die Bohne.«
Sein Tonfall macht mir klar, dass es überhaupt keinen Sinn hat, das Thema zu vertiefen. Dummes Weibergewäsch. Und im Grunde genommen hat er Recht: Es kann mir wirklich egal sein. Warum, um Himmels willen, kümmert mich, was andere denken?
Wir fahren auf den Parkplatz der BANK. Olaf parkt rückwärts ein, und wir steigen aus. Es ist irre viel Betrieb, um diese Zeit kommen fast alle an. Olaf legt den Arm um mich und lotst mich durch die Drehtür, als würde ich das aus eigener Kraft nicht schaffen: In der Glasscheibe sehe ich, dass Renée hinter uns geht.
»Ich muss hier unten noch was erledigen. Ich mail dir«, sagt Olaf. Er nimmt mich in den Arm und gibt mir einen langen Kuss. Etwas peinlich berührt mache ich mich los. Er lacht, zwinkert mir zu und geht dann mit langen Schritten durch die Halle.
Renée läuft an mir vorbei und guckt Olaf kurz nach. Am Lift bleiben wir nebeneinander stehen. Wir grüßen uns und schweigen dann.
Der Lift füllt sich, und wir rauschen nach oben, eine Gruppe Fremder auf engstem Raum, die notgedrungen des anderen Zahnpasta-Atem und Parfümduft einatmen müssen.
Kaum hat der Lift den neunten Stock erreicht, zwängt sich
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