Kleine Einblicke
schlecht.“
„Schoko oder Vanille?“, necke ich David, denn er hat eigentlich Eiswürfel gemeint. Sein verblüffter Blick spricht dann auch Bände. Ich grinse und er boxt mir dafür gegen den Arm. „Oder doch lieber Erdbeere?“
„Erdbeere natürlich.“
Sein Wunsch ist mir Befehl. Ich denke, in spätestens drei Tagen wird ihm meine Überfürsorge auf die Nerven gehen, aber da muss er jetzt erst mal durch. David hätte gestern sterben können und meine Nerven, auch wenn ich mich mittlerweile beruhigt habe, brauchen in den nächsten Tagen dieses Glucken, wie alle es immer nennen, damit ich weiß, dass es David gutgeht. Außerdem muss ich es nutzen, dass er im Moment noch zu kaputt ist, um mir wegen Delongis die Leviten zu lesen, wie Nick es bereits getan hat.
„Er hat gesagt, dass er dich tötet, sobald du ins Haus kommst.“
Gerade am Aufstehen, halte ich mitten in der Bewegung inne, als ich seine Worte höre, denn auch wenn David leise spricht und total verunsichert klingt, er will eindeutig etwas loswerden. Genau hier und jetzt. Deswegen hocke ich mich wieder zu ihm, seitlich vor die Couch, sodass er meinem Blick ausweichen kann, wenn er das braucht und will. Und David will, denn sein Blick wandert Richtung Kamin, als ich ihn fragend ansehe.
„Ich wusste, dass du irgendwie versuchen würdest zu mir ins Haus zu kommen.“ Er grinst kurz. „Und ich habe auch darauf gehofft, das gebe ich zu. Mir war klar, dass es ein Blutbad gibt, wenn die Cops stürmen, und ich habe gebetet, dass du schneller bist. Er hat dich gehasst. Schon immer. Aber wie stark, das habe ich erst begriffen, als er...“ David bricht ab und verzieht angeekelt das Gesicht. Ich möchte ihn umarmen, aber ich traue mich nicht. „Er hat mich wählen lassen. Zwischen deinem Leben und...“
David verstummt erneut und sieht mir im nächsten Moment direkt in die Augen. Und plötzlich weiß ich es. Ich weiß genau, was David für mich getan hat. Für mein Leben. Für die Chance, mich zu retten und weiter zu leben. Was soll ich dazu bloß sagen? Was kann ich zu ihm sagen? Ich weiß es nicht. Mein Kopf ist völlig leer und alles, was mir an Worten einfällt, kommt mir vor wie sinnlose Phrasen. Es war keine Vergewaltigung im herkömmlichen Sinne und doch war es in meinen Augen die schlimmere Tat.
„Ich habe mich so geekelt“, flüstert David irgendwann und bricht in Tränen aus. „Dabei war es nur ein Blowjob, mehr nicht. Er hätte mich vergewaltigen können. Vielleicht hätte er es tun sollen.“
Nein, hätte er nicht, aber dass dieser Gedanke kommt, verwundert mich nicht. Als David nach mir greift, bin ich sofort bei ihm. Ich kann nicht anders, als mich zu ihm auf die Couch zu setzen und ihn in meine Arme zu ziehen, damit er weinen kann. Delongis hat ihn auf eine Art missbraucht, die in meinen Augen schlimmer nicht sein kann. Sich Davids Gehorsam durch Erpressung erzwingen. Wäre dieser Bastard nicht schon tot, ich würde...
Nick taucht in der Tür auf und macht auf mein Kopfschütteln hin sofort wieder kehrt. Ich wünschte Minero wäre noch bei uns. Dieser Hund hat es immer geschafft, David zu trösten und abzulenken, aber er ist letzten Winter gestorben und wir haben es bisher nicht über uns gebracht, uns nach einem neuen Hund umzusehen. Gerade Isabell zuliebe möchten wir wieder einen haben, aber nicht jetzt. Es ist einfach noch zu früh dafür.
„Ich liebe dich, Trey. Das werde ich immer“, flüstere ich leise, als David irgendwann verstummt, und dann sitzen wir da und halten einander fest, denn sonst gibt es nichts, was ich tun kann.
Das Telefon fängt an zu klingeln.
„Wir lassen es klingeln“, murmle ich, als David ablehnend murrt, obwohl mir klar ist, dass es nur ein Aufschub wäre. Und David weiß das ebenso wie ich, denn er schüttelt den Kopf und lässt mich los, damit ich aufstehen und abnehmen kann. „Ja?“
„Hey, ich bin's. Entschuldige, ich weiß, wir sollen die nächsten Tage nicht anrufen, aber Emmy macht mich wahnsinnig...“ Er seufzt leise. „Na gut, ich mache mich auch wahnsinnig, ich geb's zu. Geht es euch gut? Ist er wach? Seid ihr in Ordnung?“
Ich muss lächeln. „Hey Lukas. Ja, uns geht es soweit gut.“ David sieht zu mir, lächelt mich an und verlangt mit dem ausgestreckten Arm nach dem Telefon. Was Minero nicht mehr tun kann, übernimmt in der Sekunde Toms Sohn. „Bleib dran. Ich gebe ihn dir.“
„Warte noch kurz. Ich muss dir etwas erzählen, nur für den Fall, dass David in Ohnmacht
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