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Kleider machen Bräute

Kleider machen Bräute

Titel: Kleider machen Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Hepburn
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die Bahre war offenbar zum Stehen gekommen, weil sie sich tief dort hineingebohrt hatte.
    »Neeeiiin!«, stieß sie atemlos hervor. »Jemand muss etwas unternehmen!«
    »Ich leide unter Allergien!«, stotterte Pascal. »Ich kann auf keinen Fall da reingehen. Die könnten mich beißen. Und dieser Mantel ist aus Kaschmir …«
    Die Kühe wurden mutiger und rempelten einander an, um dichter an die Bahre heranzukommen. Molly konnte kaum hinsehen, als sie anfingen, sie von allen Seiten anzustupsen, und ihr eine einen Stoß mit den Hörnern versetzte. »Wir müssen da rein«, erklärte sie.
    »Mit Kühen kenne ich mich nicht aus«, gestand Simon. »Könnten Sie vielleicht laut pfeifen oder so was, damit sie zur Seite gehen?«
    »Sicher, wenn Sie scharf sind auf eine panisch fliehende Herde, oder was wild gewordene Kühe eben so tun«, erwiderte Molly.
    »Haben Sie eine bessere Idee?«, attackierte Simon sie. »Sie sind doch aus Yorkshire, da ist doch alles voller Kühe …«
    »Mein Koffer«, jammerte Pascal. »So unternehmt doch etwas!«
    Drei besonders kühne Kühe hatten sich zum Hebetrupp erklärt. Sie hatten sich neben der Bahre aufgereiht und waren offenbar entschlossen, sie umzukippen. Pascals Koffer, der größte von allen, war zur Seite gerutscht und am Boden bereits mit Matsch und Kuhmist beschmutzt.
    Auf allem thronte festgeschnürt Caitlins Kleid in seinem vormals weißen Sack und drohte ebenfalls gleich abzustürzen.
    Molly und Simon preschten im selben Moment los. Obwohl Molly auf dem Land aufgewachsen war, war sie einer Kuh noch nie so nahe gekommen, ohne dass ein Zaun dazwischen war. Sie wusste, dass Kühe austreten können. Und unberechenbar sind, vor allem, wenn sie in Panik waren. Andererseits – das war sie auch. Und sie musste das Kleid retten. Oder bei dem Versuch ums Leben kommen.
    »Ruhig, meine Damen«, redete Simon besänftigend auf die Tiere ein, während er sich mit ausgestreckten Armen durch den Matsch auf sie zu arbeitete. »Bewegt mal eure fetten Hintern da weg.«
    »Charmeur«, murmelte Molly. »Kommt schon Mä dels, das Spiel ist vorbei«, säuselte sie zuckersüß, »das ist ein Chevalier-Modellkleid, an dem ihr da herumspielt …«
    Dampf stieg von den Flanken der Tiere auf, während sie die Eindringlinge ignorierten und sich weiter mit ihrem neuen Spielzeug beschäftigten. Molly entdeckte eine Mistgabel an der Wand, schnappte sie sich und setzte ihren Vorstoß fort.
    Simon sah sie besorgt an. »Wollen Sie sie alle erstechen? Hat jemand Lust auf Steak am Spieß?«
    »Sehr witzig«, zischte Molly. »Jetzt gehen Sie schon weiter.«
    »Das Kleid ist ruiniert«, jammerte Pascal und zeigte dann auf seinen Koffer. »Et ma valise!« , krächzte er von der Tür her, woraufhin einige Kühe erschrocken den Kopf wandten. »Das Wildleder, verdreckt mit Kuhsabber! Und das Kleid? Kuhspeichel auf Haute Couture? Das wird sich in Paris niemals durchsetzen! Ein Desaster!«
    »Das bringt doch nichts, Pascal«, rief Molly ihm zu.
    Es gelang ihr, sich um die Tiere herumzuschleichen, bis sie hinter jenen drei Kühen stand, die versuchten, die Bahre umzukippen. Jetzt musste sie sich nur noch zwischen zwei schlängeln und sie zur Seite drängen. Dann könnte sich Simon durch die Lücke die Bahre schnappen und sie herausziehen. Ganz einfach …
    Simon schien ihren Plan durchschaut zu haben. Vorsichtig duckte er sich hinter zwei anderen Kühen durch, um so nah wie möglich an die Bahre zu gelangen.
    »Okay, ich versuche es jetzt.« Molly bewegte sich langsam vorwärts und redete dabei beruhigend auf die Tiere ein. »Entschuldigt bitte, aber ich muss mich jetzt mal dazwischenquetschen, wenn ihr nichts dagegen habt …« Noch ein Schritt und sie war mit den Flanken der Tiere auf einer Höhe. »Euer Englisch ist vermutlich nicht allzu gut, aber ihr sollt wissen, dass ich euch nichts tun will.«
    »Sie kippt um!«, rief Simon.
    Molly sah nach unten. Die drei lästigen Kühe hatten die Nasen unter der Bahre und arbeiteten angestrengt daran, sie auf die Seite zu kippen. Zentimeter für Zentime ter rutschte der Kleidersack auf den stinkenden Matsch zu.
    »Weg mit euch! Alle weg!«, rief Molly, schob sich vor bis zur Bahre und hob drohend die Mistgabel. »Weg da. Alle!«
    Mit vorwurfsvollem Schnaufen und wütendem Gebimmel der Glocken um ihren Hals drehten die Kühe sich um und trotteten Richtung Tür. Molly duckte sich, um ihren kräftigen Köpfen auszuweichen, während sich Simon auf die Bahre stürzte – den

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