Kleider machen Bräute
was ich bisher getan habe, darin besteht, einen Beinahe-Flugzeugabsturz zu überleben und als Dank für meine Kurierdienste beinah eingekerkert zu werden. Wärst du so nett, meiner Schwester auszurichten, dass ihr Kleid in der nächsten Maschine nach Venedig sein wird?«
Warum hatte sie das gesagt? Es gab keine Flüge. Aber Molly war zu erschöpft, um ihm all das jetzt aufzudröseln. Sie wollte Francesco einfach nur loswerden.
»Wo bist du jetzt?«, fragte er.
»Das Flugzeug musste in den Alpen notlanden und wir hatten ein paar Probleme mit dem Zoll. Pascal wurde verhaftet, aber nur wegen seiner Panikattacke im Flugzeug. Abgesehen davon, würde ich sagen, ist alles mehr oder weniger unter Kontrolle.«
Molly wollte nicht sarkastisch klingen. Sie wollte Francesco lediglich den Eindruck vermitteln, dass sie in der Lage war, mit allem zurechtzukommen. Sie spürte jedoch, dass ihre Worte irgendwie anders herausgekommen waren. Im Hintergrund hörte sie ihre Schwester murmeln und herumstampfen und hatte sofort wieder dieses ungute Gefühl in der Magengegend.
»Sag das mit Pascal noch mal. Verhaftet ?« Francesco klang immer noch ruhig, aber man hörte ihm die Verwirrung an.
»Ja, aber du musst dir keine Sorgen machen.« Molly wurde zunehmend klar, wie jämmerlich sie klingen musste.
»Hmm …«
»Hör zu, Francesco.« Sie ließ sich nicht anhören, dass sie drauf und dran war, sich bäuchlings auf den Boden zu werfen und in Tränen auszubrechen. »Wenn ich Pascal nicht hier rauskriege, werde ich ihr das Kleid höchstpersönlich anpassen. Würdest du ihr das bitte sagen? Und sie daran erinnern, dass ich meine Abschlussprüfung in Modedesign mit Auszeichnung bestanden habe und meine Schneiderkünste seit damals, als ich zehn war, einige Fortschritte gemacht haben.«
Francesco schien zu überlegen und sagte dann: »Einen Moment, bitte.« Molly hörte, wie er das Telefon zuhielt und ihrer Schwester alles berichtete. Deren Antwort auf Mollys Angebot musste er jedoch nicht wiederholen. Das »Nur über meine Leiche!« der schluchzenden Caitlin war laut genug, dass Molly es auch gehört hätte, wenn unmittelbar neben ihr ein Jumbojet gestartet wäre.
Um nicht noch mehr verhaltene Enttäuschung seitens Francescos über sich ergehen zu lassen, sagte sie einfach: »Ich melde mich, wenn wir unterwegs sind«, und legte auf.
»Es läuft wohl nicht gut, wie?«
Simon setzte sich auf den Sitz neben ihr, fasste sie behutsam beim Handgelenk und zog ihr eine Hand vom Gesicht. Er musste sich nah zu ihr beugen, um ihr in die Augen sehen zu können. Molly war auf lächerliche Weise dankbar für die Anwesenheit eines anderen menschlichen Wesens, und Simons freundliches Gesicht war voller Anteilnahme und ohne den Hauch eines Vorwurfs.
»Es ist Murmeltiertag«, stöhnte Molly. »Ich werde nie von hier wegkommen, Pascal wird in einer Zelle verrotten, meine Schwester hasst mich abgrundtief, und dieses verflixte Kleid ist vermutlich ruiniert, nachdem es unter den Kisten eingequetscht war. Was rege ich mich also au f ?«
»Was für ein Horrortrip«, meinte Simon und sah sie mitfühlend an.
»Sie sagen es.«
Molly blickte auf. »Ach, übrigens, Simon?«
»Ja?«
»Warum sind Sie immer noch hier?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich konnte keinen Wagen auftreiben. Außerdem habe ich mir Sorgen um Sie gemacht.«
»Oh!« Die Antwort war so unerwartet und voller Wärme, dass Molly spürte, wie ihr die Tränen kamen. »Danke, aber ich komme schon klar. Sie sollten gehen – Yvonne wird sich sonst Sorgen machen.«
»Ihr geht es momentan gut«, erwiderte er. »Was haben Sie jetzt vor?«
»Nun, ich habe Pascals Handy und warte auf den Rückruf seines Anwalts. Hoffentlich spricht er gut genug Englisch, denn ich weiß nicht, was ›Panikattacke über den Wolken, möglicherweise durch Drogen verursacht, zuzüglich tätlicher Angriff‹ auf Französisch heißt.«
»Ich auch nicht.« Simon schmunzelte. »Kann da nicht jemand vom Flugpersonal aushelfen?«
Molly schüttelte den Kopf. »Das bezweifle ich. Nach all dem Ärger, den wir verursacht haben, ist es wohl besser, sich möglichst unauffällig zu verhalten.« Dann kam Molly eine Idee. »Ich werde Delametri anrufen!«, rief sie. »Er wird alles in Ordnung bringen.«
Simon sah sie einen Moment lang verständnislos an. »Der Modeschöpfer?«, riet er.
Molly rief im Menü Pascals Kontakte auf und ging die Namen durch. Ein freudiger Schauer durchfuhr sie, als sie auf Delametris private
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