Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
selbstzerstörerische kulturelle Einschränkung. Aber im Grunde war es irrelevant, denn in erster Linie war er sauer darüber, der Bruder von Billy »Business« Birrell zu sein. Der Bruder von »Business« Birrell zu sein brachte einen gewissen Ballast an Erwartungen mit sich, und eine davon war, dass man nicht vor Fotzen wie Juice Terry kuschte.
    »Business« war ein schlagkräftiger Boxer und gewann seine ersten sechs Profikämpfe innerhalb der ersten Runden durch K. o. oder Kampfabbrüche. Sein siebter Kampf allerdings war ein Desaster. Hoch favorisiert, wurde er von Steve Morgan aus Port Talbot, einem technisch versierten Rechtsausleger, boxerisch übertrumpft und nach Punkten besiegt. Während des Kampfs wirkte der normalerweise explosive »Business« teilnahmslos und schwerfällig, platzierte kaum einen Treffer und war ein leichtes Ziel für Morgans brandgefährliche, kurze Geraden. Allgemeiner Konsens war, dass »Business« schlimme Probleme bekommen hätte, hätte Morgan erfolgreich einen Schlag durchgebracht. Die Ringrichter und der Arzt am Ring merkten, dass etwas nicht stimmte.
    Eine medizinische Untersuchung nach dem Kampf und anschließende Folgeuntersuchungen erbrachten, dass »Business« Birrell an Schilddrüsenproblemen litt, die sich nachteilig auf sein Leistungsniveau auswirkten. Das war zwar durch Medikamente in den Griff zu bekommen, aber der britische Boxverband sah sich gezwungen, seine Lizenz einzuziehen.
    »Business« genoss jedoch allgemeinen Respekt und galt als Mann, mit dem man sich besser nicht anlegte. Die Tatsache, dass er durch gesundheitliche Probleme und nicht durch einen Gegner bezwungen worden war, dass er nie zu Boden gegangen war oder aufgegeben hatte, hatte seinen Heldenstatus vor Ort noch vergrößert. Statt mit einem ungerechten Schicksal zu hadern, das ihm jede Hoffnung auf eine glorreiche Karriere zunichte gemacht hatte, hatte Billy Birrell aus seiner lokal begrenzten Berühmtheit Kapital geschlagen und eine beliebte und profitable Pre-Club-Bar eröffnet, die natürlich »Business Bar« hieß.
    Rab Birrells Problem war, dass ihm als nachdenklichem und grüblerischem Menschen die explosive Dynamik fehlte, um mit den kämpferischen Fähigkeiten oder dem unternehmerischen Elan seines Bruders mithalten zu können. Rab spürte, dass er immer die zweite Geige hinter »Business« spielen würde, immer schwanken würde zwischen dem Versuch, auf eigenen Füßen zu stehen, und der Möglichkeit, sich bequem im Windschatten seines Bruders mitziehen zu lassen. Er hatte das Gefühl, ob es nun auf Realität oder Einbildung beruhte, dass der Schlag Menschen, der seinen Bruder verehrte, auf ihn herabsah.
    Während Rab darüber nachgrübelte, hoffte Juice Terry inständig, dass seine Ohren ihn trogen. Er hatte sich auf dieselbe Seite des Tischs wie Kathryn gesetzt und war geschockt, als sie ihn zu sich ranzog und ihm ins Ohr flüsterte: – Hör zu, Terry, ich möchte, dass du eins weißt: Zwischen uns wird es keinen Sex geben. Du bist ein netter Typ, und ich mag dich als Freund, aber wir werden nicht vögeln. Okay?
    – Du stehst auf Catarrh … oder Birrell … Terry spürte seine Welt zusammenbrechen. Seine sexuellen Aussichten verringerten sich so rapide, wie die Krankenhäuser zumachten, während die von Rab und Johnny so sprunghaft nach oben schossen wie die Belegung der Gefängnisse. Mit dieser Louise war’s auch Essig. Ein schnuckeliges kleines Ding, aber n bisschen jung für ihn, und noch entscheidender, sie machte mit Larry Wylie rum, der wieder draußen war. Damit war das für ihn gegessen. Aber Louise, die hatte auch nie Platten in der Jukebox im Silver Wing oder im Dodger gehabt.
    Kathryn war abgestoßen und zugleich fasziniert von dem anscheinend monströsen Ego von Terry und seinen Freunden. Da saßen sie, drei bessere Pennbrüder aus einem beschissenen Stadtteil, von dem sie gerade zum ersten Mal gehört hatte, und sie führten sich auf, als wären sie das Zentrum des Universums. Sie hatte bisher selbst unter Rock’n’Roll-Größen nie jemanden mit derart überentwickeltem Ego erlebt. Die Vorstellung, sie, Kathryn Joyner, die bereits überall auf der Welt gewesen war, die Cover von Style-und Fashion-Magazinen geziert hatte, könnte mit einer dieser verkrachten Existenzen mitgehen, war lächerlich.
    Absolut lächerlich.
    Kathryn räusperte sich. Sie ergriff sanft Terrys Arm, sowohl um sich festzuhalten, als auch, um ihn zu trösten. Und es hatte ihr gefallen, als Johnny

Weitere Kostenlose Bücher