Kleine Einblicke
etwas ändern muss.
Ich verschränke entschlossen beide Arme vor der Brust. „Wenn du gehen willst, dann geh', aber Rio und Gabby bleiben bei mir.“
„Wie bitte?“, fragt Dale und ist hörbar erstaunt. „Du willst die Kinder behalten? Du? Wer von uns hat sich in den letzten Monaten um sie gekümmert, Kilian? Du oder ich?“
Dales Vorwurf tut weh, aber er ist berechtigt. Trotzdem. Selbst wenn es wirklich zu spät ist und ich Dale wegen meinem Verhalten verliere, die Kinder bleiben bei mir. „Das ist mir egal, ich lasse sie mir nicht von dir wegnehmen!“
„Ach so, aber ich darf gehen, oder wie?“, schießt er zurück und in dem Moment läuft es aus dem Ruder. Ich spüre es, bin aber schon zu wütend, um mich zurückzuhalten.
„Du hast doch gefragt, ob ich die Trennung will.“
„Und du hast 'Nein' gesagt“, kontert Dale verärgert, was mir ein Schnauben entlockt.
„Du aber nicht.“
„Ich will keine Trennung, Kilian!“
„Und was willst du dann?“
„Jedenfalls nicht das, was du mir im Moment bietest“, zischt er, was mich nur noch wütender werden lässt. Wenn Dale so weitermacht, werde ich ausfallend.
„Und das heißt? Du musst schon deutlicher werden, damit ich mich ab sofort nur noch um deine Wünsche kümmern kann.“
„Sarkasmus steht dir nicht“, kontert Dale trocken und wäre nicht der Couchtisch zwischen uns, hätte er jetzt bereits meine Faust im Gesicht.
„Leck' mich doch!“
„Würde ich ja, aber scheinbar hast du derzeit jede Menge anderer Interessen, die dir wichtiger sind, als mit deinem Mann ins Bett zu gehen.“ Dale sieht mich musternd an. „Gibt es einen Anderen?“
Also das schlägt ja wohl dem Fass den Boden aus. „Du mieses Arschloch!“
„Beantworte die Frage!“
„Nein!“, schreie ich ihn an, denn das ist die Wahrheit. Ich habe ihn nie betrogen. Niemals. Ich habe nicht mal daran gedacht. Warum sollte ich auch? „Ich würde dich nie betrügen. Was denkst du denn, warum ich dich geheiratet habe? Aus Spaß?“
„Vielleicht.“
„Vielle... Was?“, frage ich tonlos und sehe Dale völlig entsetzt an. Denkt er das etwa wirklich?
„Vor weniger als einem halben Jahr habe ich noch daran geglaubt, dass du mich geheiratet hast, weil du mich liebst.“
„Das habe ich auch“, sage ich mit einer Stimme, die ich kaum als meine eigene erkenne, so kraftlos klingt sie. Das kann Dale nicht ernst meinen.
„Ach ja? Und warum zeigst du mir das nicht mehr? Warum sagst du es mir nicht mehr? Warum darf ich dich nicht mehr anfassen? Dir nicht mehr nahe sein? Warum stößt du mich dann seit Monaten immer wieder zurück? Was soll ich denn denken? Soll ich es ignorieren? Darüber hinwegsehen? Mir weiter von dir wehtun lassen? Zulassen, dass du Gabby und Rio weiter wehtust?“ Sein Blick wird hart und zu allem entschlossen. „Wenn du ein neues Leben leben willst, okay, dann tu' das, aber die Kinder bleiben bei mir. Egal, was ich dafür tun muss, du bekommst sie nicht, Kilian.“
Das ist zuviel. Ich sehe rot.
Ich weiß nicht, wie unsere Obstschale vom Couchtisch in meine Hand kommt, aber noch ich bevor ich darüber nachdenken kann, werfe ich sie nach Dale. Sein Blick ist nicht mit Gold aufzuwiegen, so fassungslos sieht er aus, bevor er gerade rechtzeitig ausweicht, aber da habe ich schon nach der Fernbedienung gegriffen. Dale kann erneut ausweichen und auch das Buch, das ich mir als nächstes vom Tisch greife, landet mit einem Knall hinter ihm an der Wand. Genauso wie das Obst, das nach und nach vom Boden den Weg in meine Finger findet, bevor ich es nach ihm werfe. Der Pfirsich macht ein platschendes Geräusch, was mich kurz ablenkt. Genug für Dale, um über den Tisch zu springen und mich zu Boden zu reißen.
„Hör' sofort damit auf!“, murrt er und seine Augen sprechen eine Sprache, die deutlicher nicht sein kann. Er droht mir. Mir. Seinem eigenen Ehemann.
Jetzt reicht's.
Niemand lebt mit einem ehemaligen DEA-Agenten zusammen, um nicht wenigstens die Grundbegriffe von Selbstverteidigung zu beherrschen und die setze ich jetzt auch gnadenlos ein. Damit hat er eindeutig nicht gerechnet und es tut mir nicht im Geringsten leid, als mein Knie im nächsten Moment zwischen Dales Beinen landet. Es tut mir auch nicht leid, als meine Faust kurz darauf seine Nase trifft. Im Gegenteil. Es tut mir verdammt gut, dabei zuzusehen, wie Dale sich von mir runter und zur Seite rollt, sich krümmt und schmerzerfüllt das Gesicht verzieht, während Blut über sein Gesicht läuft.
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