Klebstoff
entschuldigend hinzu.
– Hör bloß auf, sagte Terry ungläubig, – wann hast n du in deinem Leben schon mal was Ehrliches angefasst, du alte Fotze?
– Nee, echt, protestierte Alec, – wir treffen uns im Ryrie’s, in ner halben Stunde.
Terry ging sich umziehen. Er stieg die Treppe rauf in sein Schlafzimmer und machte unterwegs Inventur im Haus. Er würde dieses Mietverhältnis weiterlaufen lassen müssen, das war nicht bloß lästig, sondern ne richtig nervige Angelegenheit. Aber vielleicht kam das alte Mädchen ja noch zur Vernunft.
Terry inspizierte die Wohnung flüchtig und überlegte, dass die neuen Fenster, die die Wohnungsbaugesellschaft hatte einsetzen lassen, schon ne große Verbesserung darstellten. Es war jetzt viel wärmer und viel leiser. Allerdings war da immer noch n feuchter Fleck, der immer wieder unter dem Fensterbrett auftauchte; sie waren ein paarmal da gewesen und hatten daran gearbeitet, aber das Scheißding kam immer wieder. Er erinnerte Terry an Alec. Er musste zugeben, dass die Bude mal neu tapeziert werden müsste. Sein Zimmer sah vielleicht aus. Das Poster mit der Tennisspielerin, die sich am Arsch kratzte, und das mit den Nackten, die den Umriss von Freuds Profil bilden, »Was Männer im Kopf haben«. Dann hing da eins von Debbie Harry, so späte Siebziger, frühe Achtziger, und eins von Madonna n paar Jahre später. Außerdem hatte er jetzt eins von den All Saints. Das waren scharfe Weiber. Die Spice Girls, die warn genauso wie die Schnepfen, die man im Lord Tom’s oder irgendnem anderen Aufreißschuppen auf der Lothian Road traf. Man will aber die anspruchsvollen, die unerreichbaren an der Wand hängen haben. Tittenhefte kaufte Terry nur, wenn sich darin ein unerreichbarer Star nackt darbot.
DAS BALMORAL
Die magere junge Frau, die mit gekreuzten Beinen auf dem Bett des Hotelzimmers saß und ihre Zeitschriftenlektüre unterbrach, um sich eine Zigarette anzuzünden, wirkte angespannt und blass. Etwas beunruhigt sah sie hoch und stieß einen Rauchring aus, während sie ihre Umgebung betrachtete. Es war ein Hotelzimmer wie alle anderen. Sie stand auf, um aus dem Fenster zu schauen, und sah vor sich eine Burg auf einem Hügel aufragen. Das war zwar durchaus ungewöhnlich, machte aber trotzdem keinen Eindruck auf sie. Für sie war die Aussicht vor dem Fenster ebenso langweilig und eindimensional wie die Bilder an der Wand. – Und noch so eine Stadt, dachte sie versonnen.
Man hörte ein rhythmisches, vertrautes Pochen an der Tür, und ein stämmiger Mann trat ein. Er hatte kurz geschnittene Haare und trug eine Brille mit Silbergestell.
– Geht’s dir gut, Schatz? erkundigte er sich.
– Ich denk schon.
– Wir sollten Taylor anrufen und zum Abendessen gehen.
– Ich hab keinen Hunger.
Sie wirkte so zierlich auf dem breiten Bett, dachte der Mann und betrachtete ihre nackten Arme. An ihnen war kein Fleisch, und schon der Gedanke daran ließ seine eigenen üppigen Körpermassen zittern. Ihr Gesicht war wie ein Totenschädel, über den man plastikartige Haut gespannt hatte. Als sie sich vorbeugte und ihre Zigarettenasche in den Aschenbecher auf dem Nachttisch schnippte, musste er daran denken, wie er mit ihr gefickt hatte, nur das eine Mal, vor all den Jahren. Sie hatte abwesend gewirkt und war nicht gekommen. Er konnte in ihr keine Leidenschaft wecken, und nach dem Akt war er sich wie ein bemitleidenswerter Sozialfall vorgekommen, dem man ein Almosen hingeworfen hatte. Eine verdammte Beleidigung, aber seine eigene Schuld, weil er versucht hatte, Geschäft und Vergnügen miteinander zu verbinden; nicht dass es so ein großes gewesen wäre.
Damals hatte das alles angefangen, diese verfluchte Essstörung. Franklin unterbrach sich für einen Moment nervös, weil er wusste, dass nun die gleiche Szene folgen würde, die er schon so oft und ohne jeden Erfolg durchgespielt hatte.
– Pass mal auf, Kathryn, du weißt doch, was der Arzt gesagt hat. Du musst etwas essen. Andernfalls bist du totes … er brach ab und ließ das Wort »Fleisch« weg. Das kam ihm hier deplatziert vor.
Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu, bevor sie wieder ins Leere starrte. Bei einer bestimmten Beleuchtung sahen ihre Gesichtszüge bereits wie eine Totenmaske aus. Franklin fühlte, wie das vertraute Gefühl der Resignation einsetzte. – Ich werd den Zimmerservice anrufen … Er nahm den Hörer auf und bestellte ein Club-Sandwich und eine Kanne Kaffee.
– Ich dachte, du würdest mit Taylor auswärts
Weitere Kostenlose Bücher