Klebstoff
schüttelte den Kopf. – Scheiß auf Speed, besorg für später n bisschen Koks. Ist dir das Recht, Kath?
– Yeah, warum nicht, willigte Kathryn ein. Sie wusste nicht, wo dieses Abenteuer enden würde, aber sie hatte sich entschieden, dabeizubleiben, egal, wohin es führte.
Rab sah, wie sich Terrys Gesicht selbstgefällig verzog. – Kath ist im Rock’n’Roll-Business, Rab. Die wird von deinem Arbeiterkoks nix wollen. Heute nur vom Feinsten.
– Ich mag Speed, protestierte Rab.
– Na fein, Birrell, dann mach doch einen auf Working Class Hero, solang du willst. Von uns kriegste aber keinen Orden dafür, Freundchen, stimmt’s, John Boy? Er wandte sich an Catarrh.
– Ein bisschen Koks wär geil, sagte Catarrh, – mal zur Abwechslung, Rab, appellierte er an Rab, um seinen Verrat abzumildern. Catarrh war sonst ein echter Speedfreak und Koks hatte normalerweise katastrophale Konsequenzen für seine ohnehin schon maroden Nebenhöhlen.
DAS KANINCHEN
Lisa war eingefallen, dass Angie mal von Mad Max, Charlenes Kaninchen, erzählt hatte. Das sie als Kind gehabt hatte. Sie erinnerte sich, dass sie mal beim Runterkommen nach ner Nacht mit Clubbing und Pillenschmeißen irgendwas erwähnt hatte. Irgendwas Abartiges, bei dem man sich nicht genau an Details erinnern kann, sich aber noch des hässlichen, verstörenden Gefühls entsinnt. Etwas, das man leicht abhaken und unter »bedröhntes Blabla« ablegen konnte.
Irgendwas war mit ihrem Kaninchen passiert. Etwas Schlimmes, denn Charlene war eine Zeit lang nicht zur Schule gekommen. An mehr konnte sich Lisa nicht mehr erinnern.
Dann begann Charlene wieder zu reden. Über das Kaninchen.
Charlene erzählte Lisa, dass sie das Kaninchen geliebt hatte, wie sie morgens immer als Erstes nach unten zum Stall gelaufen war, um nach ihm zu sehen. Manchmal, wenn das betrunkene Gebrüll ihres Vaters und die Schreie ihrer Mutter ihr zu viel wurden, setzte sie sich ans Ende des Gartens, hielt Mad Max im Arm, streichelte ihn und wünschte, es würde aufhören.
Als sie eines Tages von der Schule nach Haus kam, sah sie, dass die Stalltür offen stand. Das Kaninchen war nicht mehr drin. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie etwas und sah langsam an dem Baum hoch. Mad Max war dort angenagelt. Riesige Sechs-Zoll-Nägel waren direkt durch seinen Körper getrieben. Charlene versuchte ihn von den Nägeln zu ziehen, ihn zu liebkosen, obwohl sie wusste, dass er tot war. Sie bekam ihn nicht los. Sie ging ins Haus.
Später am Abend kam ihr Vater betrunken nach Hause. Er brüllte und schluchzte: – Der Kleinen ihr Kaninchen … die dreckigen Zigeuner von nebenan … ich bring die um … Er sah Charlene auf ihrem Stuhl sitzen. – Wir kaufen dir n neues Kaninchen, Süße …
Sie sah ihn mit nacktem, geringschätzigem Abscheu an. Sie wusste, was mit dem Kaninchen passiert war. Er wusste, dass sie es wusste. Er schlug hart in ihr zehn Jahre altes Gesicht, und sie fiel zu Boden. Ihre Mutter kam rein und protestierte, und er schlug sie krankenhausreif, verprügelte sie, bis sie bewusstlos war und brach ihr mit einem Schlag den Unterkiefer. Dann ging er in den Pub und überließ es dem Kind, 999 und einen Rettungswagen zu rufen. Durch den Schock kam es ihr endlos vor, bis es ihr gelang, zu wählen.
Nachdem sie ihr diese Geschichte erzählt hatte, stand Charlene abrupt auf und grinste fröhlich. – Und, wo gehen wir jetzt hin?
Lisa wollte jetzt lieber ins Bett.
EIN AMERIKANER IN LEITH
Es stellte sich als schwierig heraus, ein Taxi zu bekommen, und drei ließen ihn stehen, bevor Franklin eins anhalten und sich auf den Weg nach Leith machen konnte. Er gab dem Fahrer, der ihm mürrisch vorkam, die Anweisung, bei der ersten Kneipe mit Nachtkonzession zu halten.
Der Fahrer guckte ihn an, als hätte er sie nicht alle. – Davon gibt’s jede Menge. Das Festival läuft.
– Die erste mit Nachtkonzession in Leith, wiederholte Franklin.
Der Fahrer hatte eine lange, anstrengende Schicht hinter sich, in der er dämliche Fotzen, die nicht wussten, was sie wollten, oder wohin, oder wann, durch die Stadt kutschiert hatte. Sie erwarteten von ihm ein enzyklopädisches Wissen über das Festival. Nummer achtunddreißig, riefen sie ihm als Veranstaltungsort zu, als wären sie in nem chinesischen Takeaway. Entweder das, oder sie gaben den Namen der Show an. Der Fahrer hatte die Nase voll davon. – Es gibt Leith und es gibt Leith, Partner, erklärte er. – Was Sie unter Leith verstehn, ist vielleicht nich das, was
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