Klatschmohn
verengten sich.
»Sorry, aber die Bahnhofsmissionsnummer nehme ich dir nicht ab! Ihr Frauen seid alle gleich! Das ist doch nur Rache wegen Witta, die übrigens mich verführt hat. Ich hatte gar keine Chance! Sie hatte es richtig auf mich abgesehen!«, versuchte Leander sich herauszureden.
»Genau, und du hast auch gar nichts dabei empfunden und dein Orgasmus war vorgetäuscht! Verschone mich! Was soll das eigentlich noch? Wir sind fertig miteinander!«
Leander sah das offensichtlich anders.
»Pia, Süße, wir könnten doch noch einmal von vorne anfangen. Es war doch so schön mit uns.« Mir schwante, was er bezweckte. Mir war gerade wieder sein Plan eingefallen.
»Du bist dümmer als ich dachte, Leander. Vor allem unterschätzt du mich gewaltig! Ich habe nicht vergessen, wie wir uns verliebt bei der Buchpräsentation anschauen und mit einer möglichen, bisher geheimen Beziehung kokettieren sollten, um dich in die Schlagzeilen zu bringen! Ich habe auch inzwischen gemerkt, dass ich und mein Umfeld die Einzigen waren, die von unserer festen Beziehung ausgegangen sind! Dass deine Freunde und Hofjournalisten mich alle als deine Biografin kennen lernen durften, ist mir bewusst. Und wenn du mich noch einmal Süße nennst, schreie ich so laut und mache dir eine Szene, bei der mir sicher das ein oder andere rausrutschen wird! Und jetzt lass uns endlich da rein gehen und es hinter uns bringen! «
Ich ließ den verdutzten Leander stehen und ging voraus zur Pressekonferenz.
Natürlich brauchte er nicht lange, um sich zu fassen. Bestens gelaunt kam er herein, scherzte mit den anwesenden Journalisten, verteilte Komplimente an die anwesenden Journalistinnen und lächelte mich an, als ob unser Gespräch gerade eben nicht stattgefunden hätte.
Und schon ging es los.
»Herr Berglandt, wie kommt ein Mann im besten Alter auf die Idee, eine Biografie zu veröffentlichen?«
»Wissen Sie, ich habe ja in meinem noch jungen Leben so viel erlebt, dass es besser ist, jetzt damit anzufangen, als jährlich einen Band nach dem anderen herauszubringen und eine Art Brockhaussammlung mit Goldrand daraus zu machen.«
Gelächter der Journalisten.
»Wird die Biografie etwas aufzeigen, das wir noch nicht wissen?«
»Sicher doch, oder wussten Sie, dass ich zur genetischen Minderheit gehöre, die nicht die Zunge rollen kann?«
Gelächter der Journalisten.
»Frau Mohnhaupt. Sie hatten das Vergnügen, mit diesem Prachtexemplar von Mann eng zusammenzuarbeiten. Wie war das für Sie?«
»Ich bin so tief drin in der Materie, dass ich mich ab und zu selber für Leander Berglandt halte. Wahrscheinlich muss ich erst mal den Entzug verkraften.«
Gelächter der Journalisten. Ha, es ging also doch!
»Aber im Emst. Es war eine - sagen wir mal - interessante und
professionelle Zusammenarbeit, die mir sehr viel Menschenkenntnis vermittelt hat.«
»Herr Berglandt, apropos Menschenkenntnis. Wie wir in den letzten
Wochen lesen durften, waren Sie frisch verliebt, haben aber in der Zwischenzeit feststellen müssen, dass sie einer Hochstaplerin aufgesessen sind. Ist Ihnen das schon mal passiert und, wenn ja, lesen wir etwas darüber in Ihrer Biografie?«
Leander versuchte sich zu beherrschen.
»Von Frau Stadtheimer habe ich mich getrennt! Mit einer moralisch
fragwürdigen Person wie ihr möchte ich nicht länger mein Leben verbringen und -
nein, das ist mir vorher noch nie passiert.«
Innerlich musste ich kichern: moralisch fragwürdige Person! Wie der Herr, so das Gescherr, dachte ich. Wie Witta wohl auf die Trennung reagiert hatte? Nicht nur, dass ihr Ruf dahin war, nein, zudem ließ Leander sie im Stich. Tja, wer sich auf ihn verließ, war verlassen.
»Herr Berglandt. Sie haben in einem Interview der Zeitschrift Gala angedeutet, dass Sie, kurz bevor Sie mit Frau Stadtheimer zusammenkamen, von einer anderen Dame verlassen wurden. Über diese Dame haben wir nie etwas erfahren. Wer war sie denn, und warum haben Sie die Beziehung geheim gehalten?«
Ich hielt die Luft an. Atmen, weiter atmen, impfte ich mir ein. Zum ersten Mal war ich froh, dass Leander ein geübter Lügner war.
»Die Dame befand sich in einer schwierigen Trennungsphase von ihrem eifersüchtigen Ehemann, es waren Kinder involviert, und ich wollte um jeden Preis die Privatsphäre der Dame schützen!« Gar nicht schlecht! So kam ich innerhalb von Sekunden zu einem eifersüchtigen Ehemann mit Kindern. Die Pressekonferenz verlief ohne weitere Zwischenfälle.
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