Kleine Einblicke
es vermutlich irgendwann auch geschafft, wenn Adrian und ihre Freunde nicht um ihn gekämpft hätten.
David bekam eine Gänsehaut, weil er sich auf einmal beobachtet fühlte. Er war nicht mehr allein, begriff er schließlich und sah nervös zur Tür, um erleichtert auszuatmen, als er Adrian am Rahmen lehnen sah. Aber schon im nächsten Moment wusste David, dass mit seinem Anwalt etwas nicht stimmte. Dessen Mimik und seine Haltung – Adrian war eindeutig wütend. David schluckte und brachte kein Wort heraus, als Adrian sich vom Türrahmen abstieß und langsam auf ihn zukam. Er musste sich zusammenreißen, um stehenzubleiben, was Adrian nicht entging. Seinem Anwalt entging einfach nichts.
„Du hast eben nicht dagegen angekämpft, vor mir zurückzuweichen, oder?“ Adrian warf ihm einen Blick zu zwischen völligem Unglauben und Entsetzen, als er schwieg. „Ich glaub' das einfach nicht. Du hast Angst vor mir?“
Nicht vor dir, wollte David einwenden, stattdessen senkte er den Blick und starrte auf seine Schuhspitzen. Seine alten Turnschuhe waren voller Farbe und hatten Löcher, er brauchte dringend Ersatz.
„Rede mit mir über Delongis.“
Nein! Auf keinen Fall. Ihm reichten die Alpträume in den letzten Wochen. Er brauchte nicht noch mehr davon und Adrian hatte im Büro genug zu tun. David hatte nicht vor, Adrian das Ganze aufzuhalsen, nur weil er nicht damit zurechtkam, ein Waschlappen zu sein. David schüttelte schweigend den Kopf und als Adrian daraufhin seine Hand nach ihm ausstreckte, wich er abrupt zurück, was sein Anwalt mit einem tiefen Einatmen kommentierte, bevor er die Hand herunternahm und leise murmelte,
„Wir hätten nie zum Gefängnis fahren sollen.“
Davids Kopf ruckte hoch. Wie bitte? Das hatten sie doch geklärt. „Es war meine Entscheidung. Du hättest ja hierbleiben können.“
Adrian sah ihn verblüfft an, aber schon im nächsten Augenblick überwog sichtbar die Wut. „Wofür hältst du mich eigentlich?“
David wich Adrians Blick erneut aus, als ihm klar wurde, wie das für seinen Anwalt geklungen haben musste. Dabei hatte er damit nur ausdrücken wollen, dass... Ja, was eigentlich? Dass er es ohne die Hilfe von Adrian geschafft hätte? Er kam ja nicht mal mit ihr klar und das wusste sein Anwalt. Seit drei Wochen kam sich David vor, als stünde er wieder ganz am Anfang. Kurz nach dem Unfall und vor seiner Therapie, um das Erlebte zur verarbeiten. Dabei hatte er es nicht einmal bis ins Gefängnis geschafft. Er hatte Delongis weder gehört noch gesehen, trotzdem träumte er seither Nacht für Nacht von diesem Irren, hörte sein Lachen und sah entweder Adrian oder sich selbst beim Sterben auf einem brennenden Motorrad zu. Und von Tag zu Tag stieg Davids Angst, dass er mit dem missglückten Besuch ungewollt einen Rückfall provoziert hatte. Delongis zu sehen, war wirklich das Dümmste, was er in den letzten Monaten probiert hatte und jetzt bekam er die Quittung dafür.
„Es tut mir leid.“
„Das sollte es auch, David!“, zischte Adrian verärgert. „Nein, mir hat nicht gefallen, dass du unbedingt zu ihm wolltest und das weißt du auch. Aber ich habe dir gesagt, dass ich für dich da sein werde. Immer. Ganz egal, wie du entscheidest. Oder hast du unsere Unterhaltung im Schneesturm schon vergessen? Glaubst du, ich habe das nur so dahingesagt?
„Nein“, gab David verlegen zu.
„Warum versuchst du dann seit drei Wochen wieder alles mit dir allein auszumachen? Warum kommst du nicht zu mir und redest mit mir darüber? Wir sind verheiratet, Trey. Partner. Wir kümmern uns umeinander, in guten Zeiten und auch in schlechten. Und ich würde mich kümmern, wenn du mich lassen würdest. Stattdessen hockst du Nacht um Nacht hier oben und malst Bilder, die mir Angst machen, so düster sind sie, weil du Alpträume hast und nicht mehr schlafen kannst, seit wir beim Gefängnis waren.“
David hatte das Gefühl unter Adrians anklagenden Worten immer kleiner zu werden. „Ich...“
Adrian ließ ihn nicht aussprechen. „Aber der Gipfel ist, dass du wirklich geglaubt hast, ich würde es nicht bemerken.“
David zuckte ertappt zusammen. Oh Gott. „Es ist...“
„Nicht so, wie ich denke?“, fuhr Adrian ihm ins Wort. „Willst du mich jetzt etwa auch noch anlügen?“ David schwieg beschämt und das brachte das Fass um Überlaufen. „Hast du tatsächlich gedacht, dass ich den Alkohol nicht riechen und die Tabletten nicht sehen würde, die du zwischen den Handtüchern im Badezimmer
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