Kleider machen Bräute
der beiden, die sich unterhielten, als wäre sie gar nicht anwesend, verspürte auf einmal den starken Drang, sich mit einer Ausrede davonzustehlen.
»Molly?«, sagte Caitlin in dem Moment und streckte ihr die Spieluhr entgegen, »sieh nur, was Mum für mich besorgt hat!«
Molly nahm die Spieluhr und ermahnte sich, mit aller Selbstbeherrschung, die sie aufbrachte, dass ihre Mutter krank war. Vermutlich konnte sie keinen klaren Gedanken fassen, und Caitlin war zu sehr im Hochzeitsfieber, um sich über ihre, Mollys, Gefühle Gedanken zu machen.
Molly strich über den glänzenden Lackdeckel, ihre Unterlippe zitterte.
»Sehr hübsch«, sagte sie steif und reichte sie zurück. »Du Glückliche.«
Caitlin warf ihr einen sonderbaren Blick zu. »Was meist du mit ›du Glückliche‹? Die ist für dich!«
»Wie bitte?« Molly traute ihren Ohren nicht. »Für mich? «
Caitlin nickte. »Ein Geschenk von mir.«
»Aber … Mum hat sie doch für dich gekauft …«
Caitlin lachte. »Falsch! Mum hat sie für mich besorgt, als Geschenk für dich! Hat sie dir das nicht gesagt?«
»Nein.«
»O Molly, nein!«, keuchte ihre Mutter. »Du musst gedacht haben, dass sich die Geschichte wiederholt! Es tut mir so leid, Liebes. Ich habe alte Wunden aufgerissen. Wie gedankenlos von mir!«
Caitlin drückte Molly die Spieldose in die Hand. »Nimm sie. Danke für alles, was du für mich getan hast. Nicht nur an den letzten Tagen. Danke, dass du so eine tolle Schwester bist.«
Molly brachte kein Wort heraus, in ihr tobte das reinste Gefühlschaos. Caitlin hatte es also doch nicht vergessen. Und ihr verziehen. Und alles wieder gut gemacht. Das war alles zu viel auf einmal.
»Jetzt sag doch was.« Caitlin grinste. »Sonst denke ich noch, du wärst ins Koma gefallen.«
Endlich strahlte Molly. »Ich fasse es nicht.« Sie klappte den Deckel auf. Eine winzige silberne Ballerina sprang heraus und drehte sich langsam auf einem Spiegelsockel, während ein unsichtbarer Mechanismus Au claire de la lune klimperte. »Oh, es ist … ich liebe es. Vielen Dank!«
»Caitlin hat mich schon vor einer Weile gebeten, nach einer Spieldose für dich Ausschau zu halten, Liebes«, sagte ihre Mutter lächelnd.
»Wirklich?« Molly wandte sich ihrer Schwester zu. Die zuckte mit den Schultern und nickte.
»Aber ich habe einfach nicht die Richtige gefunden«, fuhr ihre Mutter fort. »Deshalb konnte ich mein Glück kaum fassen, als ich auf der Aktion diese hier entdeckte.«
Molly klappte den Deckel wieder zu und nickte. »Was für eine tolle, tolle Überraschung! Ihr zwei seid einfach die Besten.«
»Na, und ob!«, bestätigte Caitlin und sah dann zu ihrer Mutter. »Sollen wir dich allein lassen, damit du dich ein bisschen ausruhen kannst, Mum?« Molly merkte, dass Caitlin wie üblich das Kommando übernahm, aber es machte ihr nichts mehr aus.
»Auf keinen Fall. Ich will unbedingt alles über die geplante Hochzeit erfahren – bevor es dank mir Dussel schiefging.«
»Rede nicht so«, schimpfte Caitlin mit ihr. »Ich möchte jetzt nirgendwo anders sein als hier.« Sie kuschelte sich auf dem Bett an ihre Mutter. »Also gut, wo soll ich anfangen?«
»Erzähl uns, was für eine Verwirrung du in Venedig zurückgelassen hast«, sagte Molly und kuschelte sich auf der anderen Seite an ihre Mutter. »Ich stelle mir das totale Medienchaos vor und dass verzweifelte blonde Nachrichtensprecherinnen die eingeplante Sendezeit jetzt mit altem Bildmaterial von Francesco auf einer Yacht oder so füllen müssen.«
Caitlin kicherte. »Damit liegst du gar nicht so verkehrt. Das Letzte, was ich gesehen habe, war, wie eine Horde Sendewagen und Motorräder davonschoss, um irgendwen anderes zu finden, in dessen Privatsphäre sie herumstochern können.«
»Dieses Medienspektakel hätte ich schon gern miterlebt«, meinte ihre Mutter wehmütig. Molly warf ihr einen überraschten Blick zu, woraufhin Vanessa fortfuhr: »Warum denn nicht? Es passiert ja nicht alle Tage, dass eine meiner bezaubernden Töchter im Rampenlicht steht.«
»Aber Mum!«, schimpfte jetzt Molly. »Darum geht es doch nicht! Eine Hochzeit sollte etwas ganz Privates, Bedeutsames sein, nicht wahr, Caitlin? Caitlin?«
Caitlins Unterlippe zitterte. Sie kämpfte mit den Tränen. Sie zog ein Papiertuch aus der Tasche und schnäuzte sich. »Alles in Ordnung«, murmelte sie.
»Es muss so eine Riesenenttäuschung für dich sein«, sagte ihre Mutter und strich ihr übers Haar. »All die Pla nungen, alles komplett
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