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Klatschmohn

Klatschmohn

Titel: Klatschmohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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nie langweilig«, hatte mein werter Kollege Max verlauten lassen. Darin konnte ich ihm nur zustimmen.

    Geduld war nie eine meiner Stärken gewesen, aber die kommende Woche wurde sie besonders hart auf die Probe gestellt. Ich wollte endlich Licht ins Dunkel bringen, um das anstrengende Versteckspiel mit Leander beenden zu können.
    Hoffentlich würde sich der von Max ausgegrabene Paparazzo Manfred Voss als hilfreich erweisen.

    Voss war schon Gesellschaftsfotograf gewesen, als ich noch die kleine Raupe Nimmersatt für die spannendste Samstagnachmittag-Unterhaltung hielt.

    Am Mittwoch war es endlich soweit. Herr Voss ließ in seine Stammkneipe bitten, ein Etablissement, das ich nicht einmal tagsüber bei schönstem Sonnenschein heimgesucht hätte.

    Max musste mich förmlich in die Spelunke schieben. Wieso konnten wir nicht einen Paparazzo mit Stil treffen, einen von er Kir-Royal-Sorte? Manfred Voss hatte definitiv bessere Zeiten gesehen. Es war kaum anzunehmen, dass er mit seinem angeranzten Aufzug heutzutage in eine VIP-Lounge gelassen würde.

    Es gab nichts gegen ehrliche, runtergekommene Kneipen einzuwenden, wo man zum Abschluss eines Abends »Der Mann mit der Mütze geht jetzt heim«
    spielte. Aber Voss und der Schuppen waren einfach nur halbseiden und zwielichtig. Sein vergilbtes Gebiss machte ihn nicht unbedingt sympathischer.

    Kein Wunder, dass mich Leander von solchen Typen fern halten wollte. Er fing gerade an, mir wieder zu sympathisch zu werden.

    Max war nicht so zimperlich wie ich. Selbst in diesem Etablissement schaffte er es, seine Charmeoffensive zu landen. So von Kumpel zu Kumpel. Die Währung hieß Alkohol bei Manfred Voss, und Max tat das Seine, den Fluss nicht abreißen zu lassen. Witzigerweise schien meine Antipathie gegenüber Herrn Voss auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Er lehnte sich vertraulich zu Max rüber und flüsterte in einer Lautstärke, die ich verstehen sollte: »Was willste denn mit der?
    Das ist doch so ’ne verwöhnte Tussi, oder?«

    Max nickte zustimmend und antwortete ebenso laut, damit ich es hören konnte: »Klar, aber dafür ist sie eine Granate im Bett«, und grinste mich an. Dieses Argument ließ mein Freund Voss natürlich gelten.

    »Glaub ich gleich, die hat auch was Verdorbenes. Sieht man der an.« Und sein abwertender Blick wandelte sich in Anerkennung. Wie pflegte mein Vater zu sagen: »Applaus aus der falschen Ecke.« Max war natürlich höchst amüsiert. Mit seinem neuen Duzfreund Voss kam er denn auch zum Thema.

    »Du willst was über den Berglandt wissen, hat Thilo gesagt?«, bemerkte Voss.

    »Stimmt. Thilo meinte, du kennst ihn von früher.«

    Voss überlegte. »Ja, der war bei einer Clique von jungen Schauspielern dabei. Die trafen sich am Wochenende in der >Lucky Lounge<. War der angesagteste Laden in den 80ern. Neonröhren und Kunstnebel zum Abwinken. In den Cocktails steckten diese kleinen Papierschirmchen. Und auf den Klos haben die gekokst; ich hab’s auch ab und zu probiert, aber das geht ganz schön ins Geld.
    Er sah gut aus, der Berglandt, jung, gut gebaut, da standen die Damen drauf, und nicht nur die. Berglandt wusste schon damals, wo er hin will, und war weder aufm Yuppie-noch auf m Umwelttrip, höchstens auf dem Egotrip.«

    »Und dir ist nicht zu Ohren gekommen, dass er in unsaubere Sachen verwickelt gewesen wäre?«, hakte Max nach.

    Voss schaute mich, die Granate, an, schüttelte den Kopf und wandte sich wieder meinem reizenden Kollegen zu.

    »Nee, das nicht. Aber ich bin trotzdem an ihn geraten! Er war einige Male mit ’nem Mädel da gewesen. Hübsches Ding. Und da er sich in der Pose des Eroberers gerne ablichten ließ, dachte ich, ihm einen Gefallen zu erweisen, und hab die beiden fotografiert. Da ist er plötzlich ausgerastet, hat mir die Kamera abgenommen, den Film rausgerissen und mich angeschrien, ich solle mich um meine Angelegenheiten kümmern. Das Mädel und ihn hab ich dann nicht mehr zusammen gesehen. Außerdem ging es mit seiner Karriere steil bergauf, und er hatte es nicht mehr nötig, sich mit brotlosen Künstlern zu umgeben. Ja, das waren noch Zeiten. Da musste man sich nicht hinter ’nem Busch auf die Lauer legen, um ’nen Star im Jogginghöschen zu fotografieren. Da saß man Seite an Seite mit den feinen Herrschaften. Die haben uns gebraucht und wir sie.«

    Max unterbrach seine mitleidigen Ausschweifungen, bedankte sich und zog mich hinaus.

    Viel hatte der Besuch nicht gebracht. Die einzige Fährte, wenn man es so

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