Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
paranoid und gehemmt. Ein paar von denen konnten zwar gut austeilen, aber sie hassten es, wenn sie es zurückbekamen. Die hübschen Jungs waren die schlimmsten; narzistische, selbstverliebte Schlaffis ohne Persönlichkeit. Nur stand man andernfalls vor dem Problem, dass es die Selbstachtung zerfraß, wenn man mit zu vielen Hackfressen fickte. Das war ein Problem, aber eins, das man gern in Kauf nahm.
    Die kleine Charlene war im Urlaub etwas komisch gewesen. Lisa hegte den Verdacht, dass ihr alles ein bisschen zu viel geworden war. Lisa war selbst überrascht gewesen, welchen Beschützerinstinkt sie für ihre jüngere Freundin entwickelte. Wenn sie in San Antonios West End unterwegs waren, wachte sie immer wie eine Glucke, wenn ihnen eine bunte Mischung pastellfarbener T-Shirts und Shorts angeberisch entgegenkam, alle mit hoffnungsvollem Grinsen und ironischen Bemerkungen. Es war immer ne ganz bestimmte Sorte schmieriger Typen, die sich direkt auf Charlene stürzten. Ihre Freundin war klein und dunkel: Sie nannte das den »Black-Irish«-Look, fast wie eine Roma. Das hatte sie von ihrer Mutter. Charlenes konventionell hübsches Gesicht und ihr üppiger Busen hätten eigentlich auf eine lebhafte Sexualität hindeuten müssen, aber sie hatte etwas Ernsthaftes, sehr Zurückhaltendes an sich. Man merkte, dass ihr das Ganze peinlich war, obwohl sie sich so bemühte, dazuzugehören.
    Draußen im Abteil sahen sie zu, wie Berwick unter ihnen vorbeiglitt. Charlene hatte es schon so oft aus dem Zug gesehen, und trotzdem sah es noch eindrucksvoll aus. Sie wusste noch, wie sie einmal von einem Abend in Newcastle zurückkam und Lust bekommen hatte, auszusteigen und es zu erkunden. Es hatte sich als ganz nette Stadt entpuppt, die man aber doch besser vom Zug aus bewunderte.
    Angie stupste Charlene an, als sie die Flasche von Shelagh übernahm. – Die ist echt verrückt, sie warf einen Blick auf Shelagh, – fast so schlimm wie du. Weißte noch, wie du mit diesem Kerl aus dem Buster’s abgezogen bist?
    – Aye … stimmt, Herzchen, sagte Shelagh argwöhnisch. Sie wusste nicht mehr, wann das jetzt wieder gewesen sein sollte, aber sie spürte, in welcher Stimmung Angie war.
    – Der war sternhagelvoll.
    Jetzt wusste Shelagh wieder. Am besten, sie erzählte es selbst, statt sich Angies Version davon anhören zu müssen. – Aye, ich ging mit zu ihm, aber er kriegte keinen hoch. Am Morgen zieh ich mich an, da wird er wieder munter und will’s noch mal wissen. Ich hab ihm gesagt, er kann mich mal.
    – Stimmt, das gehört sich nich, sagte Angie, der auffiel, dass es nicht die Geschichte war, die sie gemeint hatte. Aber sie war schon leicht angetrunken, und da sie die eigentliche Geschichte längst wieder vergessen hatte, tat die hier es auch, – das ist okay, wenn man betrunken ist, aber nich morgens, wenn sie nüchtern sind, besonders nich, wenn er ihn in der Nacht davor nich hochgekriegt hat.
    – Kenn ich. Dann ist das so, als würd man mit einem mitgehn, den man gar nich kennt. So als wär man ne elende Schlampe oder so. Ich sag ihm, er soll sich verpissen, du hast deine Chance gehabt, Söhnchen, und hast den Job nicht gepackt. Und weißte, was sie dazu gesagt hat? erklärte Shelagh und zeigte in die Richtung, in die Lisa gegangen war. – Sie meinte, ich wär verrückt. Ich hätte ihn am Morgen bumsen sollen. Ich sag, von wegen, ich hab schon acht Diamond Whites gebraucht, um bloß mit ihm zu knutschen. Ich fick doch nicht mit nem hässlichen Kerl, den ich nich kenne, wenn mein einziger Schutz dabei n schlimmer Kater is.
    In diesem Moment kam Lisa zurück, zog skeptisch die Augenbrauen hoch und schlüpfte wieder auf den Platz neben Shelagh.
    Charlene guckte wehmütig aus dem Fenster, während der Zug an der Küste von Berwickshire vorbeiglitt. – Sie könnte aber auch Recht haben. Das hängt mit der harntreibenden Wirkung zusammen. Nach ner Sauftour bleibt n Junge länger hart. Davon hab ich gelesen. Deswegen hat meine Ma sich so viel Zeit gelassen, bis sie sich von meinem Dad getrennt hat, obwohl er n totaler Alkie war. Er wachte morgens auf und verlötete ihr einfach einen mit dem Steifen, den er vom Saufen hatte. Sie dachte, das würd bedeuten, dass er sie immer noch liebte. Es war nur ne rein chemische Notwendigkeit. Er hätte ihn auch in n Gregg’s Bridie gesteckt, wenn’s warm und feucht genug gewesen wär.
    Sie spürten, dass Charlene zu viel gesagt hatte. Es entstand ein langes, nervöses Schweigen, während dessen sie

Weitere Kostenlose Bücher