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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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kommst.
    Lexo war seit dem Ableben seines Kumpels Ghostie in Polizeigewahrsam ein mehr oder weniger gesetzestreuer Bürger geworden. – Gehst du morgen in die Easter Road? fragte Rab.
    – Nee, war ich schon ewig nicht mehr, sagte Lexo kopfschüttelnd.
    Birrell nickte nachdenklich. Heutzutage traf man Leute aus der alten Crew tatsächlich eher im Fringe Club als an der Easter Road an.
    Rab und Andy leerten zwei Sektflöten und verabschiedeten sich dann wieder. Lexo hatte Geschäfte zu erledigen und blendete sie schon wieder aus seinem Kreis aus, nachdem er sie erst mit viel Brimborium vorgestellt hatte. Da er mit seinem älteren Bruder Billy jahrelang ein Zimmer geteilt hatte, kannte Rab die Aufmerksamkeitsspanne der harten Jungs besser als die meisten. Sie gaben und sie nahmen, zu ihren Bedingungen. Ihnen ne Unterhaltung aufzwingen zu wollen, reizte sie nur. Außerdem fand Rab Birrell es doch recht abstoßend, wie die Fernsehleute an Lexos Lippen hingen und sich sichtlich an seinen sorgfältig geschönten Anekdoten aufgeilten, die ihn als großen Anführer darstellten, der in vielen Schlachten gegen ne große Übermacht spektakuläre Siege davongetragen hatte. Als Rab und Andy sich verabschiedeten, sagte Lexo: – Sag deinem Bruder, dass ich ihn sprechen will.
    Rab konnte sich denken, was Lexo den wissensdurstigen Medienfotzen jetzt erzählen würde. Wahrscheinlich würd es so was sein wie: Aye, das war Rab Birrell, kein schlechter Typ. Betrachtete sich für ein paar Spielzeiten als Hool, war aber keiner aus der ersten Reihe. Schlauer Kopf, studiert jetzt oder so, heißt es. Mit seinem Bruder Billy ist das allerdings was anderes. Der war mal n guter Boxer …
    Mit Billy war das immer was anderes. Rab dachte an den Umschlag, den ihm sein Bruder vor ein paar Tagen zu Haus bei den Eltern gegeben hatte. Er enthielt zwei Mitgliedskarten für den Fringe Club, zwei Kinokarten und fünfhundert Ocken. Er sah runter, um das Geldbündel zu sehen und zu befühlen, das ne deutliche Beule in der Tasche seiner Levi’s formte.
    – Ich brauch das nich, hatte Rab erwidert, ohne Anstalten zu machen, es zurückzugeben.
    Billy hatte abgewunken und dann die Hände gehoben. – Behalt es. Genieß das Festival. Studenten ham’s nich leicht, hatte er hinzugefügt. Sandra hatte zustimmend genickt. Wullie hing vor seinem PC und surfte im Internet. Er verbrachte die meiste Zeit damit, mit dem Computer, den Billy ihnen gekauft hatte, irgendwelche Websites zu besuchen. Seit er in Rente war, waren das Internet und das Kochen seine beiden einzigen Obsessionen.
    – Komm schon, Rab, ich kann’s verschmerzen. Ich würd’s nich machen, wenn ich’s mir nich leisten könnte, drängte Billy. Und Billy wollte gar nicht protzen, naja, ein bisschen vielleicht, aber hauptsächlich war er einfach Billy. Er kümmerte sich um die Menschen, die ihm nahe standen, einfach deswegen, weil es ihm möglich war, und damit hatte es sich. Aber Rab bemerkte den Ausdruck widerlicher Hingabe im Gesicht seiner Mutter und fragte sich, warum man das nicht unter vier Augen, nur zwischen ihnen beiden, hätte erledigen können. Als er den Umschlag mit nem verhaltenen, lahm klingenden Danke einsteckte, ging ihm durch den Kopf, wie seltsam es war, dass der eigene Bruder für einen gleichzeitig Held und Geißel sein konnte.
    Billy wäre an nem Ort wie hier ganz entspannt und genauso wie Lexo ganz in seinem Element. Aber Rab fühlte sich nicht wohl. Er überlegte, dass es vielleicht ganz gut wär, rüber ins Stewart’s oder Rutherford’s zu gehen. Die würden wahrscheinlich voll mit Festival-Nasen sein, die sich unters gemeine Volk mischten.

[Menü]
Irgendwo bei den
Blue Mountains, New
South Wales, Australien
Dienstag, 19.38 Uhr
    Ich will, dass es vorbei ist. Man nimmt zu viel, weil man was anderes empfinden oder sehen möchte, aber nur für kurze Zeit. Ich ertrag’s nicht, weil ich eingesehen hab, dass ich dadurch überhaupt nichts lernen kann. Es ist auch bloß wieder ein zusätzliches, beschissenes Gewürge. Scheiße, was soll ich schon daraus lernen, tage- und nächtelang wach zu bleiben? So wie damals, im Sommer, als wir klein waren und uns endlos vor den Häusern im Kreis drehten, bis uns schwarz vor Augen wurde, was uns irgendwie einen blöden Kick brachte, und dann schnaufend und benommen auf dem Rasen lagen und mit unserer Übelkeit kämpften. Die Erwachsenen, die draußen in der Sonne saßen, sagten uns dann immer, wir sollten das sein lassen. Sie wussten, dass

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