Kleine Einblicke
wieso? Meine Güte, es war doch bloß ein Job. Was hatte Daniel nur von ihm erwartet oder befürchtet? Wovor hatte er Angst? Etwa, dass er ihn verlassen könnte, weil er zufällig den gleichen Beruf hatte wie sein Ex-Freund? Connor schnaubte. Daniel sollte ihn eigentlich besser kennen. Er sollte wissen, dass Connor sich viel mehr darüber freute, dass er einen Job gefunden hatte, der ihm auch Spaß machte, denn Daniel wollte wieder ein normales, geregeltes Leben führen. Ein neuer Job war da nur ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Wie hätte Connor sich da nicht für ihn freuen können?
„Verdammt, Dan!“, schimpfte er vor sich hin und ignorierte die verdutzten Blicke der Passanten, an denen er gerade vorbeilief.
Connor wusste nicht mal genau wo er gerade war, aber das war ihm egal. Es wurde langsam dunkel, der Himmel war voller dicker Wolken und passend zu seiner getrübten Laune würde es wohl bald anfangen zu regnen. Ihm war bewusst, dass Daniel sich Sorgen machen würde, wenn er zu lange wegblieb oder in den Regen geriet, aber er wollte und musste sich jetzt erst mal beruhigen, bevor er nach Hause ging. Wie er das anstellen sollte, war Connor aber auch nicht ganz klar. Er war nicht wütend auf Daniel. Aber er war enttäuscht. Enttäuscht und verletzt über dessen Schweigen.
Dabei war es ihm vollkommen egal, dass Daniel bald in einer Bank arbeiten würde. Es war ihm auch egal, dass der denselben Beruf wie sein Ex hatte. Es war ihm sogar scheißegal, dass Daniel andauernd vergaß, die Haustür hinter sich richtig zuzumachen – er war in der Beziehung eben ein Schussel, was machte das schon? Es störte ihn auch nicht, dass Daniel sich andauernd seine T-Shirts klaute, um in ihnen zu schlafen – im Gegenteil, Connor liebte es, dass er das tat, obwohl Daniel seine Sachen viel zu groß waren. Und es war ihm ebenfalls egal, dass Daniel ab und zu noch vor ihm zusammenzuckte, wenn er ihn nicht kommen hörte – das würde sich mit der Zeit geben und wenn sie eines hatten, dann Zeit.
Aber Connor war nicht scheißegal, dass Daniel ihm seinen neuen Job wochenlang vorenthalten hatte. Nicht nur für einige Tage, die er mit Sicherheit gebraucht hätte, um die richtigen Worte zu finden, bevor er ihm davon erzählte. Das hätte Connor verstanden. Daniel musste vor einer Entscheidung eben immer erst alle Seiten genauer beleuchten und darüber nachdenken. So hatte Connor ihn kennengelernt und so liebte er ihn auch. Aber dass Daniel bereits seit Wochen einen Job in der Tasche und ihm das vermutlich weiter verschwiegen hätte, wenn er nicht den Brief von der Bank gefunden hätte... nein, das war ihm nicht egal. Ganz und gar nicht.
Sein Handy fing erneut an zu klingeln. Connor verdrehte genervt die Augen, bevor er den Anrufer wegdrückte, ohne einen Blick aufs Display zu werfen, nur hielt den das nicht davon ab, ihn weiter zu nerven. In den nächsten paar Minuten klingelte sein Handy wieder und wieder und wieder. Das konnte auf gar keinen Fall Daniel sein, so etwas würde der niemals machen. Connor knurrte und ließ sich schließlich auf einer Bank am Wegrand nieder, bevor er sein Handy aus der Hosentasche zog, um nachzusehen, wer da so penetrant war.
Tristan.
„Hast du nichts Besseres zu tun, als mir mit deinen Daueranrufen auf den Keks zu gehen?“, fragte er, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten, was seinen Bruder leise fluchen ließ, bevor er verbal zurückschoss.
„Nein, ich habe nichts Besseres zu tun, als meinem Blödmann von Bruder hinterher zu telefonieren, weil mein zukünftiger Schwager mich mit Schluckauf, heulend und einem Nervenzusammenbruch nahe anruft, weil du ihn verlassen hast. Was, zum Teufel, ist bei euch los?“
Wie bitte? Verlassen. Aber er hatte doch gar nicht... Connor sah auf sein Handy, ob er sich das Gespräch auch nicht nur einbildete, denn der Gedanke war ihm gerade gekommen, und hielt es sich dann kopfschüttelnd wieder ans Ohr. „Dan hat bei dir angerufen?“
Tristan schnaubte. „Ja, hat er, weil du ihn ja immer weggedrückt hast... hättest du jetzt vielleicht mal die Güte, mir zu erklären, was los ist?“
„Ich habe ihn nicht verlassen und du...“ Weiter kam er nicht.
„Wieso erzählt er mir das dann?“, fuhr Tristan ihm ins Wort und Connor verkniff sich einen saftigen Fluch.
„Bin ich Hellseher? Ich habe nicht...“
„Was hast du angestellt? Du musst etwas angestellt haben, sonst hätte er nicht so geweint.“
„Würdest du mal damit aufhören, dich wie
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