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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Nee, sagte Lisa, wappnete sich innerlich und starrte wieder die Wände an. Die brauchten definitiv mehr Farbe.
EINE WILLKOMMENE ALTERNATIVE ZU SCHMUTZ UND GEWALT
    Der Festival Club war die Hölle für Franklin, aber die Organisatoren der Veranstaltung hatten darauf bestanden, dass er und Kathryn dorthin kamen. Ein farbenfroh gekleideter Mann in einem blauen Cordjackett und gelben Chinos kam auf Franklin zugehüpft und schüttelte ihm schlaff die Hand. – Mr. Delaney, Angus Simpson vom Festkomittee. Überaus erfreut, Sie kennen zu lernen, sagte er mit seinem Privatschulenglisch. – Dies ist Stadträtin Morag Bannon-Stewart, die den Stadtrat im Komittee repräsentiert. Äh … wo ist Miss Joyner?
    Franklin Delaney verzog das Gesicht zu einem saccharinsüßen Lächeln. – Sie hatte einen leichten Husten und ein Kratzen im Hals, daher haben wir beschlossen, dass sie besser im Haus bleibt und früh zu Bett geht.
    – Oh … wie schade, es sind einige Vertreter der Presse und des Lokalradios gekommen. Wie es scheint, hat Colin Melville von der Evening News gerade einen Anruf auf dem Handy bekommen, in dem es hieß, man habe sie heute Abend in Leith gesehen …
    Leith. Scheiße, wo zum Teufel war das jetzt wieder, juckte es Franklin zu fragen. Stattdessen sagte er ungerührt: – Ich glaube, sie war früher am Tag mal auf einen Sprung raus, aber jetzt liegt sie brav im warmen Bettchen.
    Morag Brannon-Stewart trat einen Schritt vor in Delaneys persönlichen Raum und flüsterte mit Whisky-Atem: – Ich hoffe, sie wird wieder. Es ist schön, eine beliebte Künstlerin hier zu haben, die etwas für die ganze Familie ist. Dies hier war einmal so ein wunderbares Festival. Heutzutage ist es zu einer Verherrlichung von Schmutz und Gewalt verkommen … Er betrachtete die geplatzten Äderchen in ihrem Pappmachégesicht genau, während sie weitergeiferte.
    Franklin straffte sich, kippte dabei seinen doppelten Scotch runter und machte ein Zeichen, dass er einen neuen wollte. Kathryn, diese kaputte Spinnerin. Jetzt hatte er diese halb besoffene alte Vettel vom Stadtrat am Hals. Aber der Radiomensch hatte gesagt, sie wäre in Leith gesehen worden. Das konnte nicht weiter als eine Taxifahrt entfernt sein. Sobald er konnte, entschuldigte Franklin sich unter dem Vorwand, auf die Toilette zu gehen. Stattdessen stahl er sich aus der Tür in die Nachtluft hinaus.
WAS FÜR DIE GESUNDHEIT TUN
    Im Curry House wiederfuhr Kathryn Joyner etwas Seltsames. Die amerikanische Sängerin verspürte echten, nagenden, rasenden Hunger. Das Lager und einer von Rab Birrells Joints, den sie geraucht hatten, als sie eben um die Ecke gingen, hatten Fresslust geweckt, und die Currys dufteten verführerisch. Sie konnte nicht dagegen an, in ihrer Kehle steckte der Hunger wie ein fester Ball, der sie beinah erstickte. Die knusprigen, einladenden Bhajis, die aromatische und pikante Soße über Schüsseln mit zarten, großen Stücken von mariniertem Rindfleisch, Huhn und Lamm, die bunten Gemüse, die in den Pfannen bruzzelten, ließen schon aus zwei Tischen Entfernung ihre Geschmacksknospen erbeben.
    Kathryn konnte sich nicht zurückhalten. Sie bestellte mit den anderen, und als das Essen kam, fiel sie mit einer Unbeherrschtheit über die Schüsseln her, die in peniblerer Gesellschaft wohl mehr als pikierte Blicke geerntet hätte, Rab, Terry und Johnny allerdings völlig normal vorkam.
    Kathryn wollte die Leere in sich ausfüllen; nicht mit Medikamenten, sondern mit Curry, Lager und Naan-Brot.
    Terry und Rab hatten den alten Streit wieder aufgenommen.
    – Moderne Wandersage, erklärte Rab.
    – Und wenn ich dir vors Maul hau, wär das dann auch ne moderne Wandersage?
    – Nee … entgegnete Rab vorsichtig.
    – Gut, dann halt den Rand mit deiner scheißmodernen Wandersage. Terry starrte Rab an, der den Blick auf seine Gabel senkte.
    Rab war wütend. Natürlich auf Terry, aber auch auf sich selbst. Er hatte in dem Studiengang zum Medien-und Kommunikationswirt, für den er sich am örtlichen FE – College eingeschrieben hatte, ne Menge hochtrabender Vokabeln aufgeschnappt und neigte dazu, sie immer häufiger in alltägliche Gespräche einfließen zu lassen. Er wusste, dass es seine Kumpels irritierte und befremdete. Es war reine Wichtigtuerei, denn er konnte dieselben Inhalte auch durchaus angemessen in der Alltagssprache ausdrücken. Dann dachte er, ja, leckt mich, darf ich nicht mal n paar neue Wörter kennen? Das kam ihm vor wie eine unglaublich

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